Jobcenter darf pauschal Hartz IV-Satz kürzen

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Jobcenter darf Hartz IV für unter 25-jährige Kinder pauschal mindern
Bei den Eltern im Haushalt zu wohnen, bringt Kostenersparnisse. Daher darf das Jobcenter volljährigen Kindern unter 25 Jahren das Arbeitslosengeld II pauschal um 20 Prozent mindern, wenn sie im Haushalt der Eltern wohnen, entschied das Bundesverfassungsgericht in einem am Mittwoch, 7. September 2016 veröffentlichten Beschluss (Az.: 1 BvR 371/11). Der Gesetzgeber gehe hier zu Recht von einer gemeinsamen Bedarfsgemeinschaft aus, so die Karlsruher Richter. Auch die Anrechnung der Einkommen der Eltern auf die Hartz-IV-Leistung des Kindes sei daher erlaubt.

Nach dem Sozialgesetzbuch II erhalten erwachsene, unter 25 Jahren alte und noch bei den Eltern lebende Kinder nicht den vollen Hartz-IV-Regelsatz für Alleinstehende, sondern nur 80 Prozent davon. Dabei wird angenommen, dass das Kind mit seinen Eltern in einer Bedarfsgemeinschaft lebt und alle „aus einem Topf wirtschaften“. Auch ein Umzug des Kindes in eine eigene Wohnung führt in der Regel nicht zu höherem Arbeitslosengeld II. Erst ab dem 25. Lebensjahr können Kinder den vollen Hartz-IV-Satz beanspruchen, auch wenn sie noch bei den Eltern wohnen.

Vor Gericht war ein unter 25 Jahre alter, aber bereits volljähriger Hartz-IV-Bezieher gezogen, der noch bei seinem Vater lebte. Die damalige Arbeitsgemeinschaft in Weiden-Neustadt im Regierungsbezirk Oberpfalz bewilligte Hartz-IV-Leistungen, minderte diese aber pauschal um 20 Prozent. Die Erwerbsminderungsrente des Vaters rechnete die Behörde zudem teilweise als Einkommen mindernd an. Vater und Sohn würden eine gemeinsame Bedarfsgemeinschaft bilden, so die Begründung.

Der Sohn hielt die pauschale Kürzung und die teilweise Anrechnung der Erwerbsminderungsrente seines Vaters auf seine Hartz-IV-Leistung für verfassungswidrig. Sein Vater sei ihm gegenüber gar nicht unterhaltspflichtig, so der Sohn. Denn dessen Rente liege noch unter dem gesetzlichen Selbstbehalt. Daher dürfe diese auch nicht teilweise als Einkommen mindernd angerechnet werden.

Die Arbeitsgemeinschaft nehme fiktive, an ihn gezahlte Unterhaltsleistungen des Vaters an, die es aber gar nicht gebe. Durch die Hartz-IV-Minderung werde sein menschenwürdiges Existenzminimum nicht mehr gewährleistet. Schließlich rügte der Sohn eine Ungleichbehandlung gegenüber 25 Jahre oder älteren Kindern, die bei den Eltern leben. Diese würden den vollen Hartz-IV-Regelsatz erhalten.

Das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel urteilte am 19. Oktober 2010, dass die Erwerbsunfähigkeitsrente des Vaters als Einkommen berücksichtigt werden konnte und dem Sohn wegen der bestehenden Bedarfsgemeinschaft nur 80 Prozent des Regelsatzes eines alleinstehenden Hartz-IV-Beziehers zusteht (Az.: B 14 AS 51/09 R).

Das Bundesverfassungsgericht wies die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde in seinem Beschluss vom 27. Juli 2016 zurück. Der Gesetzgeber dürfe typisierend unterstellen, dass sich Familienangehörige gegenseitig unterstützen und dass sie in einer gemeinsamen Wohnung auch „aus einem Topf wirtschaften“.

Daher könne auch davon ausgegangen werden, dass unter 25-jährige erwachsene Kinder zusammen mit ihren Eltern eine Bedarfsgemeinschaft bilden. Jedenfalls bei einem Kind bei nur einem Elternteil sei daher eine Minderung um 20 Prozent gerechtfertigt und das menschenwürdige Existenzminimum gewährleistet.

Das Einkommen und Vermögen eines Familienmitglieds dürfe vom Jobcenter auch unabhängig von einem bestehenden Unterhaltsanspruch berücksichtigt werden, so der Erste Senat. Hier habe der Vater über hinreichende Mittel verfügt, seinen Sohn zu unterstützen.

Schließlich habe der Gesetzgeber mit der pauschalen Kürzungsregelung für unter 25-jährige erwachsene Kinder das „legitime Ziel“ verfolgt, die Solidargemeinschaft vor finanziellen Belastungen zu schonen. Die unterschiedliche Behandlung von im Haushalt der Eltern lebenden Kindern unter und ab 25 Jahren sei mit dem Grundgesetz vereinbar, entschied das Bundesverfassungsgericht.

Allerdings dürfe nur jener Hilfebedürftige in eine Bedarfsgemeinschaft einbezogen werden, der auch tatsächlich unterstützt wird, forderten die Karlsruher Richter. Sei dies nachweislich nicht der Fall, müssten die Fachgerichte die Gewährleistung des Existenzminimums prüfen.

Die Entscheidung der Karlsruher Richter bezieht sich nur auf einzelne volljährige Kinder bei einem Elternteil. Auch Paare erhalten nur einen entsprechend geminderten Satz. Zumindest bei solchen Zwei-Personen-Bedarfsgemeinschaften reichten die statistischen Belege dafür aus, dass das Existenzminimum noch gedeckt ist. Ob dies auch für Paare mit volljährigem Kind oder Eltern mit mehreren Kindern gelten würde, ließ das Bundesverfassungsgericht offen. fle/mwo

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