Pflegegeld: Alle Fragen zur NEUEN Verhinderungspflege geklärt

Lesedauer 4 Minuten

Die Verhinderungspflege ist seit Juli 2025 grundlegend vereinfacht. Inhalt der Reform ist ein gemeinsames Jahresbudget für Verhinderungs- und Kurzzeitpflege in Höhe von bis zu 3.539 Euro pro Kalenderjahr. Dieser Gesamtbetrag ersetzt die früher getrennten Töpfe und kann flexibel zwischen beiden Leistungen aufgeteilt werden.

Bereits im ersten Halbjahr 2025 in Anspruch genommene Leistungen werden auf den Jahresbetrag angerechnet. Ab 2026 steht der volle Betrag dann für das gesamte Jahr zur Verfügung – unabhängig vom Nutzungszeitpunkt.

Gleichzeitig entfällt die bisherige Wartezeit: Die sogenannte Vorpflegezeit von sechs Monaten ist abgeschafft. Anspruch besteht damit unmittelbar ab Feststellung mindestens Pflegegrad 2, sofern häuslich gepflegt wird. Zudem ist die maximale Bezugsdauer auf acht Wochen pro Jahr angehoben und der Rechtsrahmen an die Kurzzeitpflege angeglichen.

Was die Verhinderungspflege leisten soll

Die Ersatzpflege kann von Privatpersonen wie Angehörigen, Freundinnen und Freunden oder Nachbarinnen und Nachbarn übernommen werden. Möglich ist auch die Durchführung durch ambulante Pflegedienste. Entscheidend ist die Eignung der Person für die anfallenden Aufgaben; eine formale Berufsausbildung ist bei privater Ersatzpflege nicht vorgeschrieben.

Für nahe Angehörige – also Verwandte ersten und zweiten Grades – und für Personen, die im selben Haushalt leben, gelten seit Juli 2025 neue Grenzen für die Aufwandsentschädigung: Erstattet werden kann in der Regel bis zum Zweifachen des monatlichen Pflegegeldes.

Diese Anhebung löst die bis Juni 2025 geltende 1,5-fach-Grenze ab. Darüber hinaus gehende, notwendige Mehrkosten (etwa Fahrten oder Verdienstausfall) können weiterhin separat erstattet werden, sofern sie mit der Ersatzpflege zusammenhängen und nachgewiesen sind.

Stundenweise oder tageweise: So wirkt sich das auf das Pflegegeld aus

Die Unterscheidung zwischen stundenweiser und tageweiser Verhinderungspflege bleibt für das Pflegegeld bedeutsam. Liegt die Ersatzpflege an einem Tag unter acht Stunden, gilt sie als stundenweise und das Pflegegeld wird nicht gekürzt.

Ab acht Stunden pro Tag handelt es sich um tageweise Verhinderungspflege; dann wird das Pflegegeld zur Hälfte gekürzt – mit einer Ausnahme für den ersten und letzten Tag eines zusammenhängenden Zeitraums, an denen das volle Pflegegeld weiterläuft.

Mehrere Pflegepersonen sind möglich – entscheidend ist die Abrechnung

Die Leistung ist nicht an eine einzelne Ersatzpflegeperson gebunden. Sie können private Helfer und professionelle Dienste kombiniert einsetzen. Wichtig ist, dass das gemeinsame Jahresbudget eingehalten wird und jede beteiligte Person bzw. jeder Dienst sauber dokumentiert, wann und in welchem Umfang Leistungen erbracht wurden. Stundenzettel, Einsatzpläne und Rechnungen sind dafür der Standard.

Vergütung und „angemessener“ Stundenlohn in der Praxis

Gesetzliche Stundensätze gibt es nicht. In der Praxis haben sich für private Ersatzpflege je nach Region und Aufwand Beträge im Bereich von rund 20 bis 25 Euro pro Stunde etabliert.

Als Orientierung gilt: Aufwandsentschädigungen zwischen 5 und 25 Euro pro Stunde werden von Kassen erfahrungsgemäß akzeptiert, sofern die Gesamtrechnung plausibel und wirtschaftlich ist. Für Pflegedienste fallen regelmäßig höhere, tarifliche Sätze an. Entscheidend bleibt eine nachvollziehbare Dokumentation von Zeit und Tätigkeit.

Bar bezahlt? So belegen Sie die Kosten

Barzahlungen sind zulässig, solange sie belegt werden. Eine einfache Quittung mit Name, Datum, Leistungsinhalt, Umfang und Betrag – ergänzt um die Unterschrift der Ersatzpflegeperson – reicht in der Regel aus. Empfehlenswert ist dennoch die Überweisung, weil Kontoauszüge den Geldfluss automatisch nachweisen.

Antragstellung: So kommen Sie an das Geld

Zuständig ist immer die Pflegekasse der pflegebedürftigen Person. Bei der AOK unterscheiden sich die Antragsformulare regional; die passende Variante erhalten Sie, wenn Sie auf der AOK-Seite Ihre Postleitzahl eingeben.

Der Antrag kann oft online gestellt werden; alternativ laden Sie das PDF herunter, drucken es aus und reichen es mit Belegen per Post oder persönlich ein. Beachten Sie, dass der Antrag vor Durchführung nicht mehr Voraussetzung ist – maßgeblich ist die nachträgliche Kostenerstattung mit Nachweisen.

Rückwirkend beantragen – aber mit Fristen

Verhinderungspflege lässt sich rückwirkend abrechnen. Praktisch bedeutet das: Sie sammeln Belege und reichen sie gebündelt bei der Kasse ein. Orientierungswert für die rückwirkende Geltendmachung sind bis zu vier Jahre, entsprechend den allgemeinen sozialrechtlichen Verjährungsregeln; sinnvoll ist dennoch die zeitnahe Abrechnung, um Nachfragen zu vermeiden.

Steuern: Meldepflicht immer, Steuerpflicht oft nicht

Zahlungen, die Privatpersonen als Aufwandsentschädigung für Verhinderungspflege erhalten, gehören grundsätzlich in die Einkommensteuererklärung. Häufig bleiben sie jedoch steuerfrei, wenn die Voraussetzungen des § 3 Nr. 36 EStG erfüllt sind – insbesondere bei Angehörigen oder Personen, die aus sittlicher Pflicht pflegen.

Die Steuerfreiheit ist der Höhe nach in der Regel auf das Pflegegeld nach § 37 SGB XI begrenzt; darüber hinausgehende Beträge können steuerpflichtig sein. Im Zweifel lohnt die Rücksprache mit dem Finanzamt oder einer steuerlichen Beratung.

Sonderfälle und häufige Fragen aus der Praxis

Eine Ersatzpflegeperson darf die Leistung auch dann erbringen, wenn sie selbst Einschränkungen hat oder sogar einen Pflegegrad besitzt – ausschlaggebend ist, dass sie die Aufgaben tatsächlich übernehmen kann. In der Praxis ist sinnvoll, das im Einzelfall kurz zu begründen und die Eignung durch die Art der übernommenen Tätigkeiten zu belegen.

Gesetz und Beratungspraxis definieren die Ersatzpflegeperson dabei bewusst offen als „geeignete Person“, um flexible Lösungen im häuslichen Umfeld zu ermöglichen.

Wenn die Verhinderungspflege an mehreren Tagen über acht Stunden läuft, wirkt die hälftige Pflegegeldzahlung inzwischen für bis zu acht Wochen fort. Das schafft Planbarkeit, etwa bei Reha-Aufenthalten der Pflegeperson oder längeren Erkrankungen.

Fazit: Mehr Flexibilität, weniger Hürden – nutzen Sie Ihren Anspruch

Die Reform zum 1. Juli 2025 nimmt pflegenden Angehörigen spürbar Bürokratie ab. Das gemeinsame Jahresbudget schafft Flexibilität, die Abschaffung der Vorpflegezeit beschleunigt den Zugang, und die verlängerte Bezugsdauer vereinfacht längere Vertretungsphasen.

Wer Belege konsequent sammelt, Stundenzettel führt und die Besonderheiten bei nahen Angehörigen kennt, schöpft die Leistung sicher aus – und verschafft sich die Entlastung, die der Gesetzgeber ausdrücklich vorsieht.

Hinweis: Dieser Beitrag fasst die derzeit geltenden Regelungen zusammen. Für Anträge und Formulare wenden Sie sich an Ihre Pflegekasse; bei der AOK finden Sie das zuständige Formular über die PLZ-Suche.