Falschberatung bei der Rente: Rentner hat Anrecht auf hohen Schadensersatz

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Was passiert, wenn eine Behörde nicht alle relevanten Informationen bereitstellt und dadurch ein Bürger Nachteile bei der Rente erleidet? Genau diese Frage hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Grundsatzurteil beantwortet.

Warum ist eine umfassende Information durch Behörden so wichtig?

Der Kläger, ein Mann mit einem Grad der Behinderung von 100, war aufgrund seiner gesundheitlichen Situation nicht in der Lage, seinen Lebensunterhalt eigenständig zu bestreiten.

Er erhielt daher Grundsicherung vom zuständigen Landratsamt. Was ihm jedoch nicht mitgeteilt wurde, war die Möglichkeit, zusätzlich eine Erwerbsminderungsrente zu beantragen, auf die er bereits Anspruch gehabt hätte.

Dieser Informationsmangel führte dazu, dass dem Kläger über Jahre hinweg eine erhebliche Summe Geld entging.

Erst eine neue Sachbearbeiterin machte ihn auf diese Möglichkeit aufmerksam – viel zu spät, wie sich herausstellte.

Die Frage, die sich hier stellt, lautet: Ist das Landratsamt verpflichtet, von sich aus über alle möglichen Ansprüche zu informieren, auch wenn diese in die Zuständigkeit einer anderen Behörde fallen?

Was sagt das Urteil des Bundesgerichtshofs?

Der Bundesgerichtshof hat in diesem Fall ein klares Signal gesetzt: Eine Behörde darf nicht davon ausgehen, dass die Bürgerinnen und Bürger alle möglichen Leistungen und ihre Voraussetzungen kennen.

Insbesondere im Bereich des Sozialrechts, das zunehmend komplexer wird, muss die Behörde aktiv aufklären.

Das Gericht stellte fest, dass es nicht ausreicht, nur auf konkrete Fragen und Anträge der Bürger zu reagieren.

Vielmehr muss die Behörde proaktiv über mögliche Ansprüche informieren, selbst wenn diese in die Zuständigkeit einer anderen Behörde fallen.

Der BGH argumentierte, dass die Informationspflicht der Behörden besonders wichtig ist, um sicherzustellen, dass Bürger nicht durch Unwissenheit benachteiligt werden.

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Welche Konsequenzen hat dieses Urteil für die Bürger?

Das Urteil des Bundesgerichtshofs stärkt die Rechte der Bürgerinnen und Bürger erheblich. Das Gericht betonte, dass Behörden eine umfassende Aufklärungspflicht haben.

Wenn eine Behörde diese Pflicht verletzt und dem Anspruchsberechtigten dadurch ein finanzieller Schaden entsteht, kann dieser Schadensersatz verlangen. Im vorliegenden Fall führte die verspätete Information des Klägers zu einem Verlust von mehr als 50.000 Euro, was das Gericht als erheblichen Schaden anerkannte.

Für alle Bürgerinnen und Bürger bedeutet dies, dass sie sich nicht einfach mit der Aussage „Wir sind dafür nicht zuständig“ abwimmeln lassen müssen.

Wenn eine Behörde ihre Informationspflicht vernachlässigt, haben Betroffene das Recht, dagegen vorzugehen und möglicherweise auch finanzielle Entschädigung zu erhalten.

Was sollten Betroffene jetzt tun?

Wer in einer ähnlichen Situation ist und den Verdacht hat, nicht ausreichend von einer Behörde informiert worden zu sein, sollte dringend rechtlichen Rat einholen.

Man sollte daher alle Ansprüche prüfen, die eventuell in Frage kommen, und sicherzustellen, dass keine Leistung übersehen wurde. Die Entscheidung des BGH zeigt, dass es sich lohnen kann, für seine Rechte zu kämpfen.

Was sagt Sozialexperte Dr. Utz Anhalt dazu?

Höhe des Schadensersatzes muss nun vom Oberlandesgericht entschieden werden

Der Bundesgerichtshof verwies den Fall nun zurück an das Oberlandesgericht, aber lediglich, damit dieses die Höhe des Schadensersatzes bestimmt. Der Grundsatz ist aber klar: Es besteht eine Beratungspflicht, und das Recht auf Schadensersatz, wenn diese Beratung zu spät erfolgt. (Az: (III ZR 466/16)