Dieter Althaus: Grundeinkommen statt Hartz IV?

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Bürgergeld anstatt Hartz IV: Der Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) aus Thüringen forderte erneut: 800 Euro Bedingungsloses Grundeinkommen für jeden Menschen. Doch hebt das von Dieter Althaus geforderte "Bedingungslose Grundeinkommen" die sozialen Ungerechtigkeiten in unserer Gesellschaft auf?

Nachdem der Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) sich den Arbeitsdienst für Hartz IV Empfänger herbei sehnt und dabei Vorurteile gegenüber Menschen, die vom Arbeitslosengeld II abhängig sind schürrt, möchte Dieter Althaus lieber ein Grundeinkommen für alle schaffen. Hauptambition von Dieter Althaus sei es, "Vertrauen und Anreize" zu schaffen, anstatt (Zwangs-) Arbeitsdienste für Hartz IV Empfänger einzuführen. Gegenüber dem Fernsehsender "N-TV" sagte Althaus: Der Erfolg des Arbeitszwangs hat sich beim Thema Erntehelfer gezeigt – ich bin skeptisch.[…] Die Menschen sind nicht faul. Unser Menschenbild ist gefragt. Wir vertrauen auf die Menschen, wir glauben, dass es eine Bereitschaft gibt, etwas zu leisten."

Konkret forderte Althaus, dass jeder Mensch, unabhängig ob dieser eine Arbeitsstelle hat oder nicht, 800 Euro Bürgergeld erhält. Eine Vergütung, die man darüber hinaus vom Arbeitgeber erhält, müsse nach Ansicht des CDU Politikers, mit einem sehr hohen Steuersatz belegt werden. Sein Plan sieht vor, 50 Prozent vom Brutto Lohn Steuerlich gelten zu machen. Für jedes Kind sollen nochmals 500 Euro Grundeinkommen bezahlt werden. Auch ein flexibel gestaltete Lösung sieht der Althaus- Plan vor; Wenn jemand nur 400 Euro Grundeinkommen bezieht, so muss dieser nur 25 Prozent Steuern vom Brutto- Lohn bezahlen. Diese Vergünstigung betrifft vorallem Besserverdiener.

Kritiker zweifeln jedoch an dem sozialen Engagement. Für Spitzenverdiener wäre das Grundeinkommen ein wahrer Geldsegen. Denn der Spitzensteuersatz wäre abgeschafft und der steuerliche Grundfreibetrag um ein vielfaches höher als bisher. Somit wäre der Solidarische Grundgedanke außer Kraft gesetzt, da diese dann einen "normalen Steuersatz" gelten machen können.

800 Euro Grundeinkommen?
Tatsächlich erhalten die Menschen im Grunde genommen nicht 800 Euro Grundeinkommen, sondern nur 600 Euro. Denn von dem "Bedingungslosen Grundeinkommen" sollen nocheinmal 200 Euro für die Krankenkasse geltent gemacht werden. Alle weiteren Ausgaben, wie Wohnungskosten, Schulmaterialen für die Kinder sowie weitere Sonderanschaffungen, müßten dann von den verbliebenen 600 Euro bezahlt werden. Das Wohngeld, Bafög und Krankheitsaufwenungen, die einem Zuschuss bedürfen, wären ebenfalls abgeschafft. Damit liegt das Althaus- Modell des Grundeinkommen auf dem Niveau von Hartz IV.


Grundeinkommen in der ganzen Welt
Die Idee des Grundeinkommens ist nicht nur in Deutschland populär. In Brasilien wurde bereits 2004 staatlich beschlossen, ein Bedingungsloses Grundeinkommen einzuführen. Dabei ist Brasilien der erste Stadt weltweit, der vorsieht, das Grundeinkommen für alle, Schritt für Schritt einzuführen.

Fazit
Im Grundgedanken ist das solidarische Grundeinkommen nicht abzulehnen, da es zumindest eine moralische Kehrtwende der Arbeitsdeffinition herbei führen würde. Sogar Jesus sagte: "Seht euch die Vögel des Himmels an, sie säen nicht, sie ernten nicht, und euer himmlischer Vater ernährt sie doch."

Arbeit muss in dieser Gesellschaft neu deffiniert werden. Die Arbeit in den Familien, ehrenamtliche Arbeit, Hilfe in der Nachbarschaft, die lohnunabhängig verrichtet werden, sollten als gesellschaftlich nutzvolle Arbeit anerkannt werden. Die Zeiten der Vollbeschäftigung werden perspektivisch vorbei sein, da die Arbeit als solches produktiver, da maschinell, verrichtet werden wird. In der Tat ist nämlich das Tempo der Entwicklung der gesellschaftlichen Arbeitsproduktivität in den letzten Jahrzehnten atemberaubend. Auch hat sich das Muster des technischen Fortschritts grundlegend gewandelt: Wurden früher durch Rationalisierung Arbeitskräfte eingespart, infolge extensiven Wachstums gleichzeitig aber auch neue Stellen geschaffen, wodurch die Beschäftigung insgesamt kräftig zunahm, so vollzieht sich der technische Fortschritt heute überwiegend als "jobless growth". Die Überproduktion und der Mehrwert wird auch ohne Vollbeschäftigung erwirtschaftet. Die Folgen sind ein Rückgang der Vollzeitbeschäftigung und ein dramatischer Anstieg der Arbeitslosigkeit. Und das nicht nur in Deutschland.

Das Modell von Althaus würde zwar den Arbeits- Moral- Begriff in Frage stellen, doch die Ungerechtigkeit, von Arm und Reich blieben offensichtlich weiter bestehen- denn es basiert darauf, "wer arbeiten will, der kann." Doch um eine tatsächliche Teilhabe am Reichtum zu haben, muss man auch eine Teilhabe am Wissen erlangen. Das Wissen kann nur erlangt werden, wenn es gleiche Zugangsvorrausetzungen für z.B. Universitäten gibt. Ferner missachtet die Idee des Grundeinkommen, dass Lohnarbeit in der Zukunft nur noch einem geringeren Teil der kapitalistischen Gesellschaft zu gesprochen wird. Dieser Teil kann dann den Konsum "in vollen Zügen" genießen. Der größere Teil der Gesellschaft lebt von dem Grundeinkommen mit seinen 600 Euro. (sm, gr. 29.02.07)