Bei einer Schwerbehinderung ist es möglich, früher in Rente zu gehen. Darüberhinaus gibt es weitere Vorteile (sog. Nachteilsausgleiche), die schwerbehinderte Rentner in Anspruch nehmen können. Welche das sind, erläutern wir in diesem Beitrag.
Was bedeutet „schwerbehindert“ und wie wird dies festgestellt?
Die Anerkennung als schwerbehindert erfolgt in Deutschland, wenn der Grad der Behinderung (GdB) mindestens 50 beträgt. Der GdB wird vom Versorgungsamt festgestellt und dient als Maßstab für die körperlichen, geistigen oder seelischen Einschränkungen einer Person. Als Nachweis erhalten Betroffene einen Schwerbehindertenausweis.
Der GdB wird in Abstufungen von 20 bis 100 festgelegt. Je höher der Wert, desto schwerwiegender die Einschränkungen und desto umfangreicher die Rechte und Nachteilsausgleiche. Selbst chronische Erkrankungen können als Behinderung anerkannt werden, was den Zugang zu Steuervergünstigungen und anderen Vorteilen eröffnet.
Welche steuerlichen Vorteile bietet der Behinderten-Pauschbetrag?
Einer der wichtigsten Vorteile für Menschen mit Behinderungen ist der sogenannte Behinderten-Pauschbetrag. Dieser Betrag reduziert die zu versteuernden Einkünfte, wodurch Betroffene weniger Steuern zahlen müssen. Die Höhe des Pauschbetrags hängt vom GdB ab:
- GdB 20: 384 € jährlich
- GdB 50: 1.140 € jährlich
- GdB 100: 2.840 € jährlich
Wichtig zu wissen: Dieser Pauschbetrag kann nicht automatisch geltend gemacht werden. Er muss in der Einkommensteuererklärung angegeben werden. Beim ersten Antrag fordert das Finanzamt in der Regel eine Kopie des Schwerbehindertenausweises oder eine Bescheinigung des Versorgungsamtes.
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Welche Voraussetzungen gelten für Rentnerinnen und Rentner?
Für Rentner mit einer Schwerbehinderung gelten spezielle Regelungen. Diese ermöglichen nicht nur den Bezug von Vergünstigungen, sondern auch eine frühere Inanspruchnahme der Altersrente unter bestimmten Voraussetzungen:
Ein Anspruch auf die Altersrente für schwerbehinderte Menschen besteht, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Mindestalter:
- Ab dem 63. Lebensjahr kann die Altersrente für schwerbehinderte Menschen regulär in Anspruch genommen werden.
- Ein frühzeitiger Renteneintritt ab dem 60. Lebensjahr ist möglich, jedoch nur mit Abschlägen.
Hinweis: Die genaue Altersgrenze hängt vom Geburtsjahr der Person ab. Aufgrund der schrittweisen Anhebung des Rentenalters für schwerbehinderte Menschen (im Zuge der Rentenreform) können diese Grenzen variieren. Beispielsweise müssen jüngere Jahrgänge länger arbeiten, um eine abschlagsfreie Rente zu erhalten.
- Anerkannte Schwerbehinderung:
- Ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 ist erforderlich.
- Dieser GdB muss zum Zeitpunkt des Rentenbeginns durch das zuständige Versorgungsamt anerkannt sein.
- Mindestversicherungszeit (Wartezeit):
- Es müssen mindestens 35 Jahre an Versicherungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung nachgewiesen werden.
- Hierzu zählen Zeiten aus sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung, Kindererziehungszeiten, Pflegezeiten sowie Phasen von Arbeitslosigkeit.
Abschläge bei frühzeitigem Rentenbeginn
Wer die Altersrente für schwerbehinderte Menschen vorzeitig (vor dem regulären Rentenalter) in Anspruch nimmt, muss mit Rentenabschlägen rechnen. Diese betragen 0,3 % pro Monat, den die Rente früher in Anspruch genommen wird. Bei einem Renteneintritt drei Jahre vor der regulären Altersgrenze summiert sich der Abschlag auf maximal 10,8 %.
Vorteile für schwerbehinderte Menschen
Die Altersrente für schwerbehinderte Menschen bietet folgende Vorteile:
- Frühere Inanspruchnahme im Vergleich zur Regelaltersrente.
- Möglichkeit der Abschlagsfreiheit, wenn die reguläre Altersgrenze erreicht wird.
- Zusätzliche Entlastungen durch Steuervergünstigungen (z. B. Behinderten-Pauschbetrag).
Tipp: Für eine individuelle Beratung zu den Altersgrenzen und möglichen Abschlägen sollten Sie sich an Ihren Rentenversicherungsträger wenden.
Wie funktioniert die Besteuerung der Rente für schwerbehinderte Menschen?
Auch Rentnerinnen und Rentner müssen Steuern zahlen, jedoch gibt es steuerliche Entlastungen:
- Der zu versteuernde Anteil der Rente hängt vom Jahr des Renteneintritts ab.
- Im Jahr 2024 liegt der steuerfreie Anteil der Rente bei 16 %, was bedeutet, dass 84 % der Bruttojahresrente steuerpflichtig sind. Dieser Anteil bleibt dauerhaft bestehen.
- Nach der Berechnung des steuerpflichtigen Rentenanteils wird der Behinderten-Pauschbetrag abgezogen, was die Steuerlast zusätzlich reduziert.
Diese Regelung führt dazu, dass schwerbehinderte Menschen oft deutlich weniger Steuern zahlen müssen als nicht-behinderte Rentner.
Warum lohnt sich eine Steuererklärung auch für Rentner?
Viele schwerbehinderte Rentner verzichten auf eine Steuererklärung, weil sie davon ausgehen, dass ihre Rente ohnehin nicht steuerpflichtig ist. Doch gerade bei Vorliegen einer Schwerbehinderung kann eine Steuererklärung lohnend sein, da:
- Pauschbeträge und außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden können.
- Der GdB den steuerpflichtigen Anteil der Rente deutlich senken kann.
Das Ergebnis: eine spürbare Reduzierung der Steuerlast.
Welche Vorteile bietet ein Schwerbehindertenausweis?
Der Schwerbehindertenausweis eröffnet vielfältige Möglichkeiten, die finanzielle und soziale Belastung durch eine Behinderung abzumildern. Neben Steuervergünstigungen profitieren Betroffene oft auch von:
Vergünstigungen im öffentlichen Nah- und Fernverkehr
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- Mit dem Schwerbehindertenausweis können viele schwerbehinderte Menschen kostenlos oder vergünstigt im öffentlichen Nahverkehr reisen (z. B. Straßenbahn, Bus, S-Bahn).
- Für den Fernverkehr (Deutsche Bahn) gibt es ermäßigte Tickets oder kostenfreie Mitnahme von Begleitpersonen, wenn im Ausweis das Merkzeichen B (Begleitperson erforderlich) vermerkt ist.
- Gebührenfreie Mitnahme von Hilfsmitteln (z. B. Rollstuhl) im öffentlichen Verkehr.
Ermäßigte Eintrittspreise
- Viele kulturelle Einrichtungen (z. B. Museen, Theater, Zoos) und Freizeiteinrichtungen (z. B. Schwimmbäder, Freizeitparks) bieten ermäßigte Eintrittspreise für schwerbehinderte Menschen.
- Oft können auch Begleitpersonen von der Ermäßigung profitieren, wenn dies durch das Merkzeichen B im Ausweis nachgewiesen wird.
4. Vorteile im Berufsleben (für vorgezogene Altersrente relevant)
- Schwerbehinderte Menschen haben das Recht, früher in Rente zu gehen, ohne die reguläre Altersgrenze zu erreichen. Für die Altersrente für schwerbehinderte Menschen ist ein GdB von mindestens 50 erforderlich.
- Schutz vor Kündigung: Der Schwerbehindertenausweis bietet einen erweiterten Kündigungsschutz im Berufsleben, der bis zum Renteneintritt bestehen bleibt.
- Zusätzliche Urlaubstage: Arbeitnehmer mit einem Schwerbehindertenausweis haben Anspruch auf mindestens fünf zusätzliche Urlaubstage pro Jahr.
5. Vergünstigungen bei der Kfz-Steuer
- Personen mit einem GdB und bestimmten Merkzeichen (z. B. G für Gehbehinderung) können bis zu 100 % Kfz-Steuerbefreiung erhalten oder eine Ermäßigung von 50 % beanspruchen.
- Kostenfreie Nutzung von Behindertenparkplätzen und Sondergenehmigungen für das Parken in ausgewiesenen Bereichen.
6. Vergünstigte oder kostenfreie Mitgliedschaften
- Viele Sportvereine, Fitnessstudios oder andere Organisationen bieten vergünstigte Mitgliedschaften oder Beiträge für schwerbehinderte Menschen.
7. Vergünstigungen bei Wohn- und Pflegekosten
- Einige Gemeinden gewähren schwerbehinderten Rentnern Ermäßigungen bei Wohnnebenkosten (z. B. Grundsteuer, Müllgebühren).
- Pflegehilfsmittel und Zuschüsse zur barrierefreien Umgestaltung der Wohnung sind oft leichter zugänglich.
Ein Schwerbehindertenausweis in Kombination der Rente hat zahlreiche Vorteile
Der Rentenbescheid kombiniert mit dem Schwerbehindertenausweis bringt schwerbehinderten Rentnern sowohl finanzielle Entlastungen als auch praktische Vergünstigungen im Alltag. Besonders die steuerlichen Vorteile und die Möglichkeit, früher in Rente zu gehen, können die Lebensqualität spürbar verbessern. Es lohnt sich daher, die Vorteile des Schwerbehindertenausweises aktiv zu nutzen und entsprechende Anträge bei Behörden oder Arbeitgebern zu stellen.
- Über den Autor
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Carolin-Jana Klose ist seit 2023 Autorin bei Gegen-Hartz.de. Carolin hat Pädagogik und Sportmedizin studiert und ist hauptberuflich in der Gesundheitsprävention und im Reha-Sport für Menschen mit Schwerbehinderungen tätig. Ihre Expertise liegt im Sozialrecht und Gesundheitsprävention. Sie ist aktiv in der Erwerbslosenberatung und Behindertenberatung.