Checkliste Erstantrag auf Hartz IV

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Was zu beachten ist, wenn der Antrag auf das Arbeitslosengeld II (Hartz IV) das erste Mal gestellt wird

31.10.2012

Zu beachten ist, dass Hartz IV Erstantrรคge immer auf den Ersten des laufenden Monats zurรผckwirken. In Einzelfรคllen (Anrechnung von Einkommen, Erbschaft usw.) kann es ratsam sein, mit der Antragstellung noch zu warten, mindestens zum nรคchsten Ersten. Zur Klรคrung z.B. der Wohn- und Vermรถgenssituation kann ein Vorlauf von bis zu einem Jahr angebracht sein.

Der erste Antrag auf Hartz IV
Der (Erst-) Antrag bedarf keinerlei Form und kann auch mรผndlich und auch von einer anderen Person gestellt werden (z.B. bei Krankenhausaufenthalt vom dortigen Sozialen Dienst). Von dem Augenblick an muss Hartz IV gezahlt werden. Es sollte eine Eingangsbestรคtigung verlangt werden oder zumindest ein Ausdruck aus dem โ€žKundenverwaltungsprogrammโ€œ verbis. Darauf besteht ein Rechtsanspruch (Akteneinsicht, auch in die elektronische Akte, und Kopie daraus). Fax mit โ€žqualifiziertem Faxberichtโ€œ oder geeignete Zeugen (mรถglichst mehrere Personen, tunlichst keine Verwandten) mag auch genรผgen. Immer Kopien fรผr die eigenen Unterlagen behalten! In der Folge muss natรผrlich die eigene Identitรคt nachgewiesen werden und auch die Hartz IV-Berechtigung und die Bedรผrftigkeit. Dem dienen u.a. folgende Formulare: Alle Formulare zum ALG II/Sozialgeld (z.T. mit Ausfรผllhilfe und Hinweisen):

Wichtig ist natรผrlich an erster Stelle der โ€žHauptantragโ€œ, aber ggf. auch etliche weitere zutreffende Formulare. Diese Formulare sollten zunรคchst zur Probe ausgefรผllt werden. Damit ist eine Beratungsstelle aufzusuchen, damit mรถgliche Ursachen fรผr Missverstรคndnisse vorab beseitigt werden kรถnnen.

Fachliche Hinweise und Handlungsempfehlungen
Fachliche Hinweise und Handlungsempfehlungen und Geschรคftsanweisungen der BA (HEGA) sind verbindlich fรผr alle Jobcenter in gemeinsamer Trรคgerschaft durch Arbeitsagentur und Kommune (ARGEn). 108 Kommunen fรผhren die Hartz IV-Verwaltung in alleiniger Trรคgerschaft durch. Fรผr sie sind die Fachliche Hinweise und HEGAs nicht verbindlich Dadurch verringert sich hier die Rechtssicherheit, die Hรคrten werden womรถglich noch hรคrter umgesetzt. Im Umfeld gehรถren dazu: Essen, Mรผlheim, Hamm, Solingen, Wuppertal und der Ennepe-Ruhr-Kreis. Eine Liste findet sich hier und die (unverbindliche) Wissensdatenbank der BA hier.

Das sind alles in allem inzwischen mehrere tausend Seiten. Ein normales Verwaltungsstudium reicht hierfรผr nicht aus. Dem Vernehmen nach soll die Renteneintrittsgrenze fรผr Jobcenter-Mitarbeitende demnรคchst auf 70 angehoben werden, damit das alles noch vor Eintritt in die Rente zu schaffen ist. Bis dahin ist eine hohe Fehlerquote angesagt.

Hilfe durch Foren und unabhรคngige Seiten
In die Diskussionsforen besteht in der Regel freie Einsichtnahme. Nach Angabe eines Nicknamens kรถnnen auch anonym Fragen gestellt werden. Dabei ist zu beachten, dass keinerlei persรถnliche Informationen รผbermittelt werden und die Fragen eher allgemein gestellt werden. Diese Foren werden stรคndig von der BA โ€žabgegrastโ€œ. Auch einzelne Jobcenter-Mitarbeitende haben sich ein Hobby daraus gemacht. Das kann zu Nachteilen fรผhren. Zum empfehlen sind:

1. Das "Hartz IV Forum" von gegen-hartz.de
2. Das Forum von Tacheles e.V.
3. Das Erwerbslosen-Forum Deutschland (Elo)
4. Erwerbslos.de, eine gewerkschaftliche Infoseite
5. BAG-Plesa (Politische Seite)

Die aktuellen Mietobergrenzen
Bochum verfรผgt zum Beipsiel nicht รผber ein sog. โ€žschlรผssiges Konzeptโ€œ zur Ermittlung von Mietobergrenzen, unterhalb derer alle Berechtigte รผberhaupt eine Wohnung finden kรถnnen. Darum wรคre entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Tabelle des Wohngeldgesetzes anzuwenden zuzรผglich eines โ€žSicherheitsaufschlagsโ€œ von 10 % (sagt das LSG Essen). Fรผr eineN Single wรคren das in Bochum 363,โ€” Euro โ€žnetto kaltโ€œ zuzรผglich der โ€žkalten Betriebskostenโ€œ (ohne Streit bis zu ca. 197,โ€“ Euro mtl.), die Heizkosten (wie Abschlag und Abrechnung) und die Warmwasserkosten.

Regelbedarfe ab 2013
Ab der ersten Januar 2013 wird der Regelsatz โ€žangehobenโ€œ. Hinzu kommen die Wohnkosten (wie oben) und ggf. Mehrbedarfe (alleinerziehend, behindert โ€ฆ).

Regelbedarfsstufe 1 (ALG II Eckregelsatz Alleinstehender):
382 Euro gleich plus acht Euro

Regelbedarfsstufe 2 (Partner in einer Bedarfsgemeinschaft):
345 Euro gleich plus acht Euro

Regelbedarfsstufe 3 (Volljรคhrige 18 โ€“ 24 jรคhrige in einer Bedarfsgemeinschaft im Haushalt der Eltern oder ohne Zustimmung des SGB II โ€“ Trรคgers Ausgezogene):
306 Euro, plus sieben Euro

Regelbedarfsstufe 4 (Kinder und Jugendliche zwischen 14- und 17 Jahre in einer Bedarfsgemeinschaft): 289 Euro, plus zwei Euro

Regelbedarfsstufe 5 (Sozialgeld fรผr Kinder Sozialgeld fรผr Kinder von 6 bis 13 Jahren): 255 Euro, plus vier Euro

Regelbedarfsstufe 6 (Sozialgeld fรผr Kinder unter 6 Jahre):
224 Euro, plus fรผnf Euro.

Wรคre der Regelsatz von 2005 zumindest an die Inflation seither angepasst worden (beachten: zu rechnen wie โ€žZins von Zinseszinsโ€œ!), so mรผsste der Regelsatz lรคngst in Richtung 500 Euro liegen. Der Regelsatz war aber schon 2005 nicht existenzsichernd und muss daher noch viel hรถher liegen. Aber, so wird gerne gesagt, anderswo gibt es so etwas gar nicht. Nicht nur anderswo gibt es allerdings auch Sklaverei. Und fehlende Demokratie. Ist das eine โ€žEntschuldigungโ€œ? (mit Dank an Norbert Hermann, Sozialberatung Bochum)