Arme Bürgergeld-Bezieher und arme Erwerbstätige

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Das Bürgergeld wird erhöht – von bis zu 502 Euro auf bis zu 563 Euro für Alleinstehende ab Anfang 2024. Das sind 12 Prozent mehr. Sozialverbände kritisieren die Erhöhung als viel zu gering, um das soziokulturelle Existenzminimum zu sichern. CDU- und FDP-Politiker hingegen geißeln selbst diese geringe Erhöhung. Eines ihrer Argumente: Der Abstand zwischen Regelsatz und Löhnen sei zu gering, so dass sich Arbeit nicht mehr lohne.

Die Stimmung ist derzeit aufgeheizt, wenn es um die Erhöhung des Bürgergeldes geht. Auch in unserer Redaktion gehen fast täglich Mails ein. “Eigentlich bin ich für das Bürgergeld. Aber jetzt habe ich weniger Geld, wenn ich arbeite, als jemand, der Bürgergeld bezieht”, schreibt uns zum Beispiel Bernd B.. Schauen wir uns die Realitäten genauer an.

„Wer arbeitet muss mehr Geld haben“

Jens Spahn, der CDU / CSU-Vorsitzende im Bundestag bezeichnete die Erhöhung des Bürgergeldes als „falsches Signal“. Es verletze das Lohnabstandsgebot. Nach diesem Lohnabstandsgebot muss es einen deutlichen Unterschied zwischen Einkommen durch Arbeit und staatlichen Sozialleistungen für Erwerbslose geben.

Auch der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler stellte es so dar, als entsprächen die Sozialleistungen dem Einkommen bei Lohnarbeit. Wer arbeite, müsse mehr Geld haben als derjenige, der nicht arbeite.

Entspricht das Bürgergeld dem Einkommen bei Lohnarbeit?

Der monatliche Durchschnittsverdienst betrug 2022 4.105 Euro. Das ist erheblich mehr als die Gesamtleistungen des Bürgergeldes. Auch eine Erwerbstätigkeit zum Mindestlohn führt in der Regel zu einem deutlich höheren Einkommen als Bürgergeld, abhängig von Arbeitszeit und Haushaltsgröße. Dazu haben Geringverdiener häuig einen gesetzlichen Anspruch auf Kinderzuschlag, aufstockende Bürgergeld-Leistungen oder Wohngeld.

Bürgergeld trotz Arbeit

Viele Geringverdiener sind zudem Aufstocker, die Bürgergeld beziehen, um das auszugleichen, was ihnen trotz Arbeit zum Existenzminimum fehlt.

Die Ungleichheit der Einkommen ist in Deutschland gestiegen, und zwar zu Lasten der Geringverdiener. Die „Working Poor“, also Menschen, die Vollzeit arbeiten und trotzdem Armut erleiden, sind wieder eine deutsche Realität.

Aber: Die Löhne sind tatsächlich zu niedrig

Die Tatsache, dass sehr viele Menschen einer Erwerbstätigkeit nachgehen, aber zusätzlich Bürgergeld und andere Sozialleistungen in Anspruch nehmen müssen, zeigt nicht etwa, dass das Bürgergeld zu hoch ist, sondern im Gegenteil, dass die Löhne zu niedrig sind. 18,7 Prozent der Vollbeschäftigten verdienen nur bis zu 2.500 Euro brutto.

Der DGB hält beispielsweise ein Steuerkonzept zugunsten kleiner und mittlerer Einkommen für eine Perspektive. So schlägt der DGB ein Anheben des Grundfreibetrags auf 14.500 Euro vor bei einem gleichmäßigen Anstieg der Steuerprogression.

Arbeit besser bezahlen

Eine gewerkschaftliche Perspektive sieht vor allem eine Erhöhung und Sicherheit der Löhne vor. Dazu gehören Tariftreuegesetze auf Bundes- und Landesebene. Diese könnten gewährleisten, dass nur die Betriebe öffentliche Aufträge erhalten, die nach Tarif bezahlen. Notwendig wäre auch ein Anheben des Mindestlohns.

Lohnarbeit muss deutlich über dem Existenzminum liegen

Statt also Menschen, die mit Bürgergeld gerade einmal am Existenzminimum leben – wenn überhaupt – noch unter dieses Minimum zu treiben, entsteht Lohnabstand dadurch, dass auch die Mindestlöhne sehr deutlich darüber liegen.

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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