Ist es immer sinnvoll einen Antrag auf Schwerbehinderung zu stellen? Experte antwortet

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Viele Menschen schrecken davor zurück, einen Antrag auf Schwerbehinderung zu stellen. Ein häufiges Argument ist die Sorge, dass dieser Status mit Nachteilen verbunden sein könnte, insbesondere im Berufsleben. Doch ist diese Angst begründet?

Der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt räumt mit Vorurteilen auf und zeigt, warum der Schwerbehindertenstatus nicht nur keine Nachteile, sondern sogar bedeutende Vorteile bieten kann – gerade am Arbeitsplatz.

Dr. Utz Anhalt: Ist der Antrag auf Schwerbehinderung immer sinnvoll?

Muss ich meine Schwerbehinderung im Bewerbungsgespräch angeben?

Nein, die Angabe ist nicht verpflichtend. Menschen mit Schwerbehinderung haben keinen rechtlichen Zwang, ihre Behinderung in Bewerbungen oder Vorstellungsgesprächen anzugeben. Darüber hinaus ist der Arbeitgeber nicht berechtigt, während eines Bewerbungsgesprächs nach einer Behinderung zu fragen. Dieses Recht schützt Bewerbende davor, durch Vorurteile oder Diskriminierung benachteiligt zu werden.

Sollte eine Schwerbehinderung jedoch aktiv in der Bewerbung erwähnt werden, entsteht eine interessante Verpflichtung: Der Arbeitgeber ist gesetzlich dazu verpflichtet, die Bewerberin oder den Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Dieses Verfahren dient dem Schutz vor Diskriminierung und soll sicherstellen, dass Menschen mit Behinderungen eine faire Chance erhalten.

Welche Vorteile bietet der Schwerbehindertenstatus im Berufsleben?

1. Besonderer Kündigungsschutz

Menschen mit Schwerbehinderung genießen einen erweiterten Kündigungsschutz. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber vor einer Kündigung das Integrationsamt einbeziehen und eine Zustimmung einholen muss. Dieses Verfahren erschwert eine unrechtmäßige Kündigung und gibt Beschäftigten zusätzliche Sicherheit.

2. Anspruch auf einen behindertengerechten Arbeitsplatz

Arbeitgeber sind verpflichtet, den Arbeitsplatz so zu gestalten, dass Menschen mit Schwerbehinderung dort ohne Nachteile arbeiten können. Dies kann beispielsweise durch spezielle technische Hilfsmittel, barrierefreie Zugänge oder flexible Arbeitszeiten erfolgen.

3. Zusätzlicher Urlaub

Menschen mit Schwerbehinderung haben Anspruch auf fünf zusätzliche Urlaubstage pro Jahr. Diese zusätzliche Freizeit kann zur Erholung genutzt werden, um den gesundheitlichen Herausforderungen besser gerecht zu werden.

4. Frühere Altersrente ohne Abschläge

Ein weiterer Vorteil ist die Möglichkeit, früher in den Ruhestand zu gehen. Schwerbehinderte Menschen können zwei Jahre früher in Rente gehen, ohne Abschläge hinnehmen zu müssen. Dieser Vorteil gilt ab einem Grad der Behinderung (GdB) von 50.

Was passiert, wenn mein GdB unter 50 liegt?

Auch bei einem Grad der Behinderung von 30 oder 40 gibt es Möglichkeiten, von den Regelungen für Schwerbehinderte zu profitieren. Betroffene können sich rechtlich gleichstellen lassen, sofern sie nachweisen, dass ihre Einschränkungen am Arbeitsplatz vergleichbar sind. Diese Gleichstellung bringt ähnliche Vorteile wie der Status “schwerbehindert” und kann in vielen Fällen eine Erleichterung darstellen.

Zusammenfassung: Warum sich ein Antrag lohnt

Der Schwerbehindertenstatus bietet zahlreiche Vorteile, insbesondere im Berufsleben. Er schützt vor unrechtmäßiger Kündigung, sichert den Zugang zu einem behindertengerechten Arbeitsplatz, gewährt zusätzlichen Urlaub und ermöglicht eine frühere Altersrente. Die oft befürchteten Nachteile – wie Diskriminierung oder Schwierigkeiten bei der Bewerbung – sind rechtlich unbegründet und durch gesetzliche Regelungen weitgehend ausgeschlossen.

Fazit: Ein Antrag auf Schwerbehinderung ist also immer sinnvoll

Die Angst vor einem Antrag auf Schwerbehinderung ist verständlich, aber unbegründet. Wie Dr. Anhalt betont, bringt der Status rechtliche und praktische Vorteile mit sich, die gerade im Berufsleben von großer Bedeutung sind. Es lohnt sich, die eigenen Rechte zu kennen und den Antrag zu stellen, um diese Vorteile zu nutzen.