Krankenkassen: Stiftung Warentest – Zusatzbeiträge steigen, Zusatznutzen schrumpft bei vielen Krankenkassen

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Jeder Prozentpunkt beim Zusatzbeitrag landet direkt auf Ihrer Lohnabrechnung – und schmälert das Haushaltsbudget. Der aktuelle Vergleich von Stiftung Warentest deckt 2025 so große Unterschiede auf wie nie: Dank günstiger Kassen lässt sich der Jahresbeitrag um mehrere hundert Euro senken, während Extraleistungen teils vierstellige Werte erreichen.

Der folgende Überblick zeigt aus Sicht der Betroffenen, wie groß der Spielraum wirklich ist und welche Kombination aus Preis und Leistung sich rechnet.

Preissprung 2025: Beiträge von 16,78 % bis 19,00 %

Die Untersuchung umfasst 67 gesetzliche Krankenkassen, die 97 Prozent aller Beitragszahlenden aufnehmen. An der Spitze der Sparliste steht die BKK Firmus mit 16,78 Prozent Gesamtbeitrag. Nur einen Hauch teurer sind hkk (16,79 Prozent) und Audi BKK (17,00 Prozent).

Am anderen Ende der Skala stehen Knappschaft, IKK Brandenburg & Berlin sowie die Innovationskasse mit fast 19 Prozent. Seit Juli 2025 haben zudem drei Anbieter ihre Zuschläge erhöht; Betroffene besitzen hier ein Sonderkündigungsrecht.

Der Zusatzbeitrag trifft das Nettogehalt sofort

Der gesetzliche Grundbeitrag von 14,6 Prozent ist für alle gleich. Variabel – und damit entscheidend – ist der Zusatzbeitrag. Er wird prozentual vom Bruttolohn berechnet und halbiert sich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Steigt der Satz um nur 0,3 Prozentpunkte, kostet das eine Person mit 3 000 Euro Monatsbrutto sofort rund 4,50 Euro netto mehr.

Ein Wechsel in eine günstigere Kasse bewirkt den gegenteiligen Effekt: Zwischen 16,78 und 19,00 Prozent liegen bei gleichem Einkommen rund 33 Euro monatlich oder fast 400 Euro jährlich. Wer ein höheres Jahresbrutto von 66 150 Euro erzielt, spart sogar mehr als 700 Euro pro Jahr.

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Wer zahlt am wenigsten, wer am meisten?

  • BKK Firmus: 16,78 % Gesamtbeitrag, niedrigster Zusatzbeitrag im Markt
  • hkk: 16,79 % Gesamtbeitrag
  • Audi BKK: 17,00 % Gesamtbeitrag
  • IKK Brandenburg & Berlin: 18,95 % Gesamtbeitrag nach Erhöhung zum 1. Juli
  • IKK – Die Innovationskasse: 18,90 % Gesamtbeitrag
  • Knappschaft: 19,00 % Gesamtbeitrag, höchster Zusatzbeitrag von 4,4 %

Praxisbeispiel: Bei 3 000 Euro Monatsbrutto liegen zwischen BKK Firmus und Knappschaft rund 33 Euro netto im Monat. Wer den Satzunterschied nutzt, finanziert damit fast drei professionelle Zahnreinigungen aus eigener Tasche – oder investiert das Geld in Sportkurse, die viele Kassen inzwischen bezuschussen.

Warum sich der Blick auf Zusatzleistungen lohnt

Hohe Beiträge sind nicht zwangsläufig verlorenes Geld. Viele Kassen stecken einen Teil in freiwillige Leistungen, die Sie privat zahlen müssten. Dazu gehören Zuschüsse für Zahnreinigung, Osteopathie, Reiseimpfungen, Gesundheitsreisen oder Bonusprogramme für Vorsorge und Sport.

Wichtig ist jedoch: Diese Extraleistungen greifen nur, wenn Sie Quittungen einreichen oder aktiv Kurse besuchen. Wer selten medizinische Zusatzangebote nutzt, spürt vom Mehrbeitrag wenig.

Die attraktivsten Extraleistungen 2025

  • Zahnreinigung: SKD BKK übernimmt die Kosten einer professionellen Zahnreinigung einmal jährlich komplett. Die BKK Public legt größer vor und beteiligt sich zweimal im Jahr mit je 102 Euro.
  • Flexible Gesundheitsbudgets: AOK Nordwest und AOK Niedersachsen stellen pro Jahr 500 Euro bereit. Versicherte können frei wählen, ob sie das Budget für Osteopathie, Reiseimpfungen oder PZR einsetzen.
  • Osteopathie: AOK Nordwest zahlt bis zu sechs Sitzungen à 50 Euro, wodurch bis zu 300 Euro möglich werden; kombiniert mit dem Gesundheitsbudget steigt der Wert auf 500 Euro.
  • Präventions‑ und Gesundheitsreisen: Viactiv bezuschusst zertifizierte Aktivurlaube mit bis zu 550 Euro jährlich – egal, ob Yoga am Meer oder Nordic Walking in den Alpen.
  • Schwangerschafts‑Plus: BKK ProVita finanziert 750 Euro für Hebammenrufbereitschaft oder zusätzliche Vorsorge. BKK exklusiv und mkk bieten jeweils bis zu 600 Euro.
  • Sport‑Bonus: IKK Brandenburg & Berlin vergütet 75 Euro, wenn regelmäßiges Training im Fitnessstudio oder Verein belegt wird.
  • Krebsvorsorge‑Cash: Bahn‑BKK sowie AOK Rheinland/Hamburg zahlen 30 Euro pro Krebsfrüherkennung. Programme der IKK-Gruppe belohnen sogar bis zu 40 Euro.

Zusatzbeitrag ist nicht automatisch ein Nachteil – so rechnen Sie

Ein höherer Zusatzbeitrag bedeutet zunächst mehr Abzug, kann sich aber lohnen, wenn die Kasse spürbare Leistungen zurückerstattet. Prüfen Sie deshalb drei Punkte:

Direkte Belastung: Vergleichen Sie den prozentualen Beitragssatz Ihrer aktuellen Kasse mit dem der günstigsten Alternative. Rechnen Sie aus, wie viel Euro netto pro Jahr auf dem Spiel stehen.

Indirekte Entlastung: Addieren Sie sämtliche freiwilligen Leistungen, die Sie voraussichtlich nutzen. Wer jährlich zwei Zahnreinigungen, drei Osteopathie-Sitzungen und eine Reiseimpfung benötigt, schöpft ein Gesundheitsbudget rasch aus.

Budgetfalle: Manche Kassen bündeln bis zu 600 Euro in einem Jahresbudget. Das klingt großzügig, reicht aber nicht weit, wenn Sie mehrere Angebote kombinieren. Zwei Osteopathie‑Sitzungen à 50 Euro und eine Zahnreinigung à 100 Euro verbrauchen bereits 200 Euro.

Am Ende zählt die Differenz: Liegt der geldwerte Vorteil über dem Mehrbeitrag, lohnt sich die teurere Kasse; andernfalls ist ein Wechsel zu einem preisgünstigeren Anbieter ratsam.

Steuerfreier Bonus: Bis 150 Euro ohne Finanzamt

Bonuszahlungen für gesundheitsbewusstes Verhalten – etwa für Vorsorgeuntersuchungen oder Sportprogramme – bleiben bis 150 Euro im Jahr steuerfrei. Erst Beträge darüber hinaus gelten als Beitragsrückerstattung und mindern den Sonderausgabenabzug.

Wer sich Bonus und Steuerersparnis sichern möchte, achtet darauf, die 150‑Euro‑Grenze nicht zu überschreiten oder die Prämie gezielt als Sachleistung (z. B. Gutschein) auszahlen zu lassen.

Wechseln in fünf Minuten: So geht’s digital

Seit Januar 2021 genügt ein Online‑Antrag bei der neuen Kasse. Sie leitet die Kündigung an den bisherigen Anbieter weiter, Sie selbst müssen kein Formular mehr ausdrucken. Nach dem Kassenwechsel gilt eine Mindestbindungsfrist von zwölf Monaten.

Steigt der Zusatzbeitrag während dieser Zeit, dürfen Sie außerplanmäßig kündigen. Tipp: Bewahren Sie die Bestätigung des neuen Versicherers digital auf; sie dient als Nachweis für den Arbeitgeber.

Praxischeck: Drei Nutzerprofile und was sie sparen

Der Sparfuchs zahlt keinen Cent zu viel und nutzt Extras kaum. Er wechselt zur BKK Firmus oder hkk und spart bei 3000 Euro Monatsbrutto etwa 400 Euro im Jahr.

Die Gesundheitsbewusste nimmt zweimal jährlich PZR, Osteopathie und Impfungen in Anspruch. Sie wählt eine Kasse mit 500‑Euro‑Budget. Trotz etwas höherem Zusatzbeitrag gewinnt sie unter dem Strich mehrere hundert Euro.

Das junge Paar mit Kinderwunsch profitiert von Schwangerschafts‑Extras. Wechsel zur BKK ProVita bringt 750 Euro Hebammenrufbereitschaft plus weitere Vorsorgezuschüsse – deutlich mehr als der moderate Beitrag liegt.