Bürgergeld und Mini: So viel bleibt am Ende wirklich übrig

Lesedauer 4 Minuten

Wer Bürgergeld bezieht und einen Minijob annimmt, darf arbeiten – und behält regelmäßig einen spürbaren Teil des Verdienstes. Der häufigste Denkfehler entsteht dort, wo zwei Systeme vermischt werden: Die Minijob-Grenze entscheidet sozialversicherungsrechtlich, ob ein Job als „Minijob“ gilt, sie ist aber keine Grenze, bis zu der das Jobcenter „nichts kürzt“.

Im Bürgergeld zählt der Lohn als Einkommen und wird im Regelfall nach festen Erwerbstätigen-Freibeträgen teilweise angerechnet.

Minijob ist erlaubt, aber nicht „anrechnungsfrei“

Im Bürgergeld gilt: Der Lohn aus dem Minijob ist grundsätzlich Einkommen. Das Jobcenter zieht davon Freibeträge ab, sodass nicht der komplette Betrag die Leistung mindert. Für die praktische Berechnung ist wichtig, wie man die Logik sauber erklärt, ohne Verwirrung zu erzeugen: Die prozentualen Freibetragsstufen richten sich nach dem Bruttoverdienst, der errechnete Freibetrag wird anschließend vom Einkommen abgezogen, das dem Jobcenter nach Lohnabrechnung tatsächlich als „bereinigt“ vorliegt.

In Minijobs entspricht Brutto oft dem Netto, es kann aber Abweichungen geben – zum Beispiel durch Rentenversicherungsbeiträge oder eine individuelle Besteuerung statt Pauschsteuer.

Minijob-Grenze 2025/2026: wichtig für den Jobstatus, nicht als „Bürgergeld-Freigrenze“

Die Minijob-Grenze liegt 2025 bei 556 Euro monatlich und 2026 bei 603 Euro im Monatsdurchschnitt. Das ist relevant, weil es bestimmt, ob ein Beschäftigungsverhältnis als geringfügig gilt und wie Abgaben laufen.

Für das Jobcenter ist entscheidend, welcher Betrag tatsächlich als Einkommen zufließt und welche Freibeträge und Absetzungen im SGB II greifen. Genau deshalb erleben viele die Kürzung als Überraschung, obwohl sie „unter der Minijob-Grenze“ geblieben sind.

So wird angerechnet: Freibeträge, die den Unterschied machen

Die Freibeträge funktionieren stufenweise: 100 Euro bleiben als Grundfreibetrag anrechnungsfrei, darüber hinaus bleiben weitere Teile des Einkommens prozentual frei – zunächst 20 Prozent in der nächsten Stufe, danach 30 Prozent und in höheren Bereichen 10 Prozent.

Der Effekt ist für Betroffene entscheidend: Ein Minijob erhöht das verfügbare Haushaltsbudget in vielen Fällen, aber nicht um den vollen Lohnbetrag, weil ein Teil auf das Bürgergeld angerechnet wird.

Rechenbeispiele: Was bleibt, was wird angerechnet?

Die folgenden Beispiele zeigen den typischen Effekt, wenn man mit den Standard-Freibeträgen rechnet. Sie sind bewusst als Orientierung gedacht, weil sich einzelne Fälle durch Abzüge oder zusätzliche absetzbare Kosten verschieben können.

Monatsverdienst (Brutto) Effekt im Bürgergeld (Freibetrag / Anrechnung)
250€ 130 € bleiben zusätzlich / 120 € werden angerechnet
400€ 160 € bleiben zusätzlich / 240 € werden angerechnet
556 € (Minijob-Grenze 2025) 194,80 € bleiben zusätzlich / 361,20 € werden angerechnet
603 € (Minijob-Grenze 2026) 208,90 € bleiben zusätzlich / 394,10 € werden angerechnet

Wichtig ist die richtige Erwartung: „Zusätzlich bleiben“ bedeutet, dass dieser Betrag im Haushalt verbleibt, während der Rest die Bürgergeld-Leistung in der Regel mindert. Wer seine Fixkosten plant, sollte deshalb nicht mit dem gesamten Minijob-Lohn als „Plus“ rechnen, sondern mit dem Betrag, der nach Freibeträgen übrig bleibt.

Zuflussprinzip: Warum der Zahlungsmonat entscheidend ist

Im Bürgergeld kann der Zeitpunkt der Auszahlung wichtiger sein als der Monat, in dem man gearbeitet hat. Ein typischer Fall: Der Lohn für November wird erst am 2. Dezember überwiesen. Dann zählt er leistungsrechtlich im Dezember.

Das kann dazu führen, dass im Startmonat eines Jobs zunächst noch kein Lohn angerechnet wird, im Folgemonat aber gleich der erste Zufluss die Leistung reduziert – wer das nicht einkalkuliert, erlebt kurzfristig ein Loch im Budget, obwohl die Arbeit „eigentlich“ schon begonnen hat.

Ist Ihr Bürgergeld-Bescheid korrekt?

Lassen Sie Ihren Bescheid kostenlos von Experten prüfen.

Bescheid prüfen

Vorläufige Bewilligung: Der häufigste Auslöser für Rückforderungen

Sobald die Einkommenshöhe noch nicht sicher ist – etwa, weil Stunden schwanken, der Job neu startet oder Zuschläge/Einmalzahlungen möglich sind – arbeitet das Jobcenter oft mit einer vorläufigen Entscheidung. Später, wenn die Abrechnungen vorliegen, wird abschließend festgesetzt. Genau an dieser Stelle entstehen Rückforderungen:

Wurde zunächst mit zu niedrigem Verdienst gerechnet, kann die Endabrechnung ergeben, dass in einzelnen Monaten zu viel Bürgergeld gezahlt wurde, das dann zurückverlangt wird. Umgekehrt sind Nachzahlungen möglich, wenn die Prognose zu hoch war. Der Kernfehler in der Praxis ist selten „fehlende Arbeit“, sondern fehlende oder verspätete Nachweise.

Mehr als 100 Euro absetzen: Wann Nachweise bares Geld wert sind

Viele bleiben gedanklich bei der 100-Euro-Pauschale stehen. In der Praxis kann das zu einer unnötig hohen Anrechnung führen – insbesondere dann, wenn durch den Job spürbare notwendige Ausgaben entstehen. Wer etwa regelmäßig weite Fahrten zur Arbeitsstelle hat oder bestimmte berufsbedingte Kosten tragen muss, sollte prüfen, ob statt der Pauschale höhere tatsächliche Absetzungen in Betracht kommen.

Entscheidend ist hier nicht der Wunsch, sondern der Nachweis: Das Jobcenter arbeitet mit Unterlagen, nicht mit Vermutungen. Wer also merkt, dass der Minijob „auf dem Papier“ weniger bringt als erwartet, sollte nicht sofort resignieren, sondern die eigene Kostenlage strukturiert belegen und eine Korrektur der Berechnung verlangen.

Überschreiten der Minijob-Grenze: Leistung zählt jeden Zufluss, auch wenn der Job „Minijob bleibt“

Es kann vorkommen, dass die Minijob-Grenze in einzelnen Monaten überschritten wird, ohne dass der Jobstatus sofort kippt, weil sozialversicherungsrechtlich mit Jahresbetrachtung und Sonderregeln gearbeitet wird.

Für das Bürgergeld bleibt aber die Grundlogik bestehen: Jeder Zufluss ist Einkommen, das im Zuflussmonat berücksichtigt wird – abzüglich der jeweiligen Freibeträge und zulässigen Absetzungen. Wer also einmalig mehr verdient, sollte damit rechnen, dass genau dieser Monat im Bürgergeld neu berechnet wird.

Rentenversicherung und Steuer im Minijob: Warum „Brutto = Netto“ nicht immer stimmt

Im Minijob besteht grundsätzlich Rentenversicherungspflicht, eine Befreiung ist möglich, muss aber aktiv beantragt werden. Wird nicht befreit, sinkt der Auszahlungsbetrag um den Eigenanteil, was in der Jobcenter-Berechnung sichtbar wird, wenn Netto und Brutto nicht mehr identisch sind. Auch steuerlich gibt es Unterschiede:

Viele Minijobs laufen über eine Pauschsteuer, in anderen Fällen wird individuell nach Steuermerkmalen abgerechnet. Für Betroffene ist das weniger eine Grundsatzfrage als eine praktische: Das Jobcenter rechnet anhand der Lohnabrechnung – und wer Abweichungen nicht erklärt oder belegt, läuft eher in Nachfragen, Verzögerungen oder falsche Anrechnungen.

So vermeidest du die typischen Jobcenter-Probleme: der sichere Ablauf in der Praxis

Wer es sauber halten will, arbeitet konsequent über Dokumente: Der Arbeitsvertrag gehört sofort zum Jobcenter, weil er Beginn, Stundenrahmen und Lohnsatz zeigt; die erste Lohnabrechnung ist der Startpunkt für die tatsächliche Berechnung; jeder Zufluss sollte über den Kontoauszug nachvollziehbar sein.

Wenn der Verdienst schwankt, hilft eine kurze Erläuterung, warum das so ist, damit das Jobcenter nicht mit unrealistischen Pauschalen schätzt. Und wenn ein Bescheid später geändert wird, ist der wichtigste Prüfpunkt, ob zunächst vorläufig bewilligt wurde und ob die abschließende Festsetzung rechnerisch und zeitlich zum tatsächlichen Zufluss passt.

Quellenübersicht

  • Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS): Informationen zu Bürgergeld-Einkommen und Freibeträgen.
  • Gesetze im Internet: SGB II (Einkommen, Absetzungen/Freibeträge, vorläufige Entscheidung), SGB IV (Geringfügigkeit).
  • Minijob-Zentrale: Verdienstgrenzen, Minijob-Systematik, Rentenversicherung im Minijob und Befreiung.
  • Deutsche Rentenversicherung: Grundlagen zur Rentenversicherungspflicht im Minijob und Beitragsbeispiele.
  • Bundesregierung/amtliche Informationen: Entwicklung der Minijob-Grenze im Zusammenhang mit dem Mindestlohn.