Schwerbehinderung: Kein Anspruch auf Vorzugsrente trotz Behinderung – Gericht entscheidet

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Ein Arbeitnehmer, der am Arbeitsplatz mit einem Schwerbehinderten gleichgestellt war, begehrte eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Das Landessozialgericht München lehnte dies ab.

Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass erstens bei einer Gleichstellung erstens ohnehin kein Anspruch auf diese besondere Altersrente besteht, und dass der Bezug einer gesetzlichen Rente zweitens mit Versicherungszeiten verbunden ist, die der Betroffene nicht erfüllte. (L 19 R 140/22)

Was sind die rechtlichen Grundlagen der Gleichstellung?

Arbeitnehmer, die einen Grad der Behinderung von 30 oder 40 haben, können sich am Arbeitsplatz mit einem schwerbehinderten Menschen (Grad der Behinderung 50 plus) gleichstellen lassen.

Die Voraussetzung dafür ist, dass Ihr Arbeitsplatz durch Ihre Behinderung in ähnlichem Ausmaß gefährdet oder das Finden eines Arbeitsplatzes ähnlich erschwert ist.

Bei erfolgter Gleichstellung haben die Betroffenen am Arbeitsplatz viele, aber nicht alle Rechte wie ein Arbeitnehmer mit Schwerbehinderung. Sie haben Anspruch auf einen besonderen Kündigungsschutz, auf eine ihren Einschränkungen angepasste Gestaltung des Arbeitsplatzes, oder auf die Teilnahme der Schwerbehindertenvertretung sowie des Integrationsamtes an Entscheidungen des Arbeitgebers, die ihren Arbeitsplatz betreffen.

Bei einer Gleichstellung besteht jedoch kein Anspruch auf eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen und deren Vergünstigungen wie eine um zwei Jahre vorgezogene Rente ohne Abschläge.

Voraussetzungen der Altersrente für schwerbehinderte Menschen

Ein Anspruch auf eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen setzt zwei Kriterien voraus. Erstens müssen die Betroffenen zum Zeitpunkt des Rentenbeginns schwerbehindert sein (eine Gleichstellung ist in diesem Fall ohne Bedeutung). Zweitens müssen Sie mindestens 35 Jahre als Versicherter bei der Deutschen Rentenversicherung nachweisen.

Betroffener fordert Rente von 2.800,00 Euro

Der Betroffene klagte vor dem Sozialgericht Nürnberg gegen die „Sozialversicherung DRV und das Jobcenter Erlangen“ wegen einer „Beschäftigungszeit“. Er argumentierte, er habe über 30 Jahre als Musiklehrer gearbeitet und Anspruch auf eine Altersrente von 2.800,00 Euro.

Kläger leitet seinen Anspruch aus der UN-Konvention ab

Er bezog sich dabei auf das Völkerrecht der UN-Konvention, das auch über dem Grundgesetz stehe. Es könne nicht sein, dass er in Armut lebe, während andere ohne Ende kassierten.

Er habe ein Recht auf Teilhabe. Da er behindert sei, gelte für ihn eine Altersgrenze von 62 Jahren, um in Rente zu gehen. Er sei für seine Einschränkungen schließlich nicht selbst verantwortlich.

Die zu erwartende Rentenhöhe ist laut dem Kläger eine Erniedrigung

Vor dem Sozialgericht verwies er auf seine Renteninformation, laut der ihm monatlich eine Altersrente von 250,42 Euro zustehe. Dies sei eine Zumutung, eine Erniedrigung und eine Respektlosigkeit seiner Person gegenüber und außerdem in einem Industriestaat eine kriminelle Handlung.

Er forderte eine Erhöhung seiner Rente in der Höhe anderer gleichgestellter Komponisten, Fachlehrer und Instrumentalmusiker, die ihren Beruf zum Lebensunterhalt ausgeübt hätten.

Er fügte eine Renteninformation der DRV Nordbayern bei und zusätzlich einen Bescheid der Bundesagentur für Arbeit. Die Agentur hielt in dem Bescheid seine Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen fest.

Die Klage scheitert in zwei Instanzen

Die Klage scheiterte, wie abzusehen, sowohl vor dem Sozialgericht Nürnberg als auch vor dem Landessozialgericht München. Die Rechtslage ist in diesem Fall nämlich eindeutig.

Die Klage selbst sei bereits unzulässig. Der Betroffene hätte erst klagen können, wenn die Rentenversicherung einen entsprechenden Verwaltungsakt erlassen hätte. Einen solchen stelle die Renteninformation aber nicht dar.

Es besteht kein Anspruch auf eine Rente in der geforderten Höhe

Die Richter führten darüber hinaus und lediglich zur Erklärung aus, dass die gesetzliche Rentenversicherung keinen allgemeinen sozialen Ausgleich darstelle, sondern eine Absicherung der Versicherten sei. Diese erkauften sich die Versicherten durch entsprechende Beitragszahlungen an die Solidargemeinschaft.

Kein Auffüllen nicht vorhandener Rentenpunkte

Die Argumentation des Klägers, er hätte wegen seiner Einschränkungen die erforderlichen Rentenpunkte nicht erbringen können und hätte einen Anspruch darauf, diese „aufzufüllen“, entbehrt der gesetzlichen Grundlage.

Kein Rentenanspruch wegen Gleichstellung

Die Gleichstellung mit einem Schwerbehinderten vermittele lediglich arbeitsrechtlichen Schutz im Hinblick auf die Vermittlung eines Arbeitsplatzes oder auf dessen Erhaltung. Fiktive Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung ließen sich damit gerade nicht begründen.