Umwandlung von einer Erwerbsminderungsrente in eine Altersrente wegen Schwerbehinderung

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Wer eine Rente wegen Erwerbsminderung bezieht, erlebt irgendwann zwangsläufig einen Wechsel: Die Erwerbsminderungsrente ist im System der gesetzlichen Rentenversicherung nicht als dauerhafte „Rente bis ans Lebensende“ angelegt, sondern als Leistung bis zu dem Zeitpunkt, an dem der reguläre Altersrentenbezug möglich ist. Spätestens dann wird aus der Erwerbsminderungsrente eine Altersrente.

Besonders spannend wird es, wenn zusätzlich eine anerkannte Schwerbehinderung vorliegt. Denn dann kommt eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen in Betracht – häufig früher als die Regelaltersrente. In der Praxis geht es damit nicht nur um einen formalen Wechsel der Rentenart, sondern um Timing, Abschläge, Fristen, Besitzschutz und manchmal auch um die Frage, ob sich ein früherer Wechsel finanziell überhaupt lohnt.

Der automatische Übergang an der Regelaltersgrenze

Rechtlich ist klar geregelt: Der Anspruch auf eine Rente wegen (teilweiser oder voller) Erwerbsminderung besteht nur bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze. An dieser Schwelle endet die Erwerbsminderungsrente, und die Rentenversicherung stellt auf Altersrente um. Dieser Übergang wird in der Praxis regelmäßig „von Amts wegen“ organisiert, damit die Zahlung ohne Unterbrechung weiterläuft.

Für viele Betroffene ist das die beruhigende Nachricht: Es muss nicht zwingend ein neuer Rentenantrag gestellt werden, um nach der Regelaltersgrenze weiterhin Geld zu erhalten. Der Wechsel passiert im Regelfall automatisch – und es soll sichergestellt werden, dass die Altersrente mindestens das Niveau der vorherigen Erwerbsminderungsrente nicht unterschreitet, wenn der Übergang nahtlos erfolgt.

Schwerbehinderung ist nicht Erwerbsminderung – und umgekehrt

Ein häufiger Denkfehler entsteht, weil beide Themen „gesundheitlich“ klingen. Die Erwerbsminderung bewertet vor allem die Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Die Schwerbehinderung ist dagegen ein Status nach dem Schwerbehindertenrecht, der an einen Grad der Behinderung (GdB) geknüpft ist. Für die Altersrente für schwerbehinderte Menschen ist in der Regel ein GdB von mindestens 50 erforderlich, und dieser Status muss zum Rentenbeginn vorliegen.

Das bedeutet auch: Wer eine Erwerbsminderungsrente erhält, ist nicht automatisch schwerbehindert im rechtlichen Sinn. Umgekehrt kann jemand schwerbehindert sein und trotzdem keine Erwerbsminderungsrente bekommen. Für den späteren Wechsel in die Schwerbehinderten-Altersrente zählt allein, ob die Schwerbehinderteneigenschaft rechtzeitig festgestellt ist und ob die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt werden.

Voraussetzungen der Altersrente für schwerbehinderte Menschen

Die Altersrente für schwerbehinderte Menschen ist keine Sonderleistung „nur wegen Behinderung“, sondern eine Altersrente mit besonderen Zugangsmöglichkeiten. Neben dem GdB von mindestens 50 verlangt die Rentenversicherung eine Mindestversicherungszeit, die Wartezeit genannt wird. Für diese Rentenart beträgt sie 35 Jahre.

In diese 35 Jahre fließen nicht nur klassische Beitragszeiten aus Beschäftigung ein, sondern auch andere rentenrechtliche Zeiten, etwa Zeiten der Kindererziehung oder Pflege, Zeiten mit Sozialleistungsbezug und beitragsfreie Zeiten, zu denen bei Erwerbsminderungsrenten auch die Zurechnungszeit zählen kann.

Wichtig für die Praxis: Die Schwerbehinderung muss zum Rentenbeginn gegeben sein. Fällt sie später weg, hat das grundsätzlich keine Auswirkungen auf den bereits entstandenen Rentenanspruch.

Altersgrenzen, Vertrauensschutz und Abschläge

Der Vorteil dieser Rentenart liegt in der möglichen Vorverlegung. Wie früh der Rentenbeginn möglich ist, hängt stark vom Geburtsjahr ab, weil die Altersgrenzen in der Vergangenheit stufenweise angehoben wurden. Für jüngere Jahrgänge ist die Systematik heute übersichtlicher: Wer 1964 oder später geboren ist, kann diese Altersrente regulär mit 65 Jahren erhalten; eine vorzeitige Inanspruchnahme ist ab 62 möglich, dann aber mit Abschlägen.

Diese Abschläge sind dauerhaft. Pro Monat des früheren Rentenbeginns werden 0,3 Prozent abgezogen, maximal sind es 10,8 Prozent. Auch wer später die Regelaltersgrenze erreicht, verliert diesen Abschlag nicht automatisch wieder.

Für ältere Jahrgänge gelten Übergangs- und Vertrauensschutzregelungen, die im Einzelfall dazu führen können, dass die früheren Altersgrenzen (etwa 63 abschlagsfrei oder 60 vorzeitig) ganz oder teilweise erhalten bleiben – das ist jedoch stark vom individuellen Versicherungsverlauf und den Stichtagsvoraussetzungen abhängig.

Was bei der Rentenhöhe passiert: Besitzschutz kann entscheidend sein

Bei einem Wechsel von der Erwerbsminderungsrente in eine Altersrente wird die neue Rente grundsätzlich neu berechnet – allerdings auf Basis desselben Versicherungskontos. In der Praxis entsteht dabei oft die Sorge, die Altersrente könne niedriger ausfallen, weil während des Rentenbezugs keine oder nur geringe Beiträge gezahlt wurden. Genau hier greift häufig der gesetzliche Besitzschutz bei sogenannten Folgerenten.

Der Besitzschutz sorgt vereinfacht dafür, dass bei einem Rentenwechsel innerhalb bestimmter Fristen mindestens die bisherigen „persönlichen Entgeltpunkte“ aus der vorherigen Rente zugrunde gelegt werden.

Beim Übergang von einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit in eine neue Rente ist dabei besonders relevant, dass die Folgerente spätestens innerhalb von 24 Kalendermonaten nach Ende der vorherigen Rente beginnen muss. Wer also plant, aus einer laufenden Erwerbsminderungsrente frühzeitig in eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen zu wechseln, sollte den Beginn so legen, dass keine zeitliche Lücke entsteht – nicht nur wegen der Zahlung, sondern auch wegen des Besitzschutzes.

Hinzuverdienst: Ein Motiv für den frühen Wechsel

Ein Wechsel wird nicht nur wegen des Alters diskutiert, sondern auch wegen der Regeln zum Hinzuverdienst. Bei Erwerbsminderungsrenten gelten weiterhin Hinzuverdienstgrenzen, die je nach Rentenart und individueller Konstellation unterschiedlich ausfallen.

Für 2025 nennt die Rentenversicherung für eine volle Erwerbsminderungsrente eine jährliche Grenze von rund 19.661 Euro; bei teilweiser Erwerbsminderung wird die Grenze individuell berechnet, sie liegt aber mindestens bei rund 39.322 Euro (Stand jeweils 1. Januar 2025). Überschreitungen können zu Kürzungen führen und können außerdem Fragen zur tatsächlichen Leistungsfähigkeit aufwerfen.

Bei vorgezogenen Altersrenten ist die Lage seit Anfang 2023 grundsätzlich anders: Die Hinzuverdienstgrenzen wurden für vorgezogene Altersrenten aufgehoben.

Wer also von der Erwerbsminderungsrente in eine vorgezogene Altersrente – etwa wegen Schwerbehinderung – wechselt, kann dadurch erheblich mehr Gestaltungsspielraum bekommen, wenn weiterhin gearbeitet werden soll oder kann. Ob das sinnvoll ist, hängt allerdings vom Abschlag, vom Gesundheitszustand, vom Arbeitsverhältnis und von der Stabilität der eigenen Erwerbssituation ab.

Antrag, Fristen und der praktische Ablauf

Der entscheidende Unterschied zwischen dem automatischen Übergang an der Regelaltersgrenze und dem früheren Wechsel in eine Schwerbehinderten-Altersrente liegt im Verfahren: Wer vorzeitig wechseln möchte, muss den Rentenbeginn aktiv beantragen.

Dafür stellt die Deutsche Rentenversicherung unter anderem einen verkürzten Umwandlungsantrag bereit (Formular R0110). In der Verwaltungssprache ist das eine „Umwandlung“, in der Lebenswirklichkeit ist es eine bewusste Entscheidung für einen früheren Altersrentenstart.

Damit es nicht zu einer Zahlungslücke kommt, empfiehlt die Rentenversicherung, den Antrag etwa drei Monate vor dem beabsichtigten Rentenbeginn zu stellen.

Daneben spielt auch die gesetzliche Drei-Monats-Frist zum Rentenbeginn eine Rolle: Wird ein Rentenantrag verspätet gestellt, kann die Rente unter Umständen erst mit dem Antragsmonat beginnen. Wer den Wechsel plant, sollte deshalb nicht bis „kurz davor“ warten – besonders dann nicht, wenn der Schwerbehindertenstatus noch nachzuweisen ist oder Unterlagen aus der Kontenklärung fehlen.

Seit Dezember 2025 zusätzlich wichtig: Zuschläge für frühere EM-Renten

Seit Dezember 2025 werden bestimmte Zuschläge für Bestandsrentnerinnen und -rentner bei Erwerbsminderungsrenten anders behandelt als zuvor: Der Zuschlag wird nun nicht mehr separat ausgezahlt, sondern als Bestandteil der Rente integriert.

Relevant ist das auch beim Übergang in eine Altersrente, weil der Zuschlag ausdrücklich auch dann gezahlt werden kann, wenn eine Altersrente unmittelbar an eine Erwerbsminderungsrente anschließt, die in einem bestimmten Zeitraum begonnen hat. Wer hiervon betroffen ist, sollte den „unmittelbaren Anschluss“ bei der Planung des Rentenbeginns besonders ernst nehmen, damit der Anspruch nicht durch vermeidbare Lücken gefährdet wird.

Typische Stolpersteine, die sich vermeiden lassen

In der Beratungspraxis sind es oft nicht die großen Rechtsfragen, sondern Details: Eine Schwerbehinderung ist zwar beantragt, aber zum gewünschten Rentenbeginn noch nicht bestandskräftig festgestellt; im Versicherungskonto fehlen Zeiten, die für die 35 Jahre Wartezeit zählen würden; der Antrag wird so spät gestellt, dass der Rentenbeginn nach hinten rutscht; oder es entsteht eine unnötige Unterbrechung zwischen der letzten Zahlung der Erwerbsminderungsrente und dem Start der Altersrente. Solche Brüche können nicht nur Geld kosten, sondern auch Besitzschutz- und Zuschlagsfragen verkomplizieren.

Wer den Wechsel erwägt, fährt meist am besten, wenn zuerst das Versicherungskonto vollständig geklärt ist, der Status der Schwerbehinderung schriftlich vorliegt und dann ein konkreter Rentenbeginn mit ausreichendem zeitlichem Vorlauf beantragt wird. Eine Probeberechnung der Rentenversicherung kann helfen, die finanziellen Folgen realistisch einzuschätzen, bevor eine unwiderrufliche Entscheidung getroffen wird.

Ein Beispiel aus der Praxis

Ein typisches Praxisbeispiel ist Herr M., Jahrgang 1964, der seit 2021 eine volle Erwerbsminderungsrente bezieht, weil er wegen einer chronischen Erkrankung dauerhaft nur noch sehr eingeschränkt belastbar ist. Bereits seit 2019 ist bei ihm ein Grad der Behinderung von 50 anerkannt, die Schwerbehinderteneigenschaft liegt also rechtzeitig vor.

Ende 2025 lässt er bei der Deutschen Rentenversicherung prüfen, ob er die Voraussetzungen für die Altersrente für schwerbehinderte Menschen erfüllt; mit 38 Versicherungsjahren ist die Wartezeit von 35 Jahren erreicht. Weil Herr M. im Februar 2026 62 wird, beantragt er im November 2025 die Umwandlung seiner laufenden Erwerbsminderungsrente in die Altersrente für schwerbehinderte Menschen zum 1. März 2026, damit es keinen Zahlungsbruch gibt. Die Rentenversicherung erlässt daraufhin einen Bescheid: Die Erwerbsminderungsrente endet mit Ablauf Februar 2026, ab März 2026 läuft die Altersrente für schwerbehinderte Menschen.

In seinem Fall bleibt der Abschlag in der Praxis häufig in der Größenordnung, die schon in der Erwerbsminderungsrente enthalten war, sodass keine „zusätzliche“ Kürzung überrascht. Für Herr M. ist der Wechsel vor allem deshalb sinnvoll, weil die Altersrente mehr Planbarkeit bringt und er – wenn er es gesundheitlich schafft – flexibler hinzuverdienen kann, ohne dass die typischen Hinzuverdienstregeln der Erwerbsminderungsrente im selben Maß bremsen.

Fazit

Die Umwandlung der Erwerbsminderungsrente in eine Altersrente ist an der Regelaltersgrenze in der Regel ein automatischer, verwaltungsseitig begleiteter Schritt. Der Wechsel in eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen ist dagegen eine aktive Gestaltungsmöglichkeit – oft früher, manchmal mit Abschlägen, häufig mit wichtigen Wechselwirkungen beim Hinzuverdienst und mit erheblicher Bedeutung von Fristen und lückenlosen Übergängen.

Quellen

Deutsche Rentenversicherung: „Altersrente für schwerbehinderte Menschen“ (Voraussetzungen, GdB, Wartezeit, Antrag)., Sozialgesetzbuch VI: § 37 (Altersrente für schwerbehinderte Menschen, vorzeitige Inanspruchnahme ab 62).