Anders als beim ersten “harten” Lockdown im Frรผhjahr diesen Jahres, bleiben die Jobcenter wie alle anderen Behรถrden geรถffnet. Wie die Erwerbsloseninitiative “Basta” in Berlin meldet, laden die Leistungstrรคger trotz Corona-Beschrรคnkungen Hartz IV Beziehende zu Terminen ein.
So schreibt die Initiative: “Wir haben heute erfahren, dass Jobcenter in Berlin trotz Lockdown weiter Menschen zu Vermittlungsgesprรคchen einladen. Sie schreiben, die groรen Kundenkontaktbรผros und die regelmรครige Belรผftung machen das mรถglich.”
Irena Michel, Geschรคftsfรผhrerin der Agentur fรผr Arbeit Jena sagte: โWir reduzieren alle vermeidbaren persรถnlichen Kontakte, um unsere Kunden und Mitarbeiter bestmรถglich zu schรผtzen. Wir sind aber weiter fรผr unsere Kunden da, nur verlegen wir die Kommunikation jetzt verstรคrkt auf das Telefon oder onlineโ.
Aktuelles Urteil zu Terminen im Jobcenter
Wie das Sozialgericht in Hildesheim aktuell urteilte, weisen Mitglieder einer Corona-Risikogruppe aufgrund des gesundheitlichen Risikos einen gewichtigen Grund vor, nicht zu einem Meldetermin im Jobcenter zu erscheinen, so die Richter (AZ: S 58 AS 4177/20 ER). Bei dem Klรคger mussten die Sanktionen aus diesem Grund wieder zurรผckgenommen werden.
Menschen, die nach bisherigen Erkenntnissen ein hรถheres Risiko fรผr einen schweren Krankheitsverlauf haben
Das Risiko einer schweren Erkrankung steigt laut dem Robert-Koch-Institut (RKI) ab 50 bis 60 Jahren stetig mit dem Alter an. Insbesondere รคltere Menschen kรถnnen, bedingt durch das weniger gut reagierende Immunsystem, nach einer Infektion schwerer erkranken (Immunseneszenz). Da unspezifische Krankheitssymptome wie Fieber die Antwort des Immunsystems auf eine Infektion sind, kรถnnen diese im Alter schwรคcher ausfallen oder fehlen, wodurch Erkrankte dann auch erst spรคter zum Arzt gehen.
Diabetes, Adipositas, Krebs und Rauchen
Auch verschiedene Grunderkrankungen wie z. B. Herzkreislauferkrankungen, Diabetes, Erkrankungen des Atmungssystems, der Leber, der Niere, Krebserkrankungen oder Faktoren wie Adipositas und Rauchen scheinen das Risiko fรผr einen schweren Krankheitsverlauf zu erhรถhen.
Schwangerschaft mit Vorerkrankungen
Auch fรผr Schwangere mit Vorerkrankungen/vorbestehenden Risikofaktoren (Adipositas, chron. Bluthochdruck, vorbestehender Diabetes) ist die Wahrscheinlichkeit fรผr die Aufnahme auf eine Intensivstation und fรผr eine invasive Beatmung erhรถht und nimmt mit steigendem maternalem Alter zu, die Mortalitรคt scheint in der Schwangerschaft jedoch insgesamt nicht erhรถht zu sein.
Bei รคlteren Menschen mit vorbestehenden Grunderkrankungen ist das Risiko fรผr einen schweren Krankheitsverlauf hรถher als wenn nur ein Faktor (Alter oder Grunderkrankung) vorliegt; wenn mehrere Grunderkrankungen vorliegen (Multimorbiditรคt) ist das Risiko hรถher als bei nur einer Grunderkrankung.
Patienten mit unterdrรผcktem Immunsystem
Fรผr Patienten mit unterdrรผcktem Immunsystem (z.B. aufgrund einer Erkrankung, die mit einer Immunschwรคche einhergeht, oder wegen Einnahme von Medikamenten, die die Immunabwehr unterdrรผcken, wie z.B. Cortison) besteht ein hรถheres Risiko. Die verschiedenen vorgenannten Einflรผsse und deren Kombinationsmรถglichkeiten machen die Komplexitรคt einer Risiko-Einschรคtzung deutlich. Daher ist eine generelle Festlegung zur Einstufung in eine Risikogruppe nicht mรถglich. Vielmehr erfordert dies eine individuelle Risikofaktoren-Bewertung, im Sinne einer (arbeits-)medizinischen Begutachtung.
Bescheinigung vom Hausarzt
Um Termine im Jobcenter zu vermeiden und keine Sanktionen zu erleiden, empfielt es sich, bei dem Hausarzt eine Bestรคtigung einzuholen, um diese dem Jobcenter vorzulegen. Zusรคtzlich sollten Betroffene auf das zitierte Urteil verweisen.