Mit dem „Rentenpaket 2025“ hat der Gesetzgeber die dritte Stufe der Mütterrente auf den Weg gebracht. Die Reform zielt auf einen lange kritisierten Unterschied in der gesetzlichen Rentenversicherung: Die Kindererziehungszeiten wurden bislang je nach Geburtsjahr des Kindes unterschiedlich bewertet.
Wer ein Kind vor 1992 großgezogen hat, erhielt weniger rentenrechtliche Anerkennung als Eltern von Kindern, die ab 1992 geboren wurden. Genau diese Ungleichbehandlung soll nun enden.
Kindererziehung wird als gesellschaftliche Leistung bewertet, die sich in der späteren Altersversorgung stärker niederschlagen soll. Gleichzeitig zeigt die konkrete Ausgestaltung, wie komplex das Rentenrecht ist und wie viele Übergangsregeln nötig werden, wenn laufende Renten, neue Rentenzugänge und unzählige individuelle Lebensläufe unter einen Hut gebracht werden müssen.
Kindererziehung erhöht die gesetzlichen Rente
In der gesetzlichen Rentenversicherung wird Kindererziehung über besondere rentenrechtliche Zeiten abgebildet. Entscheidend ist dabei die Kindererziehungszeit. Sie wird so behandelt, als wären in dieser Zeit Beiträge gezahlt worden. Das führt zu zusätzlichen Entgeltpunkten und damit zu einer höheren Rente.
Daneben gibt es Kinderberücksichtigungszeiten, die weniger unmittelbar wirken, aber beispielsweise für Wartezeiten und die Bewertung anderer Zeiten Bedeutung bekommen können.
Praktisch heißt das: Wer wegen der Betreuung von Kindern weniger oder gar nicht arbeiten konnte, soll dadurch in der Rentenbiografie nicht dauerhaft benachteiligt sein. Das System ist aber nicht nur ein Ausgleich für individuelle Erwerbslücken, sondern auch Ausdruck eines gesellschaftlichen Ausgleichs, weil Kinder später als Beitragszahlende das Umlagesystem tragen.
Was sich mit der Mütterrente III gegenüber der bisherigen Regelung ändert
Bislang galt bei der Kindererziehungszeit eine klare Zäsur: Für Kinder, die ab 1992 geboren wurden, werden bis zu drei Jahre anerkannt. Für Kinder, die vor 1992 geboren wurden, waren es zuletzt zweieinhalb Jahre.
Die Mütterrente III verlängert nun die Kindererziehungszeit für vor 1992 geborene Kinder um weitere sechs Monate, sodass künftig auch hier bis zu drei Jahre erreicht werden.
Damit wird die rentenrechtliche Bewertung des ersten Lebensabschnitts von Kindern vereinheitlicht. Von Seiten der Bundesregierung wird das häufig als Schließen einer Gerechtigkeitslücke begründet. Im Ergebnis steigt die Rente der Betroffenen, weil für jedes betroffene Kind zusätzliche Entgeltpunkte hinzukommen beziehungsweise ein Zuschlag gezahlt wird.
Ab wann gilt die Mütterrente III – und warum kommt das Geld später?
Rechtlich ist die Reform in Stufen organisiert. Das Gesetz selbst ist Teil des Rentenpakets und tritt grundsätzlich Anfang 2026 in Kraft, die entscheidenden Regelungen zur Mütterrente III setzen aber später an. Der Anspruch soll ab dem 1. Januar 2027 bestehen.
Die praktische Auszahlung erfolgt für viele dennoch erst ab 2028, weil die Deutsche Rentenversicherung für die technische Umsetzung Vorlauf braucht und die Nachzahlung für 2027 gesammelt abgewickelt werden soll.
Für Personen, die bereits eine Rente beziehen, ist ausdrücklich vorgesehen, dass sie die Leistung im Januar 2028 rückwirkend für das Jahr 2027 erhalten. Wer 2027 anspruchsberechtigt ist, muss sich daher auf eine zeitversetzte Auszahlung einstellen. Die Reform ist damit ein Beispiel dafür, dass Anspruch und Geldfluss im Sozialrecht auseinanderfallen können, wenn die Verwaltung eine Massenumstellung vorbereiten muss.
Wie hoch ist das Plus durch die Mütterrente III?
Die Höhe hängt an einem bekannten Hebel der Rentenformel: dem Entgeltpunkt und dem aktuellen Rentenwert. Für ein volles Jahr Kindererziehungszeit ergibt sich im Grundsatz ein Entgeltpunkt. Ein halbes Jahr entspricht damit einem halben Entgeltpunkt.
Da die Mütterrente III für vor 1992 geborene Kinder zusätzliche sechs Monate anerkennt, ergibt sich je betroffenem Kind ein Plus von 0,5 Entgeltpunkten. Bei einem aktuellen Rentenwert von 40,79 Euro entspricht das rechnerisch rund 20,40 Euro brutto pro Monat und Kind. Über ein volles Jahr summiert sich das auf gut 240 Euro brutto je Kind.
Wichtig ist dabei der Zeitpunkt: Der Rentenwert wird regelmäßig angepasst. Das heißt, die konkrete Euro-Summe ist keine feste Größe für alle Zukunft, sondern folgt künftigen Rentenanpassungen.
Tablle: So hoch ist die Mütterrente
| Anzahl vor 1992 geborener Kinder | Brutto-Mehrbetrag durch Mütterrente III (bei Rentenwert 40,79 € und +0,5 Entgeltpunkten je Kind) |
|---|---|
| 1 | 20,40 € pro Monat (≈ 244,80 € pro Jahr) |
| 2 | 40,79 € pro Monat (≈ 489,48 € pro Jahr) |
| 3 | 61,19 € pro Monat (≈ 734,28 € pro Jahr) |
| 4 | 81,58 € pro Monat (≈ 978,96 € pro Jahr) |
| 5 | 101,98 € pro Monat (≈ 1.223,76 € pro Jahr) |
Hinweis: Die Euro-Beträge steigen oder sinken mit dem jeweils gültigen Rentenwert im Auszahlungszeitraum; die Tabelle rechnet mit aktuellem 40,79 € je Entgeltpunkt.
Was netto ankommt: Kranken- und Pflegeversicherung sowie Steuern
Von der zusätzlichen Bruttorente gehen bei vielen Rentnerinnen und Rentnern Beiträge zur Krankenversicherung der Rentner und zur Pflegeversicherung ab. In der gesetzlichen Krankenversicherung wird der Beitragssatz aus der Rente grundsätzlich erhoben; Rentenbeziehende und Rentenversicherung teilen sich die Beiträge.
Hinzu kommt der Zusatzbeitrag der jeweiligen Krankenkasse, der ebenfalls beitragsrelevant ist. In der Pflegeversicherung gilt ein eigener Beitragssatz, der ebenfalls von der Rente einbehalten wird.
Wie viel netto übrig bleibt, hängt damit stark von der individuellen Versicherungssituation ab, vom kassenabhängigen Zusatzbeitrag und auch davon, ob in der Pflegeversicherung Zuschläge oder Abschläge greifen.
Zusätzlich kann Einkommensteuer anfallen, wenn die persönlichen steuerlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Eine pauschale Nettozahl für alle wäre unseriös; realistisch ist aber, dass das monatliche Plus spürbar unterhalb der Bruttosumme liegt.
Wenn der Tod 2027 dazwischenkommt: Verfällt die Nachzahlung?
Die zeitverzögerte Auszahlung wirft eine naheliegende Frage auf: Was passiert, wenn eine berechtigte Person im Jahr 2027 verstirbt, bevor die Nachzahlung ausgezahlt wird?
Grundsätzlich gilt im Sozialrecht, dass fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen beim Tod der berechtigten Person auf sogenannte Sonderrechtsnachfolger übergehen können. Das sind bestimmte nahestehende Personen, die mit der verstorbenen Person zusammengelebt haben oder von ihr wesentlich unterhalten wurden.
Damit ist die Nachzahlung nicht automatisch „weg“. Entscheidend sind die gesetzlichen Voraussetzungen der Sonderrechtsnachfolge und die konkrete Situation im Einzelfall. In der Praxis bedeutet das regelmäßig, dass Hinterbliebene die Angelegenheit mit der Rentenversicherung klären müssen, sobald die Nachzahlung ansteht.
Muss man die Mütterrente III beantragen?
In der Mehrzahl der Fälle soll die Umsetzung automatisch erfolgen. Die Rentenversicherung kann anhand der im Versicherungskonto gespeicherten Zeiten erkennen, ob ein Anspruch besteht. Genau hier liegt aber auch die Schwachstelle: Nicht jeder Versicherungsverlauf ist so vollständig, dass die Zuordnung und Anerkennung ohne weiteres funktioniert.
Relevant werden Konstellationen, in denen bestimmte Kinderzeiten im Konto nicht oder erst später erfasst sind. Das betrifft etwa Fälle, in denen ein Kind erst nach einiger Zeit in den Haushalt kam, zum Beispiel durch Adoption, oder in denen Erziehungsabschnitte im Ausland lagen und sich erst später rentenrechtlich nachvollziehen lassen. In solchen Situationen kann es notwendig werden, aktiv zu werden, Zeiten nachzuweisen und gegebenenfalls einen Antrag zu stellen.
Für Betroffene bedeutet das vor allem: Sobald 2028 der Bescheid zur Umsetzung der Mütterrente III kommt, sollte geprüft werden, ob die zusätzlichen Monate tatsächlich berücksichtigt wurden.
Warum der Rentenbeginn wichtig ist
Die Reform arbeitet mit einer Übergangskonstruktion, die zwischen laufenden Renten und neuen Rentenzugängen unterscheidet. Für bereits laufende Renten wird die Verbesserung über einen Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten organisiert. Bei späteren Rentenzugängen wird die Gleichstellung über die reguläre Anerkennung zusätzlicher Kindererziehungszeiten umgesetzt.
Das hat Folgen, die im Detail bedeutsam werden können. Bei einem Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten wirkt sich eine frühere Inanspruchnahme der Rente typischerweise anders aus als bei Entgeltpunkten, die über Beitrags- beziehungsweise Kindererziehungszeiten entstehen und dann mit dem Zugangsfaktor in die Rentenformel eingehen.
Wer also mit Abschlägen vorzeitig in Rente geht, sollte genau hinschauen, über welchen Mechanismus die Mütterrente III im eigenen Fall umgesetzt wird.
Auch bei der Zuordnung kann es Unterschiede geben, wenn Elternteile sich die Erziehung zeitlich geteilt haben. Bei Bestandsrenten wird zur Zuordnung in der Praxis auf bestimmte gespeicherte Indikatoren im Versicherungsverlauf abgestellt. Bei neuen Rentenzugängen ist stärker entscheidend, wie die tatsächlichen Erziehungsverhältnisse in den betreffenden Monaten nachgewiesen und im Konto hinterlegt sind.
Wer profitiert – und wie wird das finanziert?
Nach Angaben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales sollen rund zehn Millionen Menschen von der Mütterrente III profitieren, überwiegend Frauen. Finanziert werden soll die Leistung aus Steuermitteln. Dahinter steht der Gedanke, dass Kindererziehung keine Privatangelegenheit ist, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die von allen unterstützt werden sollte.
Was Betroffene jetzt praktisch tun sollten
Auch wenn vieles automatisch laufen soll, lohnt sich ein nüchterner Blick auf die eigene Rentenbiografie. Wer Kinder vor 1992 erzogen hat, sollte prüfen, ob diese Zeiten im Versicherungskonto korrekt gespeichert sind. Das ist besonders wichtig, wenn es Auslandszeiten gab, wenn sich Erziehungsphasen zwischen den Elternteilen verschoben haben oder wenn die Familie besondere Konstellationen wie Adoption erlebt hat.
Spätestens mit dem Bescheid zur Umsetzung im Jahr 2028 entscheidet sich, ob die Reform im Einzelfall reibungslos ankommt. Wer dann Abweichungen feststellt, sollte zeitnah klären lassen, ob ein Antrag oder ergänzende Nachweise erforderlich sind. In komplexen Fällen kann eine Beratung bei der Deutschen Rentenversicherung oder einer unabhängigen Rentenberatung helfen, damit Ansprüche nicht an fehlenden Einträgen scheitern.
Quellen
Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), Informationsseite zum Rentenpaket 2025 mit Angaben zu Startdatum 1. Januar 2027, Nachzahlung ab Januar 2028 und Größenordnung der Begünstigten.




