Wer regelmäßig zu Ärztinnen, Ärzten oder in eine Klinik muss, steht schnell vor einer ganz praktischen Frage: Wer bezahlt die Fahrt?
Bei gesetzlich Versicherten regeln das zwei Systeme, die oft verwechselt werden. Für Fahrten im Zusammenhang mit medizinischen Behandlungen ist grundsätzlich die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zuständig.
Der Pflegegrad kann dabei den Zugang zur Kostenübernahme erleichtern, vor allem wenn die Mobilität dauerhaft eingeschränkt ist.
Für Fahrten im Zusammenhang mit Leistungen der Pflege – etwa zur Tagespflege – ist hingegen die soziale Pflegeversicherung (Pflegekasse) zuständig. Diese Trennung zieht sich durch alle Detailfragen und ist der rote Faden für Entscheidungen in der Praxis.
Inhaltsverzeichnis
Tabelle: Wann die Krankenkasse die Fahrtkosten bei Pflegegrad übernehmen muss
| Situation | Zahlt die Krankenkasse? (Voraussetzungen und Hinweise) |
|---|---|
| Stationäre Krankenhausbehandlung (Aufnahme/Entlassung) | Ja. Ärztliche Verordnung (Muster 4) und medizinische Notwendigkeit genügen; keine vorherige Genehmigung nötig. Beförderungsmittel nach Bedarf (Taxi/Mietwagen, Krankentransport). Zuzahlung: 10 % pro Fahrt, mind. 5 €, max. 10 €. |
| Vor- oder nachstationäre Behandlung | Ja. Verordnung erforderlich; keine Genehmigungspflicht für Krankenfahrten (Taxi/Mietwagen) und Krankentransporte, wenn medizinisch notwendig. Zuzahlung wie oben. |
| Ambulante Operation (§ 115b SGB V) inkl. Vor-/Nachbehandlung | Ja. Verordnung erforderlich; Krankenfahrten (Taxi/Mietwagen) sind genehmigungsfrei, Krankentransporte in diesem Zusammenhang ebenfalls genehmigungsfrei. Zuzahlung wie oben. |
| Rettungsfahrten zum Krankenhaus (Notfall) | Ja. Einsatz durch Rettungsleitstelle; medizinische Notwendigkeit vorausgesetzt. Keine Genehmigung im Voraus; übliche Zuzahlungspflichten gelten. |
| Ambulante Behandlung: hochfrequente Serienbehandlung | Ja, wenn medizinisch notwendig. Gilt insbesondere bei Dialyse, onkologischer Strahlentherapie oder parenteraler Chemotherapie; in der Regel vorherige Genehmigung durch die Krankenkasse erforderlich. Zuzahlung wie oben. |
| Ambulante Behandlung: schwere, dauerhafte Mobilitätsbeeinträchtigung | Ja. Bei Schwerbehindertenausweis mit Merkzeichen aG/Bl/H oder Pflegegrad 4–5 sowie bei Pflegegrad 3 mit dauerhaft eingeschränkter Mobilität kann der Arzt Krankenfahrten mit Taxi/Mietwagen verordnen; die Genehmigung gilt als erteilt. Für Krankentransporte bleibt eine Genehmigung regelmäßig erforderlich. Zuzahlung wie oben. |
| Ambulante Behandlung: vergleichbare Mobilitätseinschränkung ohne Nachweise | Ja, wenn die Einschränkung vergleichbar schwer ist und eine längerfristige ambulante Behandlung nötig ist; ärztliche Verordnung und vorherige Genehmigung der Krankenkasse erforderlich. Zuzahlung wie oben. |
| Ambulante Behandlung ohne Ausnahmegrund | Nur in besonderen, medizinisch zwingenden Ausnahmefällen nach ärztlicher Verordnung und vorheriger Genehmigung. Sonst keine Kostenübernahme. |
| ÖPNV oder privater Pkw | Erstattung möglich, wenn die oben genannten Voraussetzungen für eine Krankenfahrt erfüllt sind; keine Verordnung nötig, aber Antrag mit Belegen bei der Krankenkasse. Zuzahlung wie oben. |
| Fahrten zu Leistungen der Pflege (z. B. Tages-/Nachtpflege) | Nicht die Krankenkasse, sondern die Pflegekasse ist zuständig. Die teilstationäre Pflege umfasst auch die notwendige Beförderung; Abrechnung innerhalb der Pflegeversicherungs-Budgets. |
Rechtsgrundlagen/Orientierung: § 60 SGB V (Fahrkosten) und Krankentransport-Richtlinie des G-BA (u. a. §§ 6–8, Anlage 2) regeln Anspruch, Genehmigungspflichten und Ausnahmen; das BMG erläutert Ausnahmen und Zuzahlungen. Zuständigkeit der Pflegekasse für Fahrten zur Tagespflege ergibt sich aus § 41 SGB XI und wird durch Rechtsprechung bestätigt. Stand: 9. November 2025.
Rechtsgrundlagen: § 60 SGB V und die Krankentransport-Richtlinie
Die zentrale Vorschrift der Krankenkassen ist § 60 SGB V. Danach übernimmt die Kasse Fahrkosten, wenn sie „im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig“ sind und verordnet wurden.
Die Details – etwa, welche Fahrten genehmigungspflichtig sind und welches Transportmittel infrage kommt – präzisiert die Krankentransport-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA).
Für stationäre Behandlungen sind Krankenfahrten bei medizinischer Notwendigkeit ohne vorherige Genehmigung möglich; für ambulante Behandlungen gilt der Grundsatz: Kostenübernahme nur in eng begrenzten Ausnahmefällen und häufig mit Genehmigung.
Der Pflegegrad im GKV-System: Wann er die Fahrt erleichtert
Der Pflegegrad selbst „finanziert“ keine Fahrtkosten der Krankenkasse. Er ist aber ein starkes Indiz für eine dauerhafte Mobilitätsbeeinträchtigung – und genau darauf kommt es bei ambulanten Fahrten an.
Nach aktueller Auslegung dürfen Ärztinnen und Ärzte Krankenfahrten mit Taxi oder Mietwagen zur ambulanten Behandlung ohne vorherige Genehmigung verordnen, wenn die versicherte Person Pflegegrad 4 oder 5 hat oder Pflegegrad 3 mit nachgewiesener dauerhafter Mobilitätsbeeinträchtigung. Auch schwerbehinderte Menschen mit den Merkzeichen aG, Bl oder H fallen in diese genehmigungsfreie Sondergruppe. Für einen Krankentransportwagen ist in diesen Fällen aber weiterhin eine Genehmigung nötig.
Kosten für Fahrten bei Serienbehandlungen
Unabhängig vom Pflegegrad gelten für bestimmte, hochfrequente Therapien eigene Regeln. Bei Dialyse, onkologischer Chemotherapie und Strahlentherapie kann eine Krankenfahrt zur ambulanten Behandlung verordnet werden; in der Praxis verlangen die Kassen hier meist eine vorherige Genehmigung. Je nach Krankenkasse sind pauschale oder längerfristige Genehmigungen für die gesamte Serie üblich, um den Aufwand zu reduzieren.
Stationär, vor- oder nachstationär: Was ohne Genehmigung geht
Wird jemand stationär aufgenommen, gehören notwendige Fahrten zur Aufnahme und Entlassung grundsätzlich zum Leistungskatalog der Krankenkasse – die Verordnung erfolgt auf dem Muster 4 („Verordnung einer Krankenbeförderung“), ohne dass eine Genehmigung einzuholen ist. Das gilt gleichermaßen für vor- und nachstationäre Behandlungen im Krankenhaus, wenn sie mit dem stationären Aufenthalt sachlich zusammenhängen.
Das passende Beförderungsmittel – und wer entscheidet
Ob Taxi, Mietwagen, Krankentransportwagen oder im Ausnahmefall Rettungsmittel: Maßgeblich ist stets die medizinische Notwendigkeit im Einzelfall. Diese beurteilt die behandelnde Praxis und verordnet entsprechend.
Für öffentliche Verkehrsmittel oder den privaten Pkw gibt es keine ärztliche Verordnung; hier kann die Krankenkasse auf Antrag Kosten erstatten, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind. In jedem Fall gilt das Wirtschaftlichkeitsgebot: gewählt wird das ausreichende, aber nicht „überhöhte“ Mittel.
Zuzahlungen, Befreiungen und Belastungsgrenzen
Für erstattete Krankenfahrten fällt – unabhängig vom Alter – die gesetzliche Zuzahlung an: zehn Prozent des Fahrpreises, mindestens fünf und höchstens zehn Euro pro Einzelfahrt, jedoch nie mehr als die tatsächlichen Kosten. Hin- und Rückfahrt gelten jeweils als eigene Fahrt.
Diese Zuzahlungen addieren sich zu den übrigen GKV-Zuzahlungen und sind durch die jährliche Belastungsgrenze gedeckelt: in der Regel zwei Prozent der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt, bei schwerwiegend chronisch Kranken ein Prozent. Wer seine Grenze erreicht, kann sich für den Rest des Jahres befreien lassen.
„Pflegekasse oder Krankenkasse?“ – Tagespflege, Verhinderungspflege & Co.
Wichtig ist die Abgrenzung: Fahrten zu Leistungen der Pflege – etwa zur Tages- oder Nachtpflege – sind keine Leistungen der GKV, sondern Teil der teilstationären Pflege nach § 41 SGB XI.
Der Anspruch umfasst ausdrücklich auch die notwendige Beförderung von der Wohnung zur Einrichtung und zurück; abgerechnet wird innerhalb der Budgets der Pflegeversicherung.
Mehrere Gerichte haben klargestellt, dass solche Fahrten nicht zu Lasten der Krankenkasse erbracht werden dürfen. Fahrtkosten im Rahmen der Verhinderungspflege können als Aufwendungen der Ersatzpflegeperson im Budget der Pflegekasse berücksichtigt werden; für Kurzzeitpflege lassen sich je nach Fall Konstellationen über den Entlastungsbetrag finanzieren.
So läuft es in der Praxis: Verordnung, Genehmigung, Abrechnung
Im GKV-Bereich braucht es in aller Regel eine ärztliche Verordnung auf Muster 4, bevor die Fahrt stattfindet. Bei genehmigungspflichtigen Fahrten – etwa Krankentransporten oder vielen ambulanten Fahrten außerhalb der Sondergruppen – wird die Verordnung zunächst der Krankenkasse zur Prüfung vorgelegt.
Genehmigungsfreie Fahrten, zum Beispiel Taxi/Mietwagen bei Pflegegrad 4/5 oder Pflegegrad 3 mit dauerhafter Mobilitätsbeeinträchtigung, können direkt mit einem zugelassenen Beförderer durchgeführt und abgerechnet werden. Private Pkw- oder ÖPNV-Fahrten werden nicht „verordnet“, sondern auf Antrag erstattet; Belege sind dann entscheidend.
Typische Stolperfallen – und wie man sie vermeidet
In der Beratungspraxis führen vor allem drei Missverständnisse zu Ablehnungen oder unnötigen Kosten. Erstens wird die medizinische Notwendigkeit unterschätzt: Eine reine Bequemlichkeit oder der bloße Wunsch nach Begleitung reicht nie aus.
Zweitens wird der Unterschied zwischen Krankenfahrten und Fahrten zu Pflegeleistungen übersehen, wodurch Kostenträger verwechselt werden. Drittens fehlt bei ambulanten Fahrten oft die rechtzeitige Genehmigung, obwohl sie erforderlich gewesen wäre.
Wer frühzeitig mit Praxis und Kasse spricht, die eigene Mobilitätslage dokumentiert und, wo möglich, längerfristige Genehmigungen für Serienbehandlungen beantragt, vermeidet diese Fallstricke.
Zwei Beispiele aus dem Alltag
Eine 82-jährige Versicherte mit Pflegegrad 4 muss zweimal wöchentlich zum Kardiologen. Die Praxis verordnet Krankenfahrten mit dem Taxi zur ambulanten Behandlung. Weil Pflegegrad 4 mit dauerhafter Mobilitätsbeeinträchtigung zur genehmigungsfreien Sondergruppe zählt, ist keine vorherige Kassenfreigabe nötig; pro Fahrt fällt die gesetzliche Zuzahlung an.
Ein anderer Fall: Ein 67-jähriger Dialysepatient ohne Pflegegrad benötigt dreimal pro Woche eine Fahrt zur Hämodialyse. Die Praxis verordnet die Krankenfahrt für die Serientherapie, die Kasse erteilt eine Seriengenehmigung, damit nicht jede einzelne Fahrt geprüft werden muss. In beiden Konstellationen entscheidet die medizinische Notwendigkeit das Beförderungsmittel, die Zuzahlungen zählen auf die persönliche Belastungsgrenze.
Fazit: Der Pflegegrad ist Schlüssel – aber nicht der Kostenträger
Ob die Krankenkasse Fahrkosten übernimmt, hängt am Ende an zwei Voraussetzungen: medizinische Notwendigkeit und der richtige rechtliche Rahmen. Der Pflegegrad wirkt dabei als Türöffner für genehmigungsfreie ambulante Taxifahrten bei hoher Pflegebedürftigkeit, ersetzt aber nicht die Prüfung im Einzelfall.
Für Fahrten zu Pflegeangeboten gilt der Fokus der Pflegekasse, die teilstationäre Pflege einschließlich Transport abdeckt. Wer die Zuständigkeiten kennt, das richtige Formular nutzt und früh mit der Kasse spricht, kommt zuverlässig ans Ziel – und vermeidet, dass die Rechnung am Ende an der falschen Stelle landet.
Stand: 9. November 2025. Die genannten Regelungen beruhen auf § 60 SGB V, der Krankentransport-Richtlinie des G-BA sowie § 41 SGB XI; Einzelheiten können sich durch Kassenpraxis und regionale Verträge unterscheiden




