Wer Bürgergeld erhält, muss es in der Regel nicht zurückzahlen. Doch es gibt Ausnahmen – und die betreffen mehr Menschen, als viele denken. Rückforderungen drohen etwa bei falschen Angaben, unerlaubten Reisen oder wenn das Einkommen schwankt. Wir erklären, wann das Jobcenter Leistungen zurückverlangen darf und was Betroffene machen können.
Inhaltsverzeichnis
Müssen Bürgergeld-Empfänger Leistungen zurückzahlen?
Viele Empfänger\:innen befürchten, dass sie bei einem späteren Jobbeginn oder durch Erbschaften bereits erhaltene Leistungen in vollem Umfang zurückzahlen müssen. Diese Sorge ist unbegründet. Wer nachweislich bedürftig war und korrekte Angaben gemacht hat, muss nichts erstatten.
Wichtig: Rückzahlungen kommen nur dann infrage, wenn zu viel Geld gezahlt wurde oder ein Fehlverhalten vorliegt – etwa durch nicht gemeldete Einnahmen oder bewusstes Herbeiführen von Hilfebedürftigkeit.
Auch Kinder können betroffen sein
Kinder, die mit ihren Eltern eine sogenannte Bedarfsgemeinschaft bilden, geraten mitunter selbst ins Visier von Rückforderungen. Das kann passieren, wenn das Jobcenter irrtümlich davon ausgeht, dass der Nachwuchs Leistungen zu Unrecht erhalten hat – etwa nach dem 18. Geburtstag.
Tipp: In solchen Fällen sollten Betroffene rechtzeitig juristischen Rat einholen, um unberechtigte Forderungen abzuwehren.
Was bedeutet „zu viel Bürgergeld erhalten“ konkret?
Das Bürgergeld orientiert sich am monatlichen Bedarf – etwa für Miete, Strom und Lebensunterhalt. Liegt das Einkommen in einem Monat über diesem Bedarf, etwa durch einen unerwarteten Jobbonus oder eine Nachzahlung, gilt dies als Überzahlung.
Dabei wird nicht das gesamte Einkommen angerechnet. Freibeträge, Pauschalen für Versicherungen oder Kosten der Unterkunft beeinflussen die Berechnung.
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Aus welchen Gründen müssen Leistungen zurückgezahlt werden?
1. Schwankendes Einkommen
Wer unregelmäßig verdient, etwa durch wechselnde Einsätze im Minijob oder bei Teilzeit-Arbeit, bekommt meist vorläufig bewilligte Leistungen. Das Jobcenter rechnet hier mit Durchschnittswerten und korrigiert im Nachhinein.
Zuflussprinzip beachten: Einkommen zählt in dem Monat, in dem es auf dem Konto eingeht – nicht, in dem es erwirtschaftet wurde.
Beispiel: Wird das März-Gehalt erst im April ausgezahlt, gilt es für den April. Folge: Eventuell muss für diesen Monat Geld zurückgezahlt werden, obwohl im März kaum Einkommen vorhanden war.
2. Doppelleistungen durch parallele Sozialhilfe
Wenn das Jobcenter einspringt, weil andere Stellen – etwa die Rentenkasse oder das BAföGAmt – verspätet zahlen, kommt es oft zu Überschneidungen. Die Leistungen der anderen Stelle werden später nachgezahlt, aber nicht immer direkt ans Jobcenter überwiesen.
Wichtig: Sobald Sie eine Nachzahlung selbst erhalten, muss das Jobcenter informiert werden. Ansonsten droht eine Rückforderung – oft in einer Summe.
Tipp: Bitten Sie um eine Aufrechnung, also eine schrittweise Verrechnung über mehrere Monate, wenn Sie den Betrag nicht auf einmal zahlen können.
Unerlaubte Ortsabwesenheit
Bürgergeld erhalten Sie nur, wenn Sie am Wohnort für den Arbeitsmarkt verfügbar sind. Wer ohne Zustimmung des Jobcenters verreist – auch nur wenige Tage –, verliert für diesen Zeitraum den Leistungsanspruch.
Die Folge: Das Jobcenter fordert Leistungen zurück – rückwirkend für die Zeit, in der Sie nicht verfügbar waren.
Beantragen Sie eine Ortsabwesenheit also immer schriftlich und im Voraus.
Falsche oder unvollständige Angaben
Ein häufiger Rückzahlungsgrund sind Angaben, die nicht vollständig oder zu spät gemacht wurden. Auch wenn kein Betrugsversuch vorliegt, führt fehlende Transparenz oft zu Rückforderungen.
Typische Fälle:
- Ein Nebenjob wird dem Jobcenter nicht gemeldet.
- Eine dritte Person lebt mit in der Wohnung – ohne Angabe.
- Unterhaltszahlungen bleiben unerwähnt.
- Es besteht Vermögen, das nicht offengelegt wurde.
Informieren Sie das Jobcenter spätestens eine Woche nach Geldeingang oder Veränderung. Verspätungen gelten oft als Täuschung – mit entsprechenden Konsequenzen.
Ersatzansprüche bei herbeigeführter Hilfebedürftigkeit
Die schärfste Form der Rückforderung erfolgt, wenn Betroffene ihre Bedürftigkeit selbst und vorsätzlich verursacht haben. Das betrifft unter anderem Fälle sozialwidrigen Verhaltens.
Beispiele:
- Kündigung ohne wichtigen Grund, nur um Bürgergeld zu erhalten
- Ablehnung eines zumutbaren Jobangebots
- Verkauf von Eigentum unter Wert, um schneller Leistungen zu erhalten
- Mietschulden und daraus folgende Kündigung
- Abbruch einer Ausbildung ohne neue Perspektive
- Aufnahme eines nicht notwendigen Zweitstudiums
- unwirtschaftliche Ausgaben, etwa das Verprassen größerer Geldbeträge
In solchen Fällen kann das Jobcenter nicht nur die Leistungen, sondern auch übernommene Sozialversicherungsbeiträge zurückverlangen.
Wann muss ich Bürgergeld zurückerstatten?
Zusammenfassend ergeben sich Rückzahlungsverpflichtungen in folgenden Fällen:
- Zu viel gezahlte Leistungen durch fehlerhafte Berechnungen oder Änderungen der Einkommenssituation
- Doppelleistungen durch parallele Zahlungen anderer Stellen
- Falsche oder verspätete Angaben, die zu einer zu hohen Auszahlung führten
- Unerlaubte Ortsabwesenheit während des Leistungsbezugs
- Sozialwidriges Verhalten, das zur Hilfebedürftigkeit führte
Die Bagatellgrenze: Kleinvieh macht (nicht immer) Mist
Mit der Einführung des Bürgergeldes wurde eine Bagatellgrenze von 50 Euro eingeführt. Kleinbeträge bis zu dieser Grenze müssen in der Regel nicht zurückgezahlt werden. Das schützt Betroffene vor Rückforderungen wegen kleinster Abweichungen.
Was Sie machen können: Tipps zum Umgang mit Rückforderungen
Wenn Sie eine Rückforderung erhalten, sollten Sie aktiv reagieren:
- Einspruch prüfen: Lassen Sie den Bescheid juristisch prüfen – viele Rückforderungen sind fehlerhaft.
- Aufrechnung beantragen: Fordern Sie die Rückzahlung in Raten statt als Einmalzahlung.
- Ehrlich und früh kommunizieren: Wer Änderungen rechtzeitig meldet, beugt Forderungen vor.
- Juristische Beratung: Insbesondere bei Ersatzansprüchen empfiehlt sich eine anwaltliche Prüfung.