Diese Rente kann Altersrente kürzen – Vorheriges Einkommen entscheidet

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Wer eine Unfallrente bezieht, muss damit rechnen, dass seine Altersrente gekürzt wird, wenn beide Leistungen zusammen einen gesetzlich definierten Grenzbetrag übersteigen. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 5. September 2024, Az. L 12 R 37/24) bestätigte: Maßgeblich für diesen Grenzbetrag ist der Jahresarbeitsverdienst im Jahr vor dem Unfall, nicht ein späteres – eventuell viel höheres – Einkommen.

Was ist eine Unfallrente?

Die gesetzliche Unfallversicherung zahlt eine Verletzten- bzw. Unfallrente nach einem Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit, wenn die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) mindestens 20 % beträgt (§ 56 SGB VII). Der zugrunde liegende Jahresarbeitsverdienst (JAV) wird jedes Jahr zum 1. Juli entsprechend der Lohnentwicklung dynamisiert (§ 95 SGB VII).

Warum wird angerechnet?

Das Sozialrecht verbietet eine doppelte Kompensation derselben Erwerbsminderung. Treffen Unfallrente und Altersrente zusammen, ruht die Altersrente in Höhe des Betrags, der den Grenzwert übersteigt; die Unfallrente bleibt unverändert (§ 93 SGB VI).

Der Grenzbetrag im Detail

Formel (§ 93 Abs. 3 SGB VI)
Grenzbetrag = (JAV ÷ 12) × 70 % × Rentenartfaktor
Die Mindestgrenze ist immer der Monatsbetrag der Altersrente.

Rechenbeispiel
JAV vor dem Unfall: 30 000 €
30 000 € ÷ 12 = 2 500 € → × 70 % = 1 750 € → × Faktor 1,0 (Altersrente)
Grenzbetrag: 1 750 € monatlich. Übersteigt die Summe aus beiden Renten diesen Wert, wird die Altersrente um den Differenzbetrag gekürzt.

Der entschiedene Fall

Ein heute 73-Jähriger erlitt 1970 mit 18 Jahren einen Wegeunfall während der Ausbildung zum Flugzeugbauer. 1991 bewilligte die Berufsgenossenschaft eine Verletztenrente (MdE 30 %) – rückwirkend ab 1989 und auf Basis des damaligen Lehrlingsgehalts. Trotz anschließender Ingenieurskarriere bezog er erst 2013 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen.

Weil beide Renten zusammen den Grenzbetrag überschritten, kürzte die Rentenversicherung seine Altersrente. Der Ingenieur klagte – vergeblich. Das Landessozialgericht bestätigte die Anrechnung; das Bundessozialgericht verwarf seine Nichtzulassungsbeschwerde am 2. April 2025 – das Urteil ist rechtskräftig.

Praxisbedeutung

Wer im Jahr vor dem Unfall gut verdiente, behält einen höheren Teil seiner Gesamtrente als ein Geringverdiener.
Spätere Einkommenssteigerungen – selbst nach Hochschulabschluss und Karriere – wirken nicht mehr auf den Grenzbetrag.
Die Dynamisierung nach § 95 SGB VII sorgt dafür, dass auch ältere Unfälle zumindest an die allgemeine Lohnentwicklung angepasst werden.

Gesetzesauszug (§ 93 Abs. 1 SGB VI, gekürzt)

Besteht für denselben Zeitraum Anspruch auf eine Rente aus eigener Versicherung und auf eine Verletztenrente aus der Unfallversicherung, wird die Rente insoweit nicht geleistet, als die Summe der Rentenbeträge den Grenzbetrag übersteigt.

Fazit

Das Urteil macht klar: Entscheidend ist allein der Verdienst im Jahr vor dem Unfall. Höhere spätere Einkommen erhöhen den Grenzbetrag nicht. Betroffene sollten prüfen, ob und ab wann ihre Altersrente gekürzt wird – und bei Unklarheiten fachkundigen Rat einholen.