Die für Juli 2025 angekündigte Rentenerhöhung um 3,74 Prozent ist zunächst eine positive Nachricht für viele Seniorinnen und Senioren, da sie mehr Geld zur Verfügung haben werden. Allerdings birgt dieser Anstieg einen Nachteil: Für voraussichtlich 73.000 Rentnerinnen und Rentner bedeutet diese Erhöhung, dass sie künftig erstmals Einkommenssteuer auf ihre Altersbezüge zahlen müssen. Das berichtet der Rentenexperte und Rechtsanwalt Peter Knöppel und beruft sich dabei auf das Bundesamt für Statistik.
Bereits heute gilt, dass immer mehr Menschen im Ruhestand steuerpflichtig sind. Das Bundesamt für Statistik meldete für das Jahr 2020 rund 8,7 Millionen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler unter den insgesamt 21,8 Millionen gesetzlichen Rentenbeziehenden. Dieser Trend setzt sich fort, weil der steuerfreie Teil der Rente schrittweise sinkt und gleichzeitig die Renten in regelmäßigen Abständen steigen.
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Nachgelagerte Besteuerung
Die nachgelagerte Besteuerung wurde 2005 eingeführt und entfaltet nun ihre volle Wirkung. Wer 2005 oder früher in Rente gegangen ist, konnte noch von einem höheren steuerfreien Anteil profitieren. Dieser Anteil lag damals bei 50 Prozent. Seither sinkt der Steuerfreibetrag stetig weiter ab und soll im Jahr 2058 ganz entfallen. Wer im Jahr 2025 erstmals Rente bezieht, muss bereits 83,5 Prozent davon versteuern.
Hinzu kommt, dass steigende Renten mit jedem Jahr den Gesamtbetrag der Einkünfte erhöhen, sodass mehr Rentnerhaushalte die jeweiligen Freibeträge überschreiten. Zudem steigt der gesetzliche Grundfreibetrag 2025 auf 12.096 Euro, was an sich eine Entlastung schaffen soll. Gleichzeitig wird jedoch die höhere Rente selbst häufig zum Auslöser, dass dieser Freibetrag überschritten wird.
Weshalb führt eine Erhöhung der Rente zur Steuerpflicht für weitere 73.000 Rentner?
Die Rentenanpassung um 3,74 Prozent ab Juli 2025 vergrößert das zu versteuernde Einkommen. Wer bisher knapp unter der Schwelle des Grundfreibetrags lag, kann dadurch in den Bereich der Steuerpflicht hineinrutschen. Besonders betroffen sind Personen, die neben der gesetzlichen Rente noch eine Betriebsrente, private Renten oder regelmäßige Nebeneinkünfte erzielen.
Bereits im Jahr 2020 waren knapp 40 Prozent aller Rentnerinnen und Rentner steuerpflichtig. Durch jede Rentenerhöhung kommen mehr Menschen in das Fadenkreuz der Finanzämter, weil selbst ein moderater Zuwachs bei der Rente das Gesamteinkommen angehoben kann.
Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums und Prognosen aus dem Rentenversicherungsbericht der Bundesregierung 2024 wurde schon damals erwartet, dass mit einer Erhöhung von 3,51 Prozent rund 73.000 Neueinsteiger in die Steuerpflicht geraten könnten.
Da die endgültige Erhöhung auf 3,74 Prozent hochkorrigiert wurde, ist nicht ausgeschlossen, dass es noch mehr Betroffene werden könnten.
Was hat es mit der nachgelagerten Besteuerung auf sich?
Das Prinzip der nachgelagerten Besteuerung sorgt dafür, dass Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung immer stärker von der Steuer freigestellt werden, während die ausgezahlte Rente im Alter stetig höheren Steueranteilen unterliegt. Wer also bis 2004 Beiträge geleistet hat, konnte sie nur eingeschränkt steuerlich geltend machen.
Seit 2005 steigt jedoch die Abzugsfähigkeit der Beiträge, während gleichzeitig der Rentenfreibetrag – also der Teil, der nicht besteuert wird – Jahr für Jahr für neu hinzukommende Rentner sinkt.
Im Ergebnis führt dies langfristig dazu, dass fast alle Ruheständler irgendwann einen Teil ihrer Bezüge an das Finanzamt abführen müssen. Für viele ist dies eine unerwartete Belastung, vor allem wenn zur Rente vielleicht noch ein kleiner Nebenjob oder Kapitaleinkünfte hinzukommen.
Warum ist es gerade für ältere und langjährige Rentenbezieher besonders relevant?
Längere Rentenbezugszeiten bedeuten in der Regel mehrere Rentenanpassungen. Wer bereits zehn oder mehr Jahre Rente bezieht, hat in dieser Zeit eine Reihe von Erhöhungen erhalten, die das Gesamtniveau der Bezüge gesteigert haben.
Auch wenn zu Beginn des Ruhestandes möglicherweise kein Grund zur Sorge bestand, die Steuerfreigrenze zu überschreiten, kann sich das über die Jahre geändert haben. Gerade ältere Rentenbeziehende mit vielen Erhöhungen und Personen, die eine Doppel- oder Kombirente beziehen – etwa aus gesetzlicher, betrieblicher oder privater Versicherung –, nähern sich oft der steuerpflichtigen Einkommensgrenze an. Die angekündigte Rentenerhöhung 2025 könnte dann genau das Zünglein an der Waage sein, das endgültig zur Abgabepflicht einer Steuererklärung führt.
Was sollten Rentnerinnen und Rentner jetzt konkret beachten, um Ärger mit dem Finanzamt zu vermeiden?
Viele Seniorinnen und Senioren wissen nicht, dass die Finanzämter ihre Renteneinnahmen längst im Blick haben. Die Zahlungen der gesetzlichen Rentenversicherung werden über eine elektronische Rentenbezugsmitteilung gemeldet.
Wer bislang noch keine Steuererklärung abgegeben hat, obwohl möglicherweise eine Pflicht bestanden hätte, läuft Gefahr, rückwirkend zur Kasse gebeten zu werden. Das Finanzamt kann bis zu vier Jahre zurückfordern und zusätzlich Zinsen und Verspätungszuschläge erheben. Um dies zu vermeiden, ist es ratsam, bereits jetzt eine Prognose zu erstellen oder erstellen zu lassen.
So kann jeder frühzeitig feststellen, ob und ab wann eine Steuererklärung notwendig wird. Viele Lohnsteuerhilfevereine und Steuerberatende bieten solche Vorab-Prüfungen an. Wer sich mit Computerprogrammen gut auskennt, kann zudem eine eigene Einschätzung vornehmen, indem er die voraussichtliche Rentenhöhe mit dem erwarteten Rentenfreibetrag, dem Grundfreibetrag und eventuell weiteren Einkünften abgleicht.
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Wie kann man sich bestmöglich auf die Steuererklärung 2025 vorbereiten?
Ein sinnvoller Schritt ist es, frühzeitig die Rentenbezugsmitteilungen der vergangenen Jahre von der Rentenversicherung einzuholen. Diese Dokumente zeigen detailliert, wie hoch die Rente im jeweiligen Kalenderjahr war.
Auf dieser Basis kann man gemeinsam mit einem Steuerprofi oder mit Hilfe von Online-Rechentools eine erste Prognose für das Jahr 2025 erstellen. Dabei ist es wichtig, die Erhöhung um 3,74 Prozent einzuplanen und auch den angepassten Grundfreibetrag von 12.096 Euro zu berücksichtigen.
Wer über zusätzliche Einkünfte verfügt, sei es aus einer Nebentätigkeit, aus Mieteinnahmen oder aus Kapitalerträgen, sollte diese unbedingt in die Kalkulation einbeziehen. Auf diese Weise lässt sich frühzeitig abschätzen, mit welcher Steuerschuld zu rechnen ist oder ob sich eventuelle Freibeträge nutzen lassen.
Wann wird eine Steuererklärung tatsächlich verpflichtend?
Eine Steuererklärung wird verpflichtend, wenn das gesamte Jahreseinkommen den Grundfreibetrag übersteigt. Dabei zählt nicht nur die gesetzliche Rente, sondern jede Art von Einkommen, wie zum Beispiel Arbeitsentgelt aus einem Nebenjob oder Einkünfte aus Kapitalvermögen. Viele sind überrascht, wenn das Finanzamt sie erstmals anschreibt, weil die Rentenversicherung ihre Daten weitergemeldet hat.
In diesen Fällen bleibt Betroffenen keine Wahl: Sie müssen rückwirkend erklären, wie hoch ihre Einkünfte waren. Wer in die Lage gerät, ab 2025 zum ersten Mal steuerpflichtig zu sein, sollte deshalb keinesfalls abwarten, bis ein Brief vom Finanzamt kommt. Ein frühzeitiges Handeln ist ratsamer, um Nachzahlungen für mehrere Vorjahre zu vermeiden und gegebenenfalls von Werbungskosten oder anderen abzugsfähigen Posten zu profitieren.
Wie lautet das Fazit für alle?
Der Steuerzugriff auf Rentenbezüge nimmt seit Jahren zu und wird sich dank der steigenden Renten weiter verstärken. Die angekündigte Erhöhung um 3,74 Prozent macht tausende Rentnerinnen und Rentner zusätzlich steuerpflichtig und kann auch langjährigen Beziehenden zum Verhängnis werden, die bisher unter der Steuergrenze lagen.
Wichtig ist vor allem, die eigene finanzielle Situation zu prüfen und sich nicht auf Annahmen zu verlassen. Ein offener Dialog mit einer Steuerberatung oder einem Lohnsteuerhilfeverein, das Anfordern der Rentenbezugsmitteilungen für die zurückliegenden Jahre und eine rechtzeitige Überprüfung der voraussichtlichen Steuerlast für 2025 sind die wichtigsten Schritte, um sich optimal auf die neue Lage einzustellen. Wer seine Pflichten kennt und befolgt, vermeidet unnötige Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt und kann sich auch im Ruhestand eine verlässliche finanzielle Planung sichern.