Bürgergeld: Grauzone Alkohol – Wann das Jobcenter die Leistungen streicht

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Darf das Jobcenter Ihnen die Leistungen beim Bürgergeld kürzen, weil Sie alkoholisiert zum Gespräch beim Sachbearbeiter erscheinen? So einfach ist das nicht. Worauf es ankommt, das zeigen wir Ihnen in diesem Beitrag.

Die Mitwirkungspflicht

Sie gehen durch den Bezug des Bürgergeldes eine Mitwirkungspflicht gegenüber dem Jobcenter ein. Dies beinhaltet, dem Jobcenter alle nötigen Informationen zu geben und zu Terminen zu kommen, um die Leistungen zu erhalten und die Eingliederung zu unterstützen. Sie verpflichten sich ebenfalls, alles zu tun, um so schnell wie möglich wieder in Erwerbstätigkeit zu gelangen. Die Mitwirkungspflicht zu verletzen, berechtigt das Jobcenter dazu, die Leistungen zu kürzen.

Verletzen Sie die Mitwirkungspflicht, wenn Sie alkoholisiert erscheinen?

Die Frage ist jetzt, ob Sie Ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachkommen, weil Sie alkoholisiert erscheinen? Ein alkoholisiertes Verhalten erschwert eine sachgerechte Betreuung, wenn Sie Aussagen aufgrund des Alkoholeinflusses nicht verstehen. Denn dann wirken Sie nicht in dem vollen Umfang mit, so wie Sie es in nicht alkoholisiertem Umfang könnten.

Ein Regelungsdefizit

Es handelt sich allerdings um eine Grauzone. Es ist zwar eine allgemeine Verhaltensregel, dass man grundsätzlich nicht betrunken oder unter Einfluss von Drogen zu Behörden oder anderen öffentlichen Stellen gehen soll. Spezifische Regelungen für Jobcenter, die dies konkret vorschreiben, gibt es aber nicht. So handelt es sich um eine Ermessenssache.

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Es ist ratsam, nüchtern zum Jobcenter zu gehen

Dies dürfen Sie nicht als Freifahrtschein ansehen, alkoholisiert ins Jobcenter gehen zu können. Es ist in jedem Fall ratsam, nüchtern und damit ansprechbar zu Terminen beim Jobcenter zu erscheinen. Auch wenn es keine konkrete Vorschrift gibt, Ihnen Sanktionen aufzudrücken, weil Sie alkoholisiert sind, so ergeben sich doch Situationen, die Maßnahmen des Jobcenters rechtfertigen.

Was kann bei Alkoholkonsum zu Sanktionen führen?

Dreh- und Angelpunkt ist die Mitwirkungspflicht. Wenn Sie diese verletzen oder durch Eigenschuld beeinträchtigen, dann kann das Jobcenter Sanktionen verhängen. Wenn Sie zum Beispiel durch eine betrunkene Fahrt den Führerschein verlieren, dann verschärft das Ihre Hilfebedürftigkeit und verringert Ihre Chancen auf Arbeitsvermittlung. Sanktionen wären möglich.

Wenn es aufgrund des Alkoholkonsums zu Missverständnissen kommt, zu einem Streit mit Mitarbeitern, oder wenn Sie betrunken den Sachbearbeiter beleidigen, dann sind Sanktionen gerechtfertigt und wahrscheinlich. Können Sie nämlich wegen Ihres Alkoholkonsums dem Gespräch nicht folgen, dann ist der Meldezweck nicht erfüllt, und es handelt sich um ein vergleichbares Meldeversäumnis wie ein Nichterscheinen.

Umgekehrt: Wenn Sie zwar alkoholisiert sind, aber zum Termin kommen und dem Gespräch folgen können, dann sind Sanktionen nicht gerechtfertigt.

Keine Kürzung wegen Alkoholismus

Wenn Sie alkoholkrank sind, dann darf Ihnen das Jobcenter deswegen keine Leistungen kürzen und darf nicht automatisch unterstellen, dass Sie Leistungen zur Deckung des Regelbedarfs für Alkohol zweckentfremden. Das Jobcenter hat vielmehr verschiedene Möglichkeiten, Ihnen als alkohlkrankem Mensch zu helfen, wieder ins Erwerbsleben zu kommen. Dazu gehört unter anderem eine Vermittlung in die Suchthilfe oder die Beratung durch Fachkräfte.

Alkoholismus ist nicht als sozialwidriges Verhalten anzusehen, selbst wenn Sie deshalb finanzielle Probleme haben und Ihre Erwerbsfähigkeit und die Vermittlung in Arbeit darunter leiden. Alkoholkrankheit bedeutet auch keine Verletzung der Mitwirkungspflicht.

Zum Beispiel gibt es in Hessen das Projekt „Vom Jobcenter in die Suchthilfe“ des Suchthilfezentrums Wiesbaden. Berufliche Integration soll hier wieder ermöglicht werden durch eine individuelle Auseinandersetzung mit dem Suchtmittelkonsum und der Suchterkrankung oder durch eine Änderung der Konsumgewohnheiten. Die Angebote reichen von Basisberatung und Vermittlung in weiterführende Hilfemaßnahmen bis zu langfristiger Begleitung und Nachsorge.