Kündigung: Abfindung annehmen oder nicht: Diese Fehler kosten viel

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Abfindungen wirken wie Befreiung – und kippen schnell zur Kostenfalle.
Das Geld lockt, doch Sperrzeit, Steuern und Fristen bestimmen den echten Wert.
Wer vorschnell unterschreibt, verschenkt oft Verhandlungsmacht und Netto.

Kurzcheck: Worauf Sie achten sollten

  • Frist halten: Binnen drei Wochen Kündigung prüfen lassen.
  • Beendigungsdatum prüfen: Ordentliche Kündigungsfrist einhalten, Ruhen von ALG vermeiden.
  • Netto statt Brutto denken: Fünftelregelung, Steuervorauszahlungen und Liquidität kalkulieren.
  • Prozessrisiko nutzen: Kündigungsgrund prüfen; stärkere Position, höhere Abfindung.
  • Nebenleistungen verhandeln: Freistellung, Boni, sehr gutes Zeugnis, Outplacement festschreiben.
  • Sperrzeit im Blick: Aufhebungsvertrag nur mit tragfähiger Begründung unterschreiben.
    Sozialversicherung klären: Status bei der Krankenkasse vorab abstecken.
    Bürgergeld/Ansprüche melden: Zufluss rechtzeitig angeben, Anrechnung vermeiden.
  • Alles schriftlich fixieren: Keine mündlichen Zusagen akzeptieren.

Kein Automatismus: Wann es wirklich einen Anspruch gibt

Ein gesetzlicher Anspruch auf Abfindung besteht in Deutschland grundsätzlich nicht. Eine wichtige Ausnahme ist der Sozialplan. Gibt es einen Betriebsrat und eine Betriebsänderung, kann der Sozialplan Abfindungen verbindlich regeln. Er schafft einen einklagbaren Anspruch, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind.

Sonderfall § 1a KSchG: Abfindung im Kündigungsschreiben

Bei betriebsbedingter Kündigung kann der Arbeitgeber im Kündigungsschreiben eine Abfindung ausloben. Der Anspruch entsteht, wenn Sie auf die Klage verzichten. Die gesetzliche Richtgröße liegt bei 0,5 Bruttomonatsverdiensten je Beschäftigungsjahr. Höhere Beträge sind möglich, wenn die Lage es hergibt.

Verhandeln lohnt sich: Wovon die Höhe abhängt

Außerhalb des § 1a-Falls ist die Abfindung Verhandlungssache. Üblich sind Spannen von 0,5 bis etwa 1,0 Monatsgehältern je Jahr. Maßgeblich sind Prozessrisiko, Schutzstatus, Branche, Region und wirtschaftliche Stärke des Unternehmens. Wer starke Karten hat, erzielt oft mehr.

Drei-Wochen-Frist: Ohne Klage wird die Kündigung wirksam

Wer sich wehren will, muss innerhalb von drei Wochen ab Zugang der Kündigung Klage erheben. Nach Fristablauf gilt die Kündigung als wirksam. Späte Gespräche führen dann meist zu schwächeren Ergebnissen. Warten kostet Geld.

Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrag: Folgen für ALG I

Ein Aufhebungsvertrag beendet das Arbeitsverhältnis einvernehmlich. Häufig droht dann eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld von bis zu zwölf Wochen. Ein Abwicklungsvertrag regelt die Trennung nach einer Kündigung. Auch hier sind Abfindungen möglich. Fristen laufen weiter, selbst wenn verhandelt wird.

Ruhen statt Anrechnung: So wirkt die Abfindung auf ALG I

Abfindungen werden nicht auf das Arbeitslosengeld angerechnet. Endet das Arbeitsverhältnis jedoch vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist und fließt eine Abfindung, ruht der Anspruch auf ALG I bis zum fiktiven Ende der Frist. Sperrzeit und Ruhen können zusammenfallen. Planen Sie das Enddatum deshalb sorgfältig.

Steuer: Fünftelregelung wirkt erst in der Veranlagung

Abfindungen sind steuerpflichtig. Die Tarifermäßigung nach § 34 EStG (Fünftelregelung) mindert die Progression. Seit 2025 berücksichtigt der Arbeitgeber die Ermäßigung in der Regel nicht mehr im Lohnsteuerabzug. Der Vorteil entsteht erst über die Steuererklärung. Das belastet die Liquidität im Auszahlungsjahr. Rücklagen federn Nachzahlungen ab.

Sozialversicherung: Meist beitragsfrei, mit wichtiger Ausnahme

„Echte“ Abfindungen für den Verlust des Arbeitsplatzes sind in der Regel nicht beitragspflichtig zur Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung. Komplex wird es bei freiwillig gesetzlich Versicherten. Wird die Kündigungsfrist nicht eingehalten, kann die Krankenkasse Teile als beitragspflichtige Einnahme werten. Klären Sie den Status vor der Unterschrift.

Sozialplan, Zeugnis, Freistellung: Was Sie zusätzlich verhandeln können

Die Summe ist nur ein Teil der Gleichung. Nebenleistungen zählen oft mehr. Wichtig sind eine bezahlte oder unwiderrufliche Freistellung mit klarem Zeitraum, geregelte Boni und ein sehr gutes Arbeitszeugnis. Outplacement oder Qualifizierung erleichtern den Übergang. Vereinbaren Sie Termine und Inhalte schriftlich.

Entscheidung abwägen: Die relevanten Faktoren im Blick

Bewerten Sie Ihre Prozesschancen realistisch. Prüfen Sie, ob das Arbeitsverhältnis erst nach der ordentlichen Frist endet. Kalkulieren Sie die Netto-Summe für die Überbrückungszeit. Klären Sie die Wirkungen auf ALG I (Ruhen, Sperrzeit). Sichern Sie Nebenleistungen ab. Diese Punkte entscheiden über Nutzen oder Nachteil.

Praxis-Reihenfolge: So gehen Sie strukturiert vor

Sichern Sie die Frist beim Arbeitsgericht. Stimmen Sie Beendigungsdatum, Abfindung und Nebenleistungen schriftlich ab. Rechnen Sie die steuerlichen Effekte durch und planen Sie Liquidität. Klären Sie mit der Agentur für Arbeit Ruhen und Sperrzeit. Holen Sie rechtliche Beratung vor der Unterschrift ein.