Wer Pflegegeld erhält und zu Hause überwiegend von Angehörigen oder anderen Privatpersonen versorgt wird, muss Beratungseinsätze nach § 37 Abs. 3 SGB XI nachweisen. Zum 1. Januar 2026 wird diese Pflicht für viele spürbar entschärft:
Bei Pflegegrad 4 und 5 sind Beratungseinsätze nicht mehr vierteljährlich verpflichtend, sondern nur noch halbjährlich. Das ist eine Erleichterung – aber keine Entwarnung. Denn Kürzungen entstehen weiterhin, wenn ein verpflichtender Termin fehlt oder der Nachweis bei der Pflegekasse nicht korrekt ankommt.
Inhaltsverzeichnis
Das ist neu ab 01.01.2026: Pflicht bei Pflegegrad 4/5 seltener
| Bis 31.12.2025 | Ab 01.01.2026 |
| Pflegegrad 2–3: verpflichtend halbjährlich | Pflegegrad 2–3: verpflichtend halbjährlich(unverändert) |
| Pflegegrad 4–5: verpflichtend vierteljährlich | Pflegegrad 4–5: verpflichtend halbjährlich |
| Pflegegrad 4–5: zusätzliche Termine nur, wenn die Kasse/Betroffene sie veranlassen | Pflegegrad 4–5: vierteljährliche Beratung bleibt möglich, aber freiwillig |
Für die Praxis bedeutet das: Wer Pflegegrad 4 oder 5 hat, muss 2026 nicht mehr jedes Quartal einen Pflichtnachweis liefern. Wer jedoch den halbjährlichen Pflichttermin aus den Augen verliert, riskiert weiterhin Kürzungen – nur eben in einem größeren Zeitfenster.
Übergang 2025/2026: Was jetzt zählt, wenn noch Termine offen sind
Die Änderung gilt ab 01.01.2026. Das nimmt Ihnen nicht rückwirkend Pflichten aus 2025 ab. Wenn im Jahr 2025 Beratungseinsätze verpflichtend waren und nicht stattfanden oder nicht nachgewiesen wurden, kann die Pflegekasse darauf weiterhin reagieren.
Entscheidend ist deshalb ein sauberer Schnitt in der Planung: Für 2025 offene Nachweise sollten Sie so schnell wie möglich klären, damit Sie nicht mit einer Kürzung ins neue Jahr starten, und gleichzeitig den neuen Rhythmus ab 2026 früh im Halbjahr absichern, damit der erste Pflichttermin nicht „irgendwann“ untergeht.
Wer ist überhaupt pflichtig – und wer nicht?
Die Pflicht hängt in der Praxis am Pflegegeldbezug. Pflichtig sind typischerweise Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5, die Pflegegeld erhalten und deren Pflege im häuslichen Umfeld überwiegend privat organisiert ist.
Wer dagegen ausschließlich Pflegesachleistungen über einen ambulanten Dienst erhält und kein Pflegegeld bezieht, fällt regelmäßig nicht unter diese Pflichtlogik.
Der Punkt ist wichtig, weil viele Fehler nicht an der Pflege selbst scheitern, sondern an der falschen Einordnung der Leistungsart.
Kombinationsleistung: der häufigste Kürzungs-Trigger bleibt auch 2026
Bei der Kombinationsleistung wird ein Teil der Pflege über Sachleistungen (Pflegedienst) abgedeckt, der Rest über (anteiliges) Pflegegeld. Genau hier entsteht der typische Irrtum: „Wenn ein Pflegedienst kommt, entfällt der Pflichttermin.“ Das ist in dieser Pauschalität gefährlich.
Merksatz: Solange Pflegegeld fließt – auch nur anteilig –, müssen Sie Beratungseinsatz und Nachweis so planen, als wäre es verpflichtend.
2026 reduziert zwar die Pflichtfrequenz bei Pflegegrad 4/5, aber die formale Logik bleibt: Ein fehlender oder nicht nachweisbarer Einsatz kann die Auszahlung treffen.
Hausbesuch oder Video: So stellen Sie sicher, dass die Kasse den Termin anerkennt
Grundsätzlich findet der Beratungseinsatz in der Häuslichkeit statt. Ob und in welchem Umfang eine Videoberatung zulässig ist, hängt von den jeweils geltenden Vorgaben und der Dokumentation ab.
Für Betroffene zählt am Ende nur ein Punkt: Die Beratungsform muss im Nachweis so erfasst sein, dass die Pflegekasse den Einsatz als Beratung nach § 37 Abs. 3 anerkennt.
Eine einfache, praxistaugliche Frage bei der Terminvereinbarung lautet:
„Wird der Beratungseinsatz nach § 37 Abs. 3 SGB XI durchgeführt und erhalte ich anschließend eine Bestätigung, die die Pflegekasse anerkennt – inklusive Datum und Beratungsform?“
Nachweis ist der kritische Punkt – nicht das Gespräch
Viele Kürzungen entstehen nicht, weil kein Termin stattgefunden hätte, sondern weil der Nachweis verspätet eingeht oder intern nicht korrekt zugeordnet wird. Wer sich allein darauf verlässt, dass die Beratungsstelle „das schon übermittelt“, produziert unnötiges Risiko.
Sicherer ist ein doppeltes Vorgehen: Bestätigung als Kopie direkt nach dem Termin sichern und so ablegen, dass sie bei einer Erinnerung der Kasse sofort verfügbar ist.
Kürzungen verhindern: So funktioniert es auch 2026 zuverlässig
Weniger Pflichttermine bei Pflegegrad 4/5 entlasten, führen aber im Alltag oft dazu, dass Termine weniger präsent sind. Wer Kürzungen verhindern will, braucht ein System, das Verzögerungen einkalkuliert: früh im Zeitfenster terminieren und den Nachweis aktiv absichern.
| Typisches Problem | Konkrete Gegenmaßnahme |
| „2026 ist weniger Pflicht, das erledigt sich schon“ | Pflicht bleibt: mindestens halbjährlich Beratung einplanen und dokumentieren. |
| Kombinationsleistung wird als „Pflicht entfällt“ missverstanden | Pflegegeld (auch anteilig) = Pflichtlogik. Termin einplanen, Nachweis sichern. |
| Termin fand statt, aber der Nachweis fehlt bei der Kasse | Kopie der Bestätigung sofort sichern, bei Erinnerung unverzüglich nachreichen. |
| Termin erst kurz vor Fristende | Früh im Halbjahr planen, damit bei Ausfall oder Verzögerung noch Zeit bleibt. |
Wenn bereits gekürzt wurde: Nachholen, nachweisen, Anerkennung verlangen
Wenn die Pflegekasse bereits gekürzt hat, zählt Geschwindigkeit. Häufig lässt sich der Konflikt am effektivsten lösen, indem der Beratungseinsatz umgehend durchgeführt bzw. nachgeholt, die Bestätigung gesichert und aktiv eingereicht wird – verbunden mit der Bitte um Anerkennung für das maßgebliche Halbjahr.
Textbaustein:
„Der Beratungseinsatz nach § 37 Abs. 3 SGB XI wurde am [Datum] durchgeführt. Eine Kopie des Nachweises übersende ich anbei. Bitte bestätigen Sie die Anerkennung für das maßgebliche Kalenderhalbjahr und veranlassen Sie die ungekürzte Auszahlung. Soweit bereits gekürzt wurde, bitte ich um Korrektur und Nachzahlung ab dem Zeitpunkt der Durchführung.“
FAQ
Gilt die Pflicht auch, wenn ein Pflegedienst kommt?
Wenn ausschließlich Pflegesachleistungen bezogen werden und kein Pflegegeld fließt, greift die Pflichtlogik nach § 37 Abs. 3 typischerweise nicht. Sobald jedoch Pflegegeld gezahlt wird, auch anteilig bei Kombinationsleistung, sollten Sie Beratungseinsatz und Nachweis konsequent einplanen.
Was ändert sich 2026 für Pflegegrad 4 und 5 konkret?
Die Pflicht wird reduziert: Statt vierteljährlich verpflichtend ist der Beratungseinsatz ab 01.01.2026 nur noch halbjährlich verpflichtend. Zusätzliche Beratungen bleiben möglich, sind dann aber freiwillig.
Reicht es, wenn der Termin stattgefunden hat, die Kasse aber behauptet, der Nachweis fehle?
In der Praxis entscheidet der dokumentierte Nachweis. Wer die Bestätigung als Kopie besitzt und aktiv übermittelt, kann die häufigste Kürzungsbegründung („nicht eingegangen“) entkräften.
Was ist, wenn noch 2025-Pflichten offen sind?
Die Änderung ab 01.01.2026 wirkt nicht automatisch rückwirkend. Offene 2025-Nachweise sollten Sie schnell klären, um nicht mit einer Kürzung ins Jahr 2026 zu starten.
Quellen
1. Sozialgesetzbuch XI (SGB XI), § 37 – Pflegegeld (insbesondere Abs. 3 Beratungseinsatz).
2. Gesetzliche Neuregelung zum Beratungsbesuch ab 01.01.2026 (Pflegegrad 4/5: Pflicht von vierteljährlich auf halbjährlich; vierteljährlich weiterhin möglich, aber freiwillig).
3. GKV-Spitzenverband: Nachweisformular „Beratungseinsatz nach § 37 Abs. 3 SGB XI“ (aktueller Stand).
4. GKV-Spitzenverband: Grundlagen/Empfehlungen zur Durchführung und Dokumentation der Beratungseinsätze nach § 37 Abs. 3 SGB XI.
5. Praxisinformationen einzelner Pflegekassen (z. B. Zeitfensterlogik, Nachweisabläufe, typische Fehlerkonstellationen).




