Krankengeld und Arbeitslosengeld vor der Rente beziehen

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Stellen Sie sich vor: Sie erkranken kurz vor Ihrer gesetzlichen Altersrente so schwer, dass Sie Ihren Beruf nicht mehr ausรผben kรถnnen und wissen nicht, ob eine Erwerbsbeschรคftigung รผberhaupt noch mรถglich ist. Wie รผberbrรผcken Sie jetzt am besten die kritische Phase bis zur Altersrente? Wie kommen Sie am besten dabei weg, und wie vermeiden Sie Abschlรคge auf Ihre Rente?

Entgeltfortzahlung und Krankengeld

In den ersten sechs Wochen Ihrer Krankschreibung zahlt Ihr Arbeitgeber Ihr Gehalt in voller Hรถhe weiter. Sie bleiben in dieser Zeit regulรคr rentenversichert. Bis jetzt รคndert sich also noch nichts an Ihrer beruflichen und versicherungsrechtlichen Lage.

Danach springt die Krankenkasse ein. Wenn Sie weiter krank geschrieben bleiben, haben Sie Anspruch auf Krankengeld bis zu 72 weiteren Wochen. Dieses ist niedriger als Ihr Gehalt. Sie bleiben indessen rentenversichert. Doch die Beitrรคge sind jetzt niedriger als zuvor, und das schmรคlert Ihre spรคtere Rente.

Sollten Sie Arbeitslosengeld beantragen?

Bisweilen versuchen Krankenkasse Empfรคnger von Krankengeld zu รผberreden, Arbeitslosengeld zu beantragen. Solange noch ein Anspruch auf Krankengeld besteht, sollten Sie das auf keinen Fall tun. Arbeitslosengeld ist niedriger als das Krankengeld und ebenfalls zeitlich befristet.

Beim Arbeitslosengeld werden weiter Beitrรคge fรผr Sie in die Rentenkasse eingezahlt, doch diese sind noch einmal weniger als beim Krankengeld, und das wirkt sich negativ auf Ihre Rente aus.

Reha beantragen

Die Krankenversicherung darf also nicht verlangen, dass Sie wรคhrend des Anspruchs auf Krankengeld Arbeitslosengeld beantragen. Die Krankenkasse kann Sie aber auffordern, einen Antrag auf Medizinische Rehabilitation (Reha) zu stellen.

Diesem mรผssen Sie innerhalb der gesetzten Frist nachkommen. Ansonsten sperrt Ihnen die Krankenversicherung vรถllig legal das Krankengeld, bis Sie den Antrag nachholen. Diese Sperrzeit wird nicht auf die Gesamtdauer des Krankengeldbezugs angerechnet.

Worauf sollten Sie achten?

Die Krankenkasse entscheidet, ob und wann sie Sie dazu auffordert, einen Reha-Antrag zu stellen. Sie muss diese Aufforderung erstens begrรผnden, und Ihnen zweitens die Mรถglichkeit geben, sich zu รคuรŸern. Beides versรคumen Krankenkassen bisweilen. In diesem Fall kรถnnen Sie Widerspruch bei der Krankenkasse stellen.

In der Anhรถrung muss die Krankenversicherung Ihnen mitteilen, welche Entscheidung Se treffen will, und auf welchen Fakten diese basiert. Wie die Kasse ihr Ermessen ausรผbt, also eine von bestimmten Handlungsmรถglichkeiten wรคhlt, muss sie Ihnen gegenรผber offen legen โ€“ schriftlich, mรผndlich oder persรถnlich.

Achtung: Es reicht aus, dass die Krankenkasse Ihnen eine Anhรถrung ermรถglicht. Sie mรผssen sich nicht รคuรŸern.

Sie kรถnnen auch Widerspruch einlegen, wenn Sie die Begrรผndung fรผr fehlerhaft halten. Zumindest, bis die Versicherung รผber den Widerspruch entschieden hat, zahlt Sie erst einmal weiter Krankengeld.

Was geschieht wรคhrend und nach der Reha?

Wenn Sie jetzt eine medizinische oder berufliche Reha durchfรผhren, dann zahlt die Krankenkasse statt Krankengeld das niedrigere รœbergangsgeld. Dieses wird in die Dauer des Krankengeldbezugs eingerechnet.

Bleibt die Reha erfolglos, dann endet das Krankengeld, wenn Sie die volle Erwerbsminderungsrente beziehen. Bei einer teilweisen Erwerbsminderungsrente wird das Krankengeld um deren Hรถhe gekรผrzt. Wird die Erwerbsminderungsrente abgelehnt, und Sie bleiben krank geschrieben, dann lรคuft das Krankengeld bis zur Hรถchstdauer weiter.

 

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Vorsicht: Lรผcke

Sie mรผssen davon ausgehen, dass es viele Monate dauert, bis die Rentenversicherung รผber Ihren Antrag auf Reha / Rente entscheidet. Wenn Sie gegen eine Ablehnung Widerspruch einlegen, und danach sogar Klage vor dem Sozialgericht erheben mรผssen, dann kรถnnen sogar Jahre vergehen. Das Krankengeld lรคuft dann aus, bevor รผber eine volle Erwerbsminderung entschieden ist.

Jetzt kommt das Arbeitslosengeld

Wenn das Krankengeld endet, dann kรถnnen Sie Arbeitslosengeld beantragen, und das sogar denn, wenn Ihr Arbeitgeber Sie noch nicht gekรผndigt hat. Vermeiden Sie es, selbst zu kรผndigen, denn so bleibt die Mรถglichkeit bestehen, im Fall einer Heilung doch wieder an der alten Stelle zu arbeiten.

Wollen Sie doch selbst kรผndigen? Dann sprechen Sie sich unbedingt mit der Agentur fรผr Arbeit ab. Eine Selbstkรผndigung ohne wichtigen Grund fรผhrt nรคmlich zu einer Sperrzeit, in der die Behรถrde kein Arbeitslosengeld auszahlt.

Welche Pflichten haben Sie?

Wenn Sie jetzt arbeitslos gemeldet sind, wรคhrend Ihr Rentenantrag lรคuft, mรผssen Sie sich zwingend bereit erklรคren, eine neue Arbeit zu suchen. Sie mรผssen mitteilen, dass Sie bereit sind, eine leidensgerechte Arbeit in Vollzeit anzunehmen.

Die Nahtlosigkeitsregelung

Es gilt die sogenannte Nahtlosigkeitsregelung. Bis die Rentenversicherung keine volle Erwerbsminderung festgestellt hat, und wenn das Krankengeld ausgelaufen ist, sollen Sie nicht ohne finanzielle Absicherung dastehen.

Worauf sollten Sie achten?

Sie sollten der Agentur fรผr Arbeit also sagen, dass Sie zu einer leidensgerechten Tรคtigkeit in Vollzeit bereits sind. Der Rentenversicherung gegenรผber geben Sie aber an, nur noch weniger als drei Stunden pro Tag arbeiten zu kรถnnen (volle Erwerbsminderung).

Wie lange gilt das Arbeitslosengeld?

Nehmen wir an, Sie sind zu Beginn der Krankschreibung 61 Jahre alt gewesen. Da Sie mindestens vier Jahre in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben und รคlter sind als 58 Jahre, kรถnnen Sie bis zu zwei Jahre Arbeitslosengeld beziehen. Eineinhalb Jahre vergingen mit Lohnfortzahlung und Krankengeld. Zu Beginn des Arbeitslosengeldes sind Sie also 62,5 Jahre alt. Sie kรถnnten bis zum Alter von 64,5 Jahren Arbeitslosengeld beziehen.

Keine vorzeitige Rente mit Abschlรคgen

Die Agentur fรผr Arbeit darf keinen Druck auf Sie ausรผben, damit Sie eine vorzeitige Altersrente fรผr langjรคhrig Versicherte mit Abschlรคgen beantragen, wรคhrend Sie Arbeitslosengeld beziehen kรถnnten. Sie sollten das auch auf keinen Fall tun. Beim Arbeitslosengeld flieรŸen nรคmlich Beitrรคge in die Rentenversicherung, es erhรถht also Ihre Rente. Die vorzeitige Rente kostet Sie im Gegenteil pro Monat 0,3 Prozent Abschlรคge.

Die Rente rรผckt nรคher

Wenn das Arbeitslosengeld auslรคuft, sind Sie also 64 Jahre und sechs Monate alt. Die Regelaltersgrenze liegt in Ihrem Jahrgang bei 66 Jahren und zehn Monaten. Nehmen wir an, die 35 Jahre Wartezeit fรผr eine Altersrente fรผr langjรคhrig Versicherte hatten Sie bereits vor der Krankheit erreicht.

Mit dieser Rente dรผrfen Sie bis zu vier Jahre frรผher in den Ruhestand gehen, mรผssen dafรผr aber Abschlรคge leisten. Sie kรถnnten also mit 62 Jahren und zehn Monaten die Altersrente antreten, mรผssten dafรผr aber ein monatliches Minus von 14,4 Prozent in Kauf nehmen (0,3 Prozent pro Monat).

Durch den Bezug des Arbeitslosengeldes haben Sie jetzt zwei Jahre รผberbrรผckt. Wenn Sie nach Auslaufen des Arbeitslosengeldes in die vorzeitige Rente gehen, mรผssen Sie nur noch 7,2 Prozent Abschlรคge leisten und haben dafรผr sogar noch zwei Jahre eingezahlt.