Das Jahresende ist Lohnauszahlungs-Zeit – und damit auch die Zeit, in der sich nach einer Kündigung viele fragen: Gehört das Weihnachtsgeld zur Abfindung dazu? Die kurze Antwort lautet: Abfindung und Weihnachtsgeld sind rechtlich unterschiedliche Dinge.
Dennoch kann das Weihnachtsgeld in bestimmten Konstellationen mittelbar in die Abfindungsberechnung einfließen – oder als eigener Anspruch neben der Abfindung bestehen (oder entfallen). Im Folgenden die Einordnung im Detail, mit Blick auf aktuelle Rechtsprechung und Praxis.
Abfindung und Weihnachtsgeld
Eine Abfindung ist eine Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes. Einen generellen gesetzlichen Anspruch darauf gibt es nicht; Abfindungen entstehen meist durch Verhandlung, Sozialplan oder – bei betriebsbedingter Kündigung – nach § 1a KSchG, wenn der Arbeitgeber sie in der Kündigung anbietet und keine Klage erhoben wird.
In der Praxis dient als Orientierungsgröße häufig die Formel „0,5 Bruttomonatsverdienste pro Beschäftigungsjahr“; diese Quote ist auch in § 1a KSchG angelegt.
Weihnachtsgeld ist eine Sonderzahlung. Einen gesetzlichen Anspruch gibt es nicht; Ansprüche ergeben sich aus Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung, Arbeitsvertrag oder aus betrieblicher Übung. Inhalt und Zweck der Sonderzahlung – Vergütung für geleistete Arbeit, Belohnung von Betriebstreue oder „Mischzweck“ – bestimmen, ob und wann sie entsteht.
Zählt Weihnachtsgeld „zur Abfindung dazu“?
Im Grundsatz: nein. Eine Abfindung ist eine eigenständige Entschädigung; das Weihnachtsgeld ist ein separater Vergütungsbestandteil. Aber: In Sozialplänen, Aufhebungs-/Abwicklungsverträgen oder Formeln, die an den „Bruttomonatsverdienst“ anknüpfen, kann vereinbart sein, dass Einmalzahlungen anteilig in den maßgeblichen Monatsverdienst eingerechnet werden – etwa mit 1/12 des zuletzt gewährten Weihnachtsgelds.
Derartige Definitionen hat die Rechtsprechung anerkannt; in kollektivrechtlichen Formeln zum „Bruttomonatsverdienst“ werden Gratifikationen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld häufig monatlich anteilig berücksichtigt. Ob das Weihnachtsgeld die Abfindungshöhe damit indirekt erhöht, hängt also von der vereinbarten Definition des Bemessungsentgelts ab.
Praxisbeispiel: Verdient eine Arbeitnehmerin 4.000 € brutto monatlich und ist
Anspruch auf ein 13. Gehalt/Weihnachtsgeld von 4.000 € vereinbart, ergibt 1/12 hiervon 333,33 €. Nutzt die Abfindungsformel den „Bruttomonatsverdienst inkl. 1/12 der Sonderzahlungen“, liegt der maßgebliche Monatsverdienst bei 4.333,33 €.
Bei 8 Beschäftigungsjahren und einer 0,5-Formel ergäbe sich eine Abfindung von 17.333,32 € statt 16.000,00 € ohne Einrechnung. Rechtsgrundlage ist dabei nicht „das Weihnachtsgeld als Teil der Abfindung“, sondern die Definition des Monatsverdienstes in der jeweiligen Vereinbarung.
Anspruch auf Weihnachtsgeld trotz Kündigung?
Ob ein eigener Anspruch auf Weihnachtsgeld besteht, wenn im selben Jahr gekündigt wird, richtet sich nach Zweck und Ausgestaltung der Sonderzahlung und nach vereinbarten Stichtags- oder Rückzahlungsklauseln.
Handelt es sich allein um eine Treueprämie (Belohnung der fortgesetzten Betriebstreue) und ist vertraglich eine Stichtagsklausel vereinbart, kann der Anspruch entfallen, wenn das Arbeitsverhältnis zum Auszahlungsstichtag nicht mehr besteht.
Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) bestätigt; solche Klauseln sind wirksam, sofern das Weihnachtsgeld nicht (auch) Arbeitsleistung vergütet.
Bezweckt die Sonderzahlung dagegen (auch) die Vergütung geleisteter Arbeit oder hat sie einen Mischzweck, sind pauschale Kürzungen oder der vollständige Ausschluss schwieriger.
Ohne ausdrückliche Kürzungsregelung ist eine zeitanteilige Minderung dann regelmäßig nicht zulässig; ob und in welcher Höhe ein anteiliger Anspruch besteht, hängt vom konkreten Wortlaut ab. Das BAG hat diese Linie in jüngerer Zeit erneut betont.
Die Folge: Nach einer Kündigung kann Weihnachtsgeld neben einer Abfindung zustehen, entfallen oder (pro rata) entstehen – je nach Zweckbestimmung und Klauseln. Wer einen Vergleich oder Aufhebungsvertrag abschließt, sollte darauf achten, ob eine Ausgleichs-/Abgeltungsklausel auch „Sonderzahlungen für das laufende Jahr“ erfasst oder ausdrücklich davon ausnimmt.
Steuer und Sozialversicherung: getrennte Welten
Weihnachtsgeld ist normales Arbeitsentgelt: Es ist voll lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtig (soweit die jeweiligen Beitragsbemessungsgrenzen nicht überschritten sind).
Die Abfindung ist kein Arbeitsentgelt im sozialversicherungsrechtlichen Sinn; auf echte Entschädigungsabfindungen fallen keine Sozialversicherungsbeiträge an. Steuerlich gilt in geeigneten Fällen die Fünftelregelung (§ 34 EStG) zur Milderung der Progression, wenn die Zahlung als Entschädigung zusammengeballt zufließt. Das Weihnachtsgeld gehört steuerlich nicht zur Abfindung und wird nicht „mitbegünstigt“.
Was heißt das für die Praxis?
Wer eine Abfindung verhandelt oder ein Angebot nach § 1a KSchG erhält, sollte prüfen, wie der „maßgebliche Monatsverdienst“ definiert ist – ob also 1/12 von Weihnachts-/Urlaubsgeld, Boni oder Prämien einbezogen werden. Dadurch kann die Abfindung spürbar höher ausfallen.
Parallel ist zu klären, ob das Weihnachtsgeld als eigener Anspruch im Kündigungsjahr besteht oder durch Stichtags-/Rückzahlungsklauseln entfällt, und ob ein Aufhebungsvertrag diesen Punkt ausdrücklich regelt. Die maßgeblichen Weichenstellungen liegen regelmäßig in den Formulierungen von Verträgen, Sozialplänen und Vergleichen – nicht darin, dass „Weihnachtsgeld zur Abfindung dazugehört“.
Fazit
Weihnachtsgeld zählt rechtlich nicht automatisch „zur Abfindung dazu“. Es kann die Abfindungshöhe jedoch mittelbar erhöhen, wenn die Bemessungsgrundlage (z. B. „Bruttomonatsverdienst inkl. 1/12 der Sonderzahlungen“) das vorsieht. Als eigener Anspruch hängt das Weihnachtsgeld im Kündigungsjahr vom Zweck der Zahlung und von Stichtags-/Kürzungsklauseln ab.
Für die Abgaben gilt: Weihnachtsgeld ist voll beitrags- und steuerpflichtig; echte Abfindungen sind beitragsfrei und ggf. steuerbegünstigt nach der Fünftelregelung. Wer Klarheit möchte, verankert diese Punkte präzise im Aufhebungs- oder Vergleichstext – und prüft sorgfältig die einschlägigen tarif- und vertragsrechtlichen Regelungen.



