Diese Bürgergeld-Veränderungen kommen mit der neuen Bundesregierung?

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Kürzungen und Verschärfungen des Bürgergelds waren Thema beim Wahlkampf der Parteien. Viele Betroffene sind daher unsicher, wie es nun mit dem Bürgergeld weitergehen wird. Auslöser für Ängste sind auch Berichte über mögliche Änderungen bei Namen, Sanktionen und Kosten.
Welche konkreten Auswirkungen könnten die diskutierten Pläne auf den Alltag von Leistungsbeziehenden haben?

Könnten schärfere Sanktionen den Leistungsbezug bedrohen?

Kommen jetzt nach den Wahlen strengere Sanktionen? Eine vollständige Streichung der Leistung, so war häufig zu hören, ist angesichts eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts von 2019 eigentlich nicht möglich. Dort wurde dem Existenzminimum ein hoher Stellenwert eingeräumt, um das Recht auf ein menschenwürdiges Leben zu gewährleisten.

Allerdings enthält die Gerichtsentscheidung eine Passage, in der ausnahmsweise ein kompletter Entzug der Leistungen denkbar sein könnte. Vorausgesetzt wäre, dass eine zumutbare, existenzsichernde Beschäftigung ohne triftigen Grund verweigert wird.

Wer also gezielt jeden Job ablehnt und sich auch durch späteres Einlenken nicht kooperativ zeigt, könnte womöglich doch mit drastischen Kürzungen rechnen. Allerdings ist unklar, wie häufig diese Situation in der Praxis überhaupt eintreten würde.

Viele Menschen, die nach Arbeit suchen, finden häufig gar kein konkretes Angebot, das sie ablehnen könnten. Hinzu kommt, dass das Sozialgesetzbuch an mehreren Stellen die Möglichkeit vorsieht, nachträglich zu kooperieren, was Sanktionen wiederum aufheben könnte.

Wird das Bürgergeld gekürzt?

Ein weiterer Streitpunkt ist die Kostenfrage. Im Jahr 2024 belaufen sich die Ausgaben für das Bürgergeld auf rund 50 Milliarden Euro. Während einige Politiker deutlich machen, dass ein menschenwürdiges Existenzminimum sichergestellt bleiben muss, wird von anderer Seite nach Einsparungen im zweistelligen Milliardenbereich gesucht.

In diesem Zusammenhang ist von schärferen Sanktionen, einer Verschärfung der Vermögensprüfung und der Vermittlung hunderttausender Leistungsempfängerinnen und -empfänger in Arbeit die Rede.

Unklar ist jedoch, woher diese Arbeitsplätze kommen sollen. Die fortschreitende Automatisierung und der Einsatz künstlicher Intelligenz haben bereits zu Diskussionen über abnehmende Stellen in vielen Branchen geführt.

Fraglich ist zudem, ob ein Großteil der Kosteneinsparungen tatsächlich durch mehr Sanktionen und strengere Regeln erzielt werden kann. Es ist politisch wie rechtlich nicht einfach durchzusetzen, einer großen Zahl von Menschen vollständig die Mittel zum Lebensunterhalt zu entziehen.

Welche Folgen sind denkbar?

Die möglicherweise härtere Gangart beim Bürgergeld könnte den Druck in den Jobcentern erhöhen. In der Praxis stellt sich daher die Frage, ob fallweise häufiger Sanktionen verhängt werden, um politisch gewünschten Sparzielen näherzukommen. Einige Beobachtende halten dies für realistisch und rechnen mit schärferer Kontrolle der Bewerbungsaktivitäten.

Andere vermuten, dass sich die Bürokratie eher verschieben würde, beispielsweise durch strengere Vorgaben beim Schonvermögen oder bei den Mietkosten.

Eine komplette Streichung des Regelsatzes könnte zwar einzelne Betroffene unter Druck setzen. Doch auch hier dürfte vieles an rechtlichen Vorgaben scheitern. Die Verpflichtung des Staates, jedem Menschen ein menschenwürdiges Existenzminimum zu garantieren, ist eine hohe Hürde.

Die Erfahrung lehrt zudem, dass die von Politikern erhofften Kosteneinsparungen häufig nicht in dem ersehnten Umfang eintreten. Leistungskürzungen werden immer wieder von Gerichten überprüft und sind teilweise nur befristet wirksam oder werden bei nachträglicher Kooperation aufgehoben.

Wird das Bürgergeld am Ende doch unangetastet bleiben?

Obwohl es zahlreiche Vorschläge zum Einsparen gibt, bleibt zweifelhaft, ob große Reformen tatsächlich umgesetzt werden. Wer das Bundesverfassungsgerichtsurteil aufmerksam liest, erkennt, dass eine signifikante Absenkung des Regelsatzes nur schwer mit dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum zu vereinbaren wäre.

Auch wenn aktuell viel über neue Bezeichnungen, strengere Sanktionen und Sparziele gesprochen wird, könnte am Ende die gesellschaftliche Realität die Vorstellungen einiger Politiker einholen.

Dennoch ist die Verunsicherung bei vielen Betroffenen real. Eine Politik, die mit Leistungsentzug oder harten Strafen droht, löst oft Existenzängste aus und schafft nicht unbedingt Vertrauen in das soziale Sicherungssystem.

Gleichzeitig fürchten Befürworter von Reformen, dass die derzeitige Ausgestaltung des Bürgergelds keine ausreichende Motivation für rasche Arbeitsaufnahme biete. Wie so oft dürfte die Wahrheit in der Mitte liegen: Es gibt einen gesetzlich garantierten Schutz, doch es dürfte vermehrt Versuche geben, diesen Schutz durch strengere Vorgaben herauszufordern.

Wie geht es weiter mit dem Bürgergeld?

Noch stehen viele der angesprochenen Reformideen lediglich im Raum. Die politischen Mehrheitsverhältnisse sind nicht eindeutig, und die Umsetzung harter Sanktionen oder spürbarer Kürzungen dürfte auf Widerstände auch bei der SPD stoßen, wenn eine sog. große Koalition gebildet wird. Auch die von manchen ins Spiel gebrachte Namensänderung wird nicht dazu führen, dass sich wesentliches ändern wird. Jedenfalls zum jetzigen Stand der Dinge.