Hartz IV: Deutliche Zunahme der Beschwerden gegenüber Jobcentern

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Mit dem Bürgergeld soll es nach Ansicht der Bundesregierung alles besser werden. Doch die Beschwerden gegenüber den Jobcentern nehmen deutlich zu.

Erst kürzlich zeigte eine Umfragestudie, dass die Behörden für Hartz-IV-Leistungsbeziehende kaum oder nicht erreichbar sind. Immer mehr Hilfesuchende wenden sich deshalb in ihrer Not an die Wohlfahrtsverbände.

Keine Erreichbarkeit der Jobcenter

Immer häufiger wenden sich Leistungsbeziehende an die Wohlfahrtsverbände, weil sie bei den zuständigen Jobcenter niemanden erreichen. Aus diesem Grund bekämen die Betroffenen verspätet oder keine zustehenden Leistungen. Die Diakonie in Sachsen fordert nunmehr die zuständigen Stellen dazu auf, dem Problem aktiv gegenzusteuern.

Dietrich Bauer, Vorstandsvorsitzender der Diakonie Sachsen, berichtet, dass die Beratungsgespräche über die Probleme mit Jobcentern in den freien Wohlfahrtsverbänden in den letzten Monaten deutlich zugenommen haben.

Eine Befragung unter 1.000 Mitarbeitern der Wohlfahrtsverbände zeigte, dass sich Antragsteller häufig allein gelassen fühlen, weil die Jobcenter Leistungen verspätet oder überhaupt nicht bewilligen.

Beratungspflicht der Jobcenter werden nicht eingehalten

Der Beratungspflicht würden die Jobcenter nicht gerecht. Den Antragstellern fehlen oftmals wichtige Informationen, die für die Antragstellung allerdings dringend notwendig sind.

Immer wieder berichten laut Bauer Betroffene davon, dass zugesandte Unterlagen verspätet ankämen oder in den Jobcentern verloren gingen. Sachsens Diakonie Chef fordert eine schnelle Klärung, damit die Menschen nicht allein gelassen werden.

Bundesagentur sieht keine Probleme

Frank Vollgold von der sächsischen Regionaldirektion der Bundesarbeitsagentur zeigte sich hingegen überrascht von den Beschwerden. Die Jobcenter würden seiner Ansicht nach “menschennah und engagiert” arbeiten. Dennoch wolle er die Kritik der Wohlfahrtsverbände ernst nehmen und das Gespräch mit ihnen suchen.

Kaum persönliche Beratungsmöglichkeiten

Im Verlauf der Studie gaben acht Prozent der Befragten an, dass eine persönliche Beratung selbst mit einem Termin in der Behörde nicht möglich sei.

31 Prozent sagten, dass es in dem zuständigen Jobcenter keine frei zugängliche Eingangszone gäbe. Somit sei beispielsweise die persönliche Abgabe mit einer Empfangsbestätigung von geforderten Unterlagen nicht möglich.

28 Prozent sagten, dass das zuständige Jobcenter überhaupt keine regulären Öffnungszeiten habe.

Nur 10 Prozent der Jobcenter sind zugänglich

Nur knapp 10 Prozent (9,8) gaben an, dass es keinerlei Einschränkungen bei ihrem Jobcenter gäbe und sie die Behörde immer erreichen könnten.

Problemlagen verschärfen sich

64 Prozent sagten, dass sich ihre persönlichen Probleme immer wieder verschärfen würden, da eine zeitnahe Klärung mit dem Leistungsträger nicht möglich sei. Dadurch komme es immer wieder auch zu einem verspäteten Bezug von zustehenden Hartz-IV-Leistungen.

60 Prozent sagten, dass gesendete oder eingeworfene Unterlagen das Jobcenter oder die Arbeitsagentur nicht oder erst verspätet erreichen. Dadurch seien Fristen immer wieder nicht einhaltbar und erschweren die Zusammenarbeit mit der Behörde.

Eine drohende Obdachlosigkeit oder gar anhaltende Wohnungslosigkeit wurde bei 37 Prozent als Folge der Nichterreichbarkeit angegeben.

Beratungsangebote sollten nicht den Corona-Regeln zum Opfer fallen

Diana Lehmann, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion Thüringen, kritisiert die geringe Erreichbarkeit der Jobcenter nach Aufhebung der strengen Corona-Regeln.

“So wichtig natürlich Schutzmaßnahmen in dem Bereich sind, gibt es natürlich mildere Mittel als zum Beispiel Schließung von Beratungsangeboten”, sagte Lehmann gegenüber dem MDR.

Der Zugang zu den Beratungsangeboten sei für Hartz-IV-Antragstellende “unglaublich wichtig”. Die Beratungen seien schließlich die Voraussetzung dafür, dass die Berechtigten die zustehenden Leistungen auch erhalten.

Jobcenter fordern Verschiebung der Bürgergeld-Reform

Im Zuge der Einführung des Bürgergelds fordern die Personalräte der Jobcenter eine teilweise Verschiebung der Reform. Die Behörden seien derzeit aufgrund der Fülle von Anträgen überlastet. In Berlin muss sogar eine Behörde wegen Überlastung schließen.

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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