Viele Versicherte fragen sich, ob sie nach einer Erwerbsminderungsrente plötzlich schlechter dastehen, wenn sie in eine Altersrente wechseln.
Die gute Nachricht: Sie müssen keine finanziellen Einbußen befürchten. Ein spezieller Bestandsschutz verhindert, dass Ihre Altersrente geringer ausfällt als zuvor die Leistung bei Erwerbsminderung.
Dennoch taucht hin und wieder der Vorwurf eines „Rentenbetrugs“ auf. Ist die EM-Rente tatsächlich ein Betrug?
Was bedeutet der Wechsel zur Altersrente?
Der Wechsel erfolgt automatisch, wenn Ihre Erwerbsminderungsrente ausläuft und Sie das passende Alter für die jeweilige Altersrente erreichen. Einige Personen planen diesen Schritt auch vor dem regulären Rentenalter, zum Beispiel, wenn sie einen Schwerbehindertenausweis besitzen. In solchen Fällen kann die Altersrente mit Abschlägen sogar schon vor dem 63. Lebensjahr beginnen.
Wer beispielsweise aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen nur noch weniger als drei Stunden am Tag arbeitsfähig war, erhielt eine volle Erwerbsminderungsrente. Sobald die Altersrente beginnt, fallen die strengen Beschränkungen weg. Dies löst gelegentlich Verwunderung aus: „Wieso durfte ich vorher kaum arbeiten und jetzt plötzlich wieder voll?“
Darauf basiert die Ansicht einiger Kritiker, es könne sich um eine Art „Missbrauch“ handeln. Tatsächlich steckt dahinter jedoch ein klares Rentenrecht, das unterschiedliche Ziele verfolgt.
Warum sprechen manche von „Rentenbetrug“?
Dieser Ausdruck entsteht meist aus folgendem Szenario:
Jemand bezieht eine volle Erwerbsminderungsrente, arbeitet also höchstens wenige Stunden pro Tag. Dann wechselt er vorzeitig in die Altersrente, weil ihm das als schwerbehinderter Mensch erlaubt ist. Anschließend nimmt er eine Vollzeitstelle an, ohne dass die Altersrente gekürzt wird.
Dadurch sehen Außenstehende manchmal eine Unstimmigkeit: „Vorher galt er als zu krank für mehr als drei Stunden Arbeit. Jetzt arbeitet er plötzlich 30 oder 40 Stunden pro Woche.“ Medizinisch mag das merkwürdig erscheinen. Rechtlich ist es jedoch zulässig, wenn die gesundheitlichen Einschränkungen offiziell nicht mehr vorliegen oder die entsprechende Rentenart ohnehin aus Altersgründen gezahlt wird.
Viele Rentenexperten betonen aber, dass solche Fälle selten vorkommen. Wer wirklich dauerhaft erwerbsgemindert ist, kann den Arbeitsumfang nicht plötzlich steigern. Es existieren jedoch Einzelfälle, in denen sich der Gesundheitszustand verbessert oder die ursprüngliche Diagnose sich als nicht mehr aktuell erweist.
Bestandsschutz: Warum Sie keine Einbußen haben
Eine wichtige Regelung bewahrt Sie vor finanzieller Schlechterstellung. Dieser „Bestandsschutz“ (häufig im Sozialgesetzbuch VI verankert) verhindert, dass Ihre Altersrente geringer ausfällt als die vorherige Erwerbsminderungsrente, sofern zwischen dem Ende der Erwerbsminderungsrente und dem Beginn der Altersrente weniger als 24 Monate liegen.
Daraus ergibt sich ein klarer Vorteil für alle Betroffenen:
- Keine Rentenkürzung: Wer nahtlos in die Altersrente wechselt, bekommt mindestens genauso viel Geld wie zuvor.
- Gilt auch bei vorgezogener Rente: Selbst, wenn Sie schon ab 62 oder 63 in die Altersrente für schwerbehinderte Menschen wechseln, erhalten Sie weiterhin mindestens dieselbe Leistung.
Dieser Schutzmechanismus wurde eingeführt, weil Menschen mit einer Erwerbsminderung oft lange aus dem Berufsleben ausscheiden. Sie sollen nicht durch den späteren Altersrentenbezug schlechter dastehen.
Zurechnungszeit: Warum die Erwerbsminderungsrente oft höher erscheint
Die Erwerbsminderungsrente berücksichtigt eine sogenannte Zurechnungszeit. Das bedeutet, die Rentenversicherung „tut so“, als ob Sie bis zu einem bestimmten Alter Beiträge gezahlt hätten. Auf diese Weise wird Ihr Einkommen im Rentenalter hochgerechnet, weil Sie unverschuldet nicht mehr arbeiten konnten.
Ohne diese Hochrechnung wäre Ihre Rente wahrscheinlich niedriger, da Ihnen Beitragsjahre fehlen. Dank der Zurechnungszeit fällt die Erwerbsminderungsrente häufig besser aus als eine ungeförderte Altersrente, die nur auf tatsächlich gezahlten Beiträgen beruht.
Sobald Sie jedoch in die Altersrente wechseln, liegt der tatsächliche Rentenbetrag normalerweise unter dem Niveau der einst simulierten Einzahlungen. Genau deshalb greift der Bestandsschutz. So stellt der Gesetzgeber sicher, dass niemand weniger bekommt als zuvor.
Hinzuverdienst: Grenzen in der Erwerbsminderungsrente und Freiheiten in der Altersrente
Während der Erwerbsminderungsrente gelten enge Vorgaben zum Hinzuverdienst. Wer nur eingeschränkt arbeitsfähig ist, darf höchstens wenige Stunden täglich beschäftigt sein, sonst droht der Verlust der Rentenansprüche. Zudem gibt es eine jährliche Zuverdienstgrenze (aktuell über 19.000 Euro), die bei voller Erwerbsminderung nicht überschritten werden darf.
Beim Wechsel in die Altersrente, ob regulär oder vorzeitig, entfällt diese starre Grenze. Seit einigen Jahren besteht keine Beschränkung mehr für den Hinzuverdienst in Altersrenten. Sie können mehr als drei Stunden arbeiten und unbegrenzt dazuverdienen.
Viele Rentenberatungsstellen verweisen jedoch auf folgende Punkte:
- Gesundheitliche Realitäten: Wer medizinisch wirklich stark eingeschränkt ist, kann selten sofort wieder voll arbeiten.
- Steuerliche Konsequenzen: Höhere Einnahmen führen zu einer stärkeren Steuerbelastung.
- Beitragszeiten im Alter: Weiterarbeit führt eventuell zu einem späteren Zuschlag auf die Rente.
In der Praxis ist es also selten, dass jemand nach einer langen Phase der Erwerbsminderung gleich in Vollzeit zurückkehrt. Gesetzlich wäre es jedoch nicht verboten.
Steuerliche Aspekte und andere Verpflichtungen
Vergessen Sie nicht: Ein höheres Einkommen aus Rente und Job kann Ihre Steuerlast erhöhen. Auch die Kranken- und Pflegeversicherung erhebt Beiträge auf die Rente. Daher empfiehlt es sich, frühzeitig eine Rentenberatungsstelle oder Steuerfachleute zu kontaktieren, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden.
Zudem sollten Sie Ihren Gesundheitszustand objektiv einschätzen. Die Altersrente setzt zwar keine medizinische Prüfung mehr voraus. Doch wenn Sie etwa die Schwerbehindertenrente beanspruchen, gelten bestimmte Nachweispflichten gegenüber den Behörden.