Bundesweit rechtswidrige Hartz IV Bescheide

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Erpressungversuche seitens der Jobcenter anscheinend bundesweit organisiert

19.09.2011

In der vergangenen Woche berichteten wir über rechtswidrige Textbausteine, die das Jobcenter des Landkreises Dahme-Spreewald mittels Hartz IV Bescheide an Arbeitslosengeld II Bezieher versendet. Seit dem haben wir zahlreiche Zuschriften aus ganz Deutschland erhalten. Leser berichteten uns, dass die benannte Textpassage auch bei ihnen in den Bescheiden wortwörtlich auftauchen.

Es handelt sich dabei um folgenden erpresserisch anmutenden Textausschnitt:
[…] „Leistungen werden nur dann weiter gewährt, wenn Sie im Rahmen Ihrer Möglichkeiten alles unternehmen, Ihre Hilfebedürftigkeit zu beenden. Das heißt beispielsweise, dass Sie – sich intensiv um einen existenzsichernden Arbeitsplatz bemühen – sich aktiv an allen Maßnahmen beteiligen, die dieses Ziel unterstützen – Ihren Verpflichtungen aus der Eingliederungsvereinbarung nachkommen, – der Einladungen des Jobcenters folgen.“ […]

Zunächst war die Initiative „Erwerbslosen Forum Deutschland“ davon ausgegangen, dass der faktisch rechtswidrige Textbaustein ein Eigenprodukt des Landkreises Dahme-Spreewald ist. Nun kristallisiert sich heraus, dass die Passagen wohl doch bundesweit benutzt werden und anscheinend durch die Bundesagentur für Arbeit per interner Weisung angeordnet wurden. Der Redaktion „gegen-hartz.de“ liegen mindestens 30 Mails und Briefe von Betroffenen vor, die von eben jenen Passagen in ihren Bescheiden berichten. Alle Leserzuschriften stammen aus unterschiedlichen Bundesländern, Regionen und Städten. Darunter die Länder Bayern, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg.

Warum ist die Androhung höchst rechtswidrig? In zahlreichen Urteilen wurde von Seiten der Sozialgerichte den Leistungsträgern in der Vergangenheit immer wieder auferlegt, präzise Angaben zu möglichen Rechtsfolgen zu machen. Anhand dieser Anschreiben wird aber ein Umgehen jeglicher gesetzlichen Regelungen legitimiert. Denn die Androhungen sind sehr variabel auslegbar und demnach von der Tagesform und dem Willen des Sachbearbeiters abhängig. Wie die Verpflichtungen von Betroffenen zu erfüllen sind, kann einem solchen Bescheid nicht (mehr) entnommen werden. „Wir fordern die Bundesagentur für Arbeit dazu auf, vage und unbestimmte Rechtsbelehrungen zu unterlassen“, sagte Sebastian Bertram der Initiative „gegen-hartz.de“. Denn Fakt ist, ein solcher Hartz IV Bescheid hätte vor einem deutschen Sozialgericht kein Bestand. (sb)

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Bild: Kurt F. Domnik / pixelio.de