Kündigung wegen Unpünktlichkeit: Darf der Arbeitgeber kündigen?

Lesedauer 2 Minuten

Unpünktlichkeit am Arbeitsplatz sehen Chefs nicht gerne. Darf der Arbeitgeber Ihnen deshalb allerdings eine ordentliche Kündigung aussprechen? Das kommt ebenso auf die jeweilige Situation wie auf das Ausmaß der Unpünktlichkeit an. Das zeigen zwei Gerichtsurteile.

Kündigung ist rechtswidrig

Eine ordentliche Kündigung wegen einer geringfügigen Verspätung ist rechtswidrig. So entschied das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz. (4 Sa 147/15). Die Richter erklärten, bei einer nur geringfügigen Verspätung hätte er Arbeitgeber den Mitarbeiter abmahnen müssen. Eine ordentliche Kündigung sei hier nur gerechtfertigt, wenn sich das abgemahnte Verhalten wiederholt hätte.

Auch Betriebs-Biografie zählt

In dem konkreten Fall berücksichtigten die Richter außerdem die lange Betriebszugehörigkeit des gekündigten Mitarbeiters. Dieser hätte 16 Jahre in der Firma gearbeitet und sich in dieser Zeit kaum etwas zu Schulden kommen lassen. Auch eine Unterhaltspflicht des Betroffenen wertete das Gericht als mildernden Umstand.

Ordentliche Kündigung ist wirksam

In einem anderen Fall erklärte das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein jedoch eine Kündigung wegen Unpünktlichkeit für wirksam. (Sa 70 öD/21). Die Betroffene hatte in der Poststelle eines Gerichts gearbeitet – seit 13 Jahren. Sie war in Gleitzeit tätig gewesen, musste jedoch spätestens um 9.00 mit der Arbeit anfangen.

Mehrfach verschlafen

Eines Tages erschien sie nicht zur Arbeit und rief um 10.30 an, dass sie verschlafen habe. Mit dem Arbeitgeber klärte sie, den Tag als Urlaubstag anzurechnen. Vier Tage später erschien sie erneut nicht bei der Arbeit und meldete sich per Telefon um 11.30. Wieder gab sie an, dass sie verschlafen hätte. Diesmal erschien sie erst um 14.30.

Nach der dritten Verspätung kündigt der Arbeitgeber

Drei Tage nach den beiden ersten Ausfällen, kam sie um 9.07 zur Arbeit, also sieben Minuten später als vertraglich vereinbart war. Der Arbeitgeber kündigte ihr nach diesem Vorfall ordentlich wegen Unpünktlichkeit. Die Gekündigte ging vor das Arbeitsgericht, und in zweiter Instanz entschied das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein über die Angelegenheit.

Betroffene hält Abmahnung für nötig

Die Frau argumentierte, vor einer ordentlichen Kündigung sei eine Abmahnung erforderlich gewesen. Doch die Richter beim Landesarbeitsgericht überzeugte diese Begründung nicht. Sie erklärten, dass der Arbeitgeber zu Recht eine ordentliche Kündigung ausgesprochen hätte.

Wie erklärten die Richter ihre Entscheidung

In diesem Fall sei keine Abmahnung nötig gewesen, denn die Betroffene hätte durch ihr Verhalten nicht nur gegen ihre Pflicht verstoßen, sondern dies auch in erheblichem Ausmaß. Sie sei in einem Zeitraum von wenigen Tagen dreimal zu spät gekommen, und zweimal davon hätte sie sich massiv verspätet.

Außerdem, so führten die Richter aus, sie davon auszugehen, dass sie ihr Verhalten auch in Zukunft nicht ändern würde. Darum sei die ordentliche Kündigung wirksam und der Arbeitgeber im Recht.

Widersprechen sich die Urteile?

Im einen Fall war also eine ordentliche Kündigung wegen Unpünktlichkeit wirksam, und in einem anderen Fall war sie unwirksam. Widersprechen sich diese beiden Urteile? Nein, das tun sie nicht.

Unterm Strich begründeten die Richter an beiden Gerichten ihre Entscheidung nach dem gleichen Maßstab. Das Gericht in Rheinland-Pfalz nannte als Argumente dafür, dass eine Abmahnung ausgereicht hätte erstens, dass es sich um einen einmalige und geringfügige Verspätung gehandelt hatte. Zweitens sei der Arbeitnehmer in seiner langen Betriebszugehörigkeit kaum durch Verfehlungen aufgefallen.

Mehrfach massiv verspätet

Im Fall in Schleswig-Holstein hatte sich die Betroffene jedoch mehrfach und massiv innerhalb kurzer Zeit verspätet. Dies war der Grund, warum eine Abmahnung nicht nötig gewesen war, so die Richter. Bei einer einmaligen und geringfügigen Unpünktlichkeit hätten sie vermutlich ebenfalls die ordentliche Kündigung für unwirksam erklärt.