Diese Schulden werden trotz der Privatinsolvenz nicht erlassen

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Die Privatinsolvenz soll redlichen Schuldnerinnen und Schuldnern einen echten Neuanfang ermöglichen. Mit der „Restschuldbefreiung“ werden nach Abschluss des Verfahrens sämtliche vor Verfahrenseröffnung bestehenden Forderungen gegenüber den Insolvenzgläubigern rechtlich nicht mehr durchsetzbar.

Rechtlich bleiben sie zwar als sogenannte unvollkommene Verbindlichkeiten bestehen, doch können Gläubiger daraus keine Zwangsvollstreckung mehr betreiben. Das gilt grundsätzlich sogar für Gläubiger, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben. Die Reichweite dieses Grundsatzes ist in § 301 der Insolvenzordnung (InsO) geregelt.

Gleichzeitig kennt das Gesetz eng begrenzte Ausnahmen. Sie sind in § 302 InsO abschließend aufgeführt und betreffen Konstellationen, in denen der Gesetzgeber die Entschuldung aus Gründen der Gerechtigkeit oder des Sanktionszwecks beschränkt.

Vorsätzliche unerlaubte Handlung

Nicht erfasst von der Restschuldbefreiung sind Forderungen, die auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruhen. Gemeint sind etwa Schadensersatzansprüche, wenn der Schuldner den Schaden absichtlich herbeigeführt hat.

Eine hohe Hürde besteht darin, dass der Gläubiger diesen besonderen Rechtsgrund während des Verfahrens ausdrücklich und mit Tatsachenangaben anmelden muss; unterbleibt diese qualifizierte Anmeldung, fällt die Forderung in die Restschuldbefreiung.

Der Bundesgerichtshof hat bestätigt, dass ein fehlender Hinweis auf den Deliktscharakter bis spätestens zum Schlusstermin nicht mehr nachholbar ist.

Unterhaltsrückstände bei vorsätzlicher Pflichtverletzung

Rückstände aus gesetzlichem Unterhalt bleiben bestehen, wenn der Schuldner seine Unterhaltspflicht vorsätzlich pflichtwidrig nicht erfüllt hat.

Damit will das Gesetz schutzbedürftige Angehörige vor bewusster Pflichtverletzung bewahren. Auch hier gilt: Der Unterhaltsgläubiger muss den entsprechenden Rechtsgrund so anmelden, dass der Schuldner erkennen kann, welches Verhalten ihm vorgeworfen wird.

Steuerschulden aus Steuerstraftaten

Steuerforderungen sind im Regelfall restschuldbefreiungsfähig. Sie werden jedoch nicht erlassen, wenn der Schuldner im Zusammenhang mit diesen Steuern rechtskräftig wegen einer Steuerstraftat nach §§ 370, 373 oder 374 Abgabenordnung verurteilt wurde. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs umfasst die Ausnahme regelmäßig auch steuerliche Nebenleistungen wie Zinsen.

Geldstrafen und gleichgestellte Sanktionen

Geldstrafen sind dem Sanktionscharakter nach nicht entschuldbar. § 302 InsO nimmt deshalb Geldstrafen sowie die in § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO gleichgestellten Zahlungsverpflichtungen von der Restschuldbefreiung aus.

Praktisch geht es um straf- und ordnungsrechtliche Zahlungen mit Buß- oder Strafcharakter, die gerade nicht durch Insolvenz neutralisiert werden sollen.

Zinslose Darlehen zur Deckung der Verfahrenskosten

Ebenfalls unberührt bleiben Verbindlichkeiten aus zinslosen Darlehen, die ausschließlich dazu gewährt wurden, die Kosten des Insolvenzverfahrens zu tragen. Wer solche Kosten über einen Vorschusskredit finanziert, kann sich nach dem Gesetz ihrer Rückzahlung trotz Restschuldbefreiung nicht entziehen.

Weichenstellung: Richtig anmelden, sonst erlassen

Ob eine Forderung tatsächlich „durchrutscht“, entscheidet oft die formale Seite. Ansprüche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung, aus vorsätzlich vorenthaltenem Unterhalt oder aus Steuerstraftaten bleiben nur dann bestehen, wenn der Gläubiger sie unter Angabe dieses besonderen Rechtsgrundes anmeldet und die behaupteten Tatsachen benennt.

Die Pflicht zur qualifizierten Anmeldung ergibt sich aus § 174 Abs. 2 InsO; wird sie versäumt, greift die Restschuldbefreiung trotz Deliktshintergrund.

Was die Restschuldbefreiung ebenfalls nicht löst: Zeitpunkt und Sicherheiten

Die Restschuldbefreiung wirkt nur gegenüber Insolvenzgläubigern, deren Forderungen bereits vor der Verfahrenseröffnung entstanden sind. Neuverbindlichkeiten und Masseverbindlichkeiten, also Schulden, die während oder nach der Eröffnung entstehen, werden durch die Entschuldung nicht erfasst und bleiben voll durchsetzbar.

Unabhängig davon gilt: Dingliche Sicherheiten von Gläubigern, etwa Hypotheken oder Sicherungseigentum, bestehen an den belasteten Gegenständen fort; die Restschuldbefreiung betrifft nur die persönliche Haftung des Schuldners. Die grundlegende Abgrenzung ergibt sich aus dem Wirkungsregime des § 301 InsO.

Praxisrelevante Folgewirkungen

Für all jene Forderungen, die von der Restschuldbefreiung umfasst sind, entfällt die Zwangsdurchsetzbarkeit dauerhaft; es handelt sich juristisch um Naturalobligationen.

Freiwillige Zahlungen sind zwar möglich, aber weder einklag- noch vollstreckbar, und auch eine spätere Aufrechnung ist grundsätzlich versperrt. Das schafft endgültige Entlastung – mit den genannten, eng begrenzten Ausnahmen.

Fazit

Die Privatinsolvenz eröffnet einen breiten Entschuldungsweg, doch nicht jede Verbindlichkeit verschwindet. Vorsätzlich verursachte Schäden, bewusst vorenthaltener Unterhalt und Steuerschulden nach rechtskräftiger Verurteilung wegen Steuerstraftaten bleiben – ebenso wie Geldstrafen und bestimmte verfahrensbezogene Darlehen. Wichtig ist zudem, dass Gläubiger diese Ausnahmetatbestände im Verfahren korrekt kennzeichnen.

Wer eine Privatinsolvenz erwägt oder betroffen ist, sollte diese Stellschrauben kennen, denn sie bestimmen, welche Schulden am Ende tatsächlich fortbestehen.