Krankengeld: Die Krankengeldfalle – Das sollte man auf keinen Fall tun

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Die Krankengeldfalle beschreibt eine Situation, in der Versicherte aufgrund von Formalitäten oder Fristen ihren Anspruch auf Krankengeld verlieren. Dabei handelt es sich oft nicht um Fehler oder Versäumnisse der Betroffenen, sondern um strikte Regelungen, die unflexibel umgesetzt werden. Das kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass Menschen plötzlich ohne Einkommen dastehen – eine erhebliche Belastung, insbesondere in der ohnehin schon schwierigen Situation.

Wie funktioniert die Lohnfortzahlung und das Krankengeld?

Zunächst zahlt der Arbeitgeber im Krankheitsfall bis zu sechs Wochen das reguläre Gehalt weiter. Sollte die Krankheit darüber hinaus andauern, übernimmt die gesetzliche Krankenkasse und zahlt Krankengeld. Dieses beträgt in der Regel 70 % des Bruttogehalts, maximal jedoch 90 % des Nettogehalts.

Klingt einfach, oder? Doch hier lauern Stolpersteine: Versicherte müssen strikte Fristen einhalten und lückenlose Nachweise erbringen, um Anspruch auf Krankengeld zu haben.

Welche Fristen und Nachweise sind entscheidend?

1. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung rechtzeitig einreichen

Sobald Sie krankgeschrieben sind, müssen Sie die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) innerhalb der ersten Woche nach Beginn der Krankheit an Ihre Krankenkasse senden. Es reicht nicht, die Bescheinigung einfach abzugeben – Sie sollten den Eingang unbedingt nachweisen können, etwa durch ein Einschreiben mit Rückschein.

2. Lückenlose Krankschreibung sicherstellen

Die Arbeitsunfähigkeit muss durchgehend bescheinigt sein. Das bedeutet: Kein Werktag darf ohne gültige Krankschreibung vergehen. Wird eine Folgebescheinigung nicht rechtzeitig eingeholt, entfällt der Anspruch auf Krankengeld.

Beispiele für die Fristenregelung:

  • Sind Sie bis Dienstag krankgeschrieben, benötigen Sie spätestens am Mittwoch eine neue Krankschreibung.
  • Läuft die Krankschreibung bis Freitag, müssen Sie spätestens am Montag eine Folgebescheinigung vorlegen.

Wochenenden sind hierbei ausgenommen. Dennoch gilt: Ärztliche Praxisschließungen oder organisatorische Hindernisse akzeptiert die Krankenkasse nur in Ausnahmefällen, wenn Sie nachweislich alles Zumutbare unternommen haben.

Welche Konsequenzen drohen bei Versäumnissen?

Ein einziger Tag ohne lückenlose Krankschreibung kann weitreichende Folgen haben:

  • Kein Krankengeld: Die Krankenkasse stellt die Zahlungen ein, selbst wenn die Krankheit weiterhin besteht.
  • Arbeitslosigkeit und Bürgergeld-Bezug: Wer während der Krankschreibung arbeitslos wird und den Anspruch auf Krankengeld verliert, wird von der Agentur für Arbeit häufig nicht mehr vermittelt. Stattdessen droht der Übergang in den ALG2-Bezug, was die finanzielle Situation erheblich verschlechtert.

Was tut der Gesetzgeber gegen die Krankengeldfalle?

Das Bundesgesundheitsministerium hat kürzlich einen Gesetzesentwurf vorgelegt, um die Krankengeldfalle zu entschärfen. Ziel ist es, Versicherte besser abzusichern und die Fristenregelungen zu flexibilisieren. Noch ist unklar, wann und in welcher Form die Änderungen in Kraft treten – ein Hoffnungsschimmer bleibt jedoch.

Was können Versicherte jetzt tun, um sich zu schützen?

Bis zu einer gesetzlichen Neuregelung sollten Versicherte besonders achtsam sein und die folgenden Punkte beachten:

  1. Arbeitsunfähigkeit sofort melden: Informieren Sie Ihre Krankenkasse innerhalb der ersten Woche.
  2. Lückenlose Nachweise: Sorgen Sie dafür, dass keine Lücke zwischen den Krankschreibungen entsteht.
  3. Nachweis sichern: Senden Sie alle Unterlagen per Einschreiben, um den Eingang belegen zu können.
  4. Planung bei Praxisschließungen: Rechnen Sie rechtzeitig mit möglichen Engpässen, etwa vor Feiertagen.

Praxisbeispiel: Wie eine kleine Lücke zum großen Problem wurde

Frau Müller, 42 Jahre alt, ist seit mehreren Jahren in einem mittelständischen Unternehmen als Sachbearbeiterin angestellt. Im Herbst erkrankt sie schwer an einer Grippe, die zunächst harmlos erscheint. Doch die Symptome verschlimmern sich, und nach einem Krankenhausaufenthalt diagnostiziert der Arzt eine Lungenentzündung. Frau Müller wird für zunächst vier Wochen krankgeschrieben.

Die Krankengeldphase beginnt

Nach sechs Wochen Lohnfortzahlung durch ihren Arbeitgeber übernimmt die Krankenkasse die Zahlung von Krankengeld. Frau Müller ist darüber informiert und reicht ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU) regelmäßig ein.

Doch dann tritt ein Problem auf: Die Krankschreibung ihrer Ärztin endet an einem Freitag, und Frau Müller fühlt sich zu schwach, um am Montag direkt eine neue AU zu besorgen. Außerdem hat die Praxis montags geschlossen.

Am Dienstag sucht Frau Müller ihren Arzt auf und erhält eine neue Krankschreibung. Sie reicht diese direkt bei der Krankenkasse ein, in der Annahme, dass ein Tag Verzögerung keine großen Folgen haben wird.

Die Krankenkasse stellt die Zahlung ein

Einige Wochen später erhält Frau Müller jedoch einen Brief von ihrer Krankenkasse. Darin steht, dass sie aufgrund der eintägigen Lücke zwischen den Krankschreibungen keinen Anspruch mehr auf Krankengeld hat. Die Zahlung wurde rückwirkend eingestellt.

Frau Müller ist entsetzt. Sie kontaktiert die Krankenkasse und erklärt die Situation: Die geschlossene Praxis und ihr gesundheitlicher Zustand hätten es unmöglich gemacht, die neue Krankschreibung pünktlich zu erhalten. Doch die Krankenkasse bleibt hart. Es sei ihre Verantwortung gewesen, die Kontinuität der Krankschreibung sicherzustellen.

Die Folgen für Frau Müller

Da Frau Müller während ihrer Krankheitsphase von ihrem Arbeitgeber gekündigt wurde, ist sie inzwischen arbeitslos. Ohne Krankengeld wendet sie sich an die Arbeitsagentur. Doch auch hier erhält sie eine schlechte Nachricht: Wegen ihrer Krankheit gilt sie als nicht vermittelbar und wird nicht in die Arbeitslosenversicherung aufgenommen. Stattdessen wird sie auf Hartz IV verwiesen.

Die finanzielle Situation von Frau Müller verschlechtert sich drastisch. Mit den geringeren Leistungen ist es ihr kaum möglich, ihre Fixkosten zu decken. Zudem fühlt sie sich gesundheitlich und psychisch stark belastet.

Was hätte Frau Müller anders machen können?

Dieses Beispiel zeigt, wie schnell eine scheinbar kleine Lücke in der Krankschreibung zu erheblichen Problemen führen kann. Um solche Situationen zu vermeiden, hätte Frau Müller folgende Maßnahmen ergreifen können:

  1. Rechtzeitige Planung: Vor Ablauf der Krankschreibung einen Termin für eine Folgebescheinigung vereinbaren.
  2. Nachweis sichern: Falls die Praxis geschlossen ist, den Versuch dokumentieren, die AU zu erneuern (z. B. durch E-Mails oder Anrufe).
  3. Andere Ärzte aufsuchen: Im Notfall einen anderen Arzt konsultieren, um die Lücke zu schließen.

Reformen in Aussicht

Fälle wie der von Frau Müller sind keine Einzelfälle. Sie zeigen, wie rigide Regelungen Versicherte unverschuldet in Not bringen können. Der Gesetzgeber arbeitet bereits an einer Reform, um die Krankengeldfalle zu entschärfen. Bis dahin bleibt es jedoch entscheidend, die Regeln genau zu kennen und alles Zumutbare zu tun, um den Krankengeldanspruch nicht zu gefährden.