Rente: 8 wichtige Fakten die Du über die neue Aktivrente wissen solltest

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Die Bundesregierung will das Weiterarbeiten im Alter attraktiver machen – mit einem neuen Instrument, der sogenannten Aktivrente. Hinter dem Begriff verbirgt sich keine zusätzliche Rentenleistung, sondern ein steuerlicher Freibetrag: Wer die gesetzliche Regelaltersgrenze erreicht hat und weiter arbeitet, soll bis zu 2.000 Euro im Monat aus seinem Arbeitslohn steuerfrei behalten können. Geplanter Starttermin ist der 1. Januar 2026, das entsprechende Gesetz wird derzeit im Bundestag beraten.

Der folgende Beitrag ordnet die wichtigsten Punkte ein: Was genau die Aktivrente ist, wer profitiert, wer außen vor bleibt, wie die monatliche Grenze funktioniert, welche Sozialabgaben trotzdem anfallen, wie groß der Steuervorteil in der Praxis sein kann und wie der politische Zeitplan aussieht.

1. Was die Aktivrente eigentlich ist – ein neuer Steuerfreibetrag

Der Name „Aktivrente“ ist etwas irreführend. Juristisch handelt es sich nicht um eine neue Rentenart, sondern um eine Erweiterung des Einkommensteuergesetzes: Für Erwerbseinkommen aus nichtselbständiger Arbeit nach Erreichen der Regelaltersgrenze soll ein besonderer Freibetrag eingeführt werden.

Nach dem Gesetzentwurf werden Einkünfte aus Arbeit bis zu 2.000 Euro im Monat beziehungsweise 24.000 Euro im Jahr steuerfrei gestellt, wenn sie aus einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung stammen und der Arbeitgeber darauf Rentenversicherungsbeiträge abführt.

Wichtig ist: Die Aktivrente bezieht sich ausschließlich auf Lohn oder Gehalt aus abhängiger Beschäftigung. Sie ändert nichts an der Besteuerung der eigentlichen Altersrente und ersetzt auch keine anderen Freibeträge wie den allgemeinen Grundfreibetrag.

Die Intention dahinter ist politisch klar formuliert: Ältere Beschäftigte sollen einen finanziellen Anreiz erhalten, freiwillig länger im Erwerbsleben zu bleiben. Gleichzeitig soll dem Fachkräftemangel entgegengewirkt und das Erfahrungswissen älterer Arbeitnehmer in den Betrieben gehalten werden.

2. Wer die Aktivrente nutzen kann – Voraussetzungen im Überblick

Der steuerliche Vorteil der Aktivrente ist an zwei Bedingungen geknüpft.
Erstens muss die gesetzliche Regelaltersgrenze erreicht sein. Diese Grenze steigt seit Jahren schrittweise an und hängt vom Geburtsjahr ab. Wer im Jahr 1959 geboren wurde, erreicht sie mit 66 Jahren und 2 Monaten. Für alle ab 1964 Geborenen gilt ein reguläres Rentenalter von 67 Jahren.

Zweitens muss eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bestehen, bei der das Arbeitsentgelt oberhalb der Minijob-Grenze liegt. Ab 2026 steigt diese Grenze voraussichtlich auf 603 Euro im Monat, weil der Mindestlohn auf 13,90 Euro angehoben wird.

Ein wichtiger Punkt, der häufig übersehen wird: Die Aktivrente setzt keinen laufenden Rentenbezug voraus. Auch wer die Regelaltersgrenze erreicht hat, seine Altersrente aber noch nicht beantragt oder sie bewusst aufschiebt, kann von der Steuerbefreiung profitieren, sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind. Das sieht der Regierungsentwurf ausdrücklich so vor.

Damit eröffnet die Regelung drei typische Konstellationen:

  1. Rentnerinnen und Rentner, die bereits eine Altersvollrente beziehen und weiterarbeiten.
  2. Rentenversicherte, die zwar das reguläre Rentenalter erreicht haben, den Rentenbeginn aber hinausschieben und weiter berufstätig bleiben.
  3. Menschen, die zwar formal rentenberechtigt sind, aber (noch) keinen Rentenanspruch haben, etwa wegen fehlender Mindestversicherungszeiten, und trotzdem angestellt arbeiten.

3. Wer nicht von der Aktivrente profitiert – Ausschlüsse und mögliche Auswege

Die Aktivrente richtet sich gezielt an einen abgegrenzten Personenkreis. Der Entwurf schließt mehrere Gruppen ausdrücklich aus.

Nicht erfasst sind zunächst alle, die die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht haben – selbst dann, wenn sie bereits eine vorgezogene Altersrente beziehen. Wer etwa mit 63 Jahren eine vorgezogene Altersrente für langjährig Versicherte erhält und nebenher weiterarbeitet, muss seinen Arbeitslohn weiterhin normal versteuern. Erst ab Erreichen der Regelaltersgrenze greift die Steuerbegünstigung.

Ausgenommen sind außerdem:
1. Minijobs: Beschäftigungen bis zur Geringfügigkeitsgrenze bleiben außen vor. Für diese Tätigkeiten existieren bereits besondere Steuer- und Pauschalregelungen; häufig fällt ohnehin keine klassische Einkommensteuer beim Arbeitnehmer an, weil der Arbeitgeber eine Pauschalsteuer abführt.

2. Selbstständige, Freiberufler sowie Land- und Forstwirte: Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit werden von der Aktivrente ausdrücklich nicht erfasst.

3. Beamtinnen und Beamte: Wer ausschließlich Dienstbezüge oder Versorgungsbezüge erhält, kann die Aktivrente nicht auf diese Einkünfte anwenden.

Für viele Betroffene, insbesondere Selbstständige und Freiberufler, ist dieser Ausschluss politisch umstritten. Verbände sehen darin eine Benachteiligung, da gerade in diesen Gruppen viele Menschen auch im hohen Alter noch arbeiten.

Es gibt allerdings Gestaltungsmöglichkeiten: Ein Selbstständiger könnte seine selbstständige Tätigkeit reduzieren oder aufgeben und in ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis wechseln. Auch eine Kombination aus Teil-Selbstständigkeit und zusätzlicher sozialversicherungspflichtiger Anstellung ist denkbar – die Aktivrente würde dann nur für den lohnsteuerpflichtigen Teil greifen.

4. Monats- oder Jahresgrenze? Wie die 2.000-Euro-Regel funktioniert

Offiziell ist von einem Jahresbetrag von 24.000 Euro die Rede, der steuerfrei bleibt. Daraus ließe sich theoretisch schließen, man könne den gesamten Freibetrag in wenigen Monaten ausschöpfen und den Rest des Jahres nicht arbeiten. Genau das verhindert jedoch eine zusätzliche Regel im Gesetzentwurf.

Der Jahresbetrag wird nämlich zeitanteilig auf die Monate verteilt, in denen die Voraussetzungen vorliegen. Für jeden Kalendermonat, in dem keine begünstigte Beschäftigung besteht, reduziert sich der Freibetrag um ein Zwölftel.

Der Entwurf stellt klar: Der tatsächliche steuerfreie Betrag beträgt höchstens 2.000 Euro pro Monat.

Ein Beispiel zeigt dies: Arbeitet eine Rentnerin das ganze Jahr 2026 in einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung und erfüllt durchgängig alle Voraussetzungen, kann sie insgesamt 24.000 Euro ihres Jahreslohns steuerfrei beziehen. Beendet sie ihre Tätigkeit bereits nach sechs Monaten oder beginnt erst zur Jahresmitte, reduziert sich der Freibetrag auf 12.000 Euro für das jeweilige Jahr.

Auch im Lohnsteuerabzugsverfahren wird die Begünstigung ausdrücklich monatlich umgesetzt: Der Arbeitgeber kürzt den zu versteuernden Bruttolohn um maximal 2.000 Euro pro Monat, nur der darüber liegende Teil wird versteuert. So soll verhindert werden, dass Beschäftigte den Freibetrag in einem einzelnen Monat bündeln.

5. Steuerfrei bei der Aktivrente heißt nicht abgabenfrei: Sozialversicherung bei der Aktivrente

Ein häufiges Missverständnis besteht darin, die Aktivrente mit einer vollständigen Abgabenfreiheit zu verwechseln. Tatsächlich betrifft die neue Regelung ausschließlich die Einkommensteuer. Sozialversicherungsbeiträge werden ausdrücklich weiter erhoben.

Für gesetzlich krankenversicherte Beschäftigte fallen auf den vollen Arbeitslohn weiterhin Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung an. Die Bundesregierung stellt klar, dass die Steuerfreiheit keinen Einfluss auf die Einstufung als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt hat.

Bei der Rentenversicherung hängt die Situation vom individuellen Status ab:
Wer die Regelaltersgrenze erreicht hat und eine Altersvollrente bezieht, ist in der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich versicherungsfrei. Der Arbeitgeber zahlt zwar weiterhin seinen Beitragsanteil, der Arbeitnehmer jedoch nicht mehr. Zusätzliche Rentenansprüche entstehen dadurch in der Regel nicht.

Wer zwar die Regelaltersgrenze erreicht hat, aber noch keine Rente bezieht oder eine Teilrente erhält, bleibt rentenversicherungspflichtig. In diesem Fall gehen von der Aktivrente auch Arbeitnehmerbeiträge zur Rentenversicherung ab, was im Gegenzug die spätere Rente erhöhen kann.

Zusätzlich besteht für Beschäftigte im Rentenalter die Möglichkeit, freiwillig auf die Versicherungsfreiheit zu verzichten und weiter eigene Beiträge zur Rentenversicherung zu zahlen. Auch dies kann die spätere Rentenhöhe steigern.

Außerdem ist zu beachten: Für das Wohngeld- und Sozialrecht werden die steuerfrei gestellten Einkünfte gleichwohl als Einkommen berücksichtigt. Die Aktivrente kann damit durchaus Einfluss auf Ansprüche bei bestimmten Transferleistungen haben, auch wenn aus steuerlicher Sicht kein Einkommen entsteht.

6. Wie groß ist der Steuervorteil wirklich? Beispiele aus der Praxis

Der eigentliche finanzielle Effekt der Aktivrente hängt stark von der individuellen Steuersituation ab. Entscheidend ist nicht nur die Höhe des Zuverdienstes, sondern auch das übrige zu versteuernde Einkommen und der persönliche Steuersatz.

Bei sehr hohen Einkommen macht sich die Aktivrente in Eurobeträgen besonders deutlich bemerkbar. Wer mit seinem zu versteuernden Einkommen im Bereich des Spitzensteuersatzes liegt – aktuell 42 Prozent ab einer bestimmten Einkommensgrenze –, spart auf die bis zu 24.000 Euro aus der Aktivrente rechnerisch bis zu 10.080 Euro Einkommensteuer pro Jahr.

In mittleren Einkommensbereichen fällt der prozentuale Vorteil ebenfalls ins Gewicht, wenn auch auf niedrigerem Niveau. Ein vereinfachtes Schema verdeutlicht die Größenordnung: Nimmt man beispielhaft an, eine Rentnerin käme ohne Aktivrente auf ein zu versteuerndes Einkommen von 32.000 Euro im Jahr, läge sie deutlich über dem Grundfreibetrag von 12.096 Euro (Stand 2025) beziehungsweise 12.348 Euro (geplant für 2026).

Wenn von diesen 32.000 Euro aber 24.000 Euro unter die Aktivrente fallen und damit steuerfrei sind, verbleiben nur noch 8.000 Euro zu versteuerndes Einkommen.

Dieser Betrag liegt unterhalb des Grundfreibetrags – die Einkommensteuer würde in diesem Beispiel vollständig entfallen. Im Ergebnis stünde der betroffenen Person die zuvor gezahlte Steuer auf das Einkommen oberhalb des Grundfreibetrags nahezu vollständig zusätzlich zur Verfügung.

In der Größenordnung der genannten 4.880 Euro Steuerersparnis pro Jahr bewegt man sich vor allem dann, wenn zuvor bereits nennenswerte Einkommensteuer anfiel, aber noch kein Spitzensteuersatz erreicht war. Exakte Beträge lassen sich nur im Einzelfall berechnen, etwa mit Hilfe eines Einkommensteuerrechners oder durch eine steuerliche Beratung.

Wichtig ist daher: Die Aktivrente wirkt umso stärker, je höher der individuelle Grenzsteuersatz ist. Wer bislang kaum oder gar keine Einkommensteuer gezahlt hat, wird zwar ebenfalls entlastet, kann aber naturgemäß weniger sparen als jemand, dessen zusätzliches Einkommen bislang hoch besteuert wurde.

7. Zeitplan, Streit und Bewertung

Der Gesetzentwurf zum Aktivrentengesetz wurde Mitte Oktober 2025 vom Bundeskabinett beschlossen und anschließend in Bundestag und Bundesrat eingebracht.

Vorgesehen ist ein Inkrafttreten zum 1. Januar 2026. Der Entwurf enthält außerdem eine Evaluationsklausel: Nach zwei Jahren soll die Regierung prüfen, ob die Aktivrente tatsächlich zu einer höheren Erwerbsbeteiligung älterer Menschen geführt und die angestrebten Effekte am Arbeitsmarkt erreicht hat.

Insgesamt ist das Vorhaben umstritten. Befürworter aus Bundesregierung und Koalitionsfraktionen betonen, die Aktivrente sei ein wichtiger Baustein, um dem Fachkräftemangel zu begegnen und Arbeit im Alter attraktiver zu machen. Kritiker – darunter Oppositionsparteien, einige Länderfinanzminister und Verbände – verweisen darauf, dass die Steuerfreistellung vor allem jenen zugutekomme, die ohnehin relativ hohe Einkommen und Renten beziehen.

Menschen mit sehr niedrigen Renten und geringem Zuverdienst hätten dagegen wenig von einer zusätzlichen Steuerbefreiung, weil ihre Einkommen oft bereits unter dem Grundfreibetrag liegen.

Besonders scharf fällt die Kritik von Vertretern der Selbstständigen aus. Sie bemängeln, dass die Aktivrente ausschließlich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer begünstigt und Selbstständige trotz häufig langer Erwerbsbiografien und hoher Verantwortung unberücksichtigt bleiben.

8. Was Betroffene jetzt beachten sollten

Solange das Gesetz im parlamentarischen Verfahren ist, können sich Details noch ändern. Dennoch zeichnet sich bereits ab, in welche Richtung die Regelung gehen wird. Für Menschen, die das Rentenalter erreichen oder bereits erreicht haben und über eine Weiterarbeit nachdenken, bieten sich einige vorbereitende Schritte an:

Wer in den kommenden Jahren die Regelaltersgrenze erreicht, sollte zunächst klären, ab welchem genauen Datum dies gilt. Davon hängt ab, ab wann die Aktivrente überhaupt in Betracht kommt.

Beschäftigte, die heute schon über das reguläre Rentenalter hinaus arbeiten oder dies planen, können mit ihrem Arbeitgeber besprechen, ob und in welchem Umfang eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nach 2025 sinnvoll ist. Auch die Frage, ob eine vorgezogene Rente beantragt oder der Rentenbeginn verschoben wird, spielt in die Gestaltung hinein.

Für Menschen, die aktuell selbstständig tätig sind, stellt sich die Frage, ob eine zusätzliche abhängige Beschäftigung in Teilzeit infrage kommt – etwa, um zumindest für einen Teil des Einkommens von der Aktivrente zu profitieren.

In jedem Fall gilt: Die Aktivrente ist ein steuerliches Instrument, das in ein komplexes Geflecht aus Renten-, Steuer- und Sozialversicherungsrecht eingebettet ist. Eine individuelle Beratung durch Steuerberater, Lohnsteuerhilfe oder Rentenversicherung kann helfen, die Wirkung im konkreten Fall zu prüfen und Fallstricke – etwa bei Transferleistungen oder der Krankenversicherung – zu vermeiden.