Mütterrente III auf der langen Bank: Warum die versprochene Gleichstellung für Eltern weiter auf sich warten lässt
Seit das Rentenpaket I die sogenannte Mütterrente eingeführt hat, werden Kindererziehungszeiten stufenweise besser bewertet. 2019 folgte die Mütterrente II, die den Ausgleich für Eltern mit vor 1992 geborenen Kindern von zwei auf zweieinhalb Entgeltpunkte anhob.
Im Koalitionsvertrag der neuen schwarz-roten Bundesregierung vom Frühjahr 2025 ist nun die „Vervollständigung“ angekündigt: Drei Entgeltpunkte pro Kind – unabhängig vom Geburtsjahr. Für Eltern älterer Jahrgänge bedeutet das ein Plus von einem halben Punkt je Kind; beim aktuellen Rentenwert von 40,79 Euro (ab 1. Juli 2025) wären das rund 20,40 Euro brutto monatlich mehr pro Kind.
Entlastung für Millionen Eltern – nicht nur Mütter
Rund zehn Millionen Menschen, überwiegend Frauen, warten damit auf eine spürbare Aufwertung ihrer Altersbezüge. Anspruchsberechtigt ist aber jeder, der die Kinder überwiegend erzogen hat – also auch Väter, Adoptiv-, Pflege- oder Stiefeltern. Die Deutsche Rentenversicherung betont, dass eine schriftliche Erklärung genügt, um Erziehungszeiten auch rückwirkend – maximal zwei Monate – auf den anderen Elternteil zu übertragen.
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Verwaltungsstau statt mehr Rente
Trotz des Konsenses innerhalb der Koalition ist das Vorhaben ins Stocken geraten. Die Rentenversicherung macht auf den gewaltigen Verwaltungsaufwand aufmerksam: Rund 26 Millionen Rentenakten müssten geöffnet, geprüft und angepasst werden. Hinzu kommen veraltete IT-Strukturen, Personalmangel und – besonders gravierend – das Fehlen eines ausformulierten Gesetzentwurfs. Ohne rechtliche Grundlage können Fachverfahren nicht programmiert werden. Folglich hält die Behörde eine Umsetzung vor 2026 für unrealistisch.
Milliardenfrage bleibt ungeklärt
Bereits heute zahlt der Bund nach Angaben der Rentenversicherung etwa 25 Milliarden Euro pro Jahr für die Anrechnung von Kindererziehungszeiten; bis 2027 dürften es 27 Milliarden sein.
Die Ausweitung auf drei Punkte für alle würde laut derzeitigen Schätzungen weitere 4,5 Milliarden Euro kosten. Sozialverbände wie der VdK begrüßen die Reform grundsätzlich, bestehen jedoch darauf, die Mehrausgaben vollständig aus Steuermitteln zu finanzieren. Im Finanzministerium warnt man dagegen vor neuen Dauerlasten für den Haushalt, solange kein schlüssiges Gegenfinanzierungsmodell vorliegt.
Wann kommt die Mütterrente 3 wirklich an?
Offiziell hält die Bundesregierung daran fest, die Reform in dieser Wahlperiode umzusetzen. Hinter vorgehaltener Hand rechnen Rentenexperten aber frühestens ab Anfang 2026 mit ersten Auszahlungen – vorausgesetzt, der Gesetzentwurf passiert Bundestag und Bundesrat noch 2025 und die Rentenversicherung erhält zusätzliche Mittel für Personal und Digitalisierung.
Was Betroffene jetzt tun sollten
Eltern müssen aktuell nichts veranlassen: Sobald das Gesetz in Kraft tritt, sollen die zusätzlichen Entgeltpunkte automatisch gutgeschrieben und rückwirkend ausgezahlt werden. Sinnvoll ist jedoch, das eigene Rentenkonto rechtzeitig zu überprüfen, damit alle Kindererziehungszeiten lückenlos erfasst sind. Wer Unklarheiten entdeckt, kann sie bereits jetzt per Kontenklärungsantrag bei der Rentenversicherung berichtigen lassen; so verkürzt sich später die Bearbeitungsdauer.
Ausblick voller Fragezeichen
Die Mütterrente III bleibt eine fest zugesagte, aber vorerst unvollendete Reform. Ihr Erfolg hängt an zwei Faktoren: einem belastbaren Finanzierungskonzept und der Modernisierung einer Rentenverwaltung, die seit Jahren auf digitale Infrastruktur wartet. Für die Betroffenen heißt das, Geduld zu bewahren – und dennoch wachsam zu bleiben, sobald der parlamentarische Prozess Fahrt aufnimmt.
Denn ob das Plus von 20 Euro pro Kind tatsächlich wie versprochen „automatisch“ kommt, wird sich erst zeigen, wenn Politik und Verwaltung ihren Teil der Zusage eingelöst haben.