Krankengeld: Keine Fahrtkostenerstattung durch die Krankenkasse – Urteil

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In einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 16. Mai 2024 (Az.: B 1 KR 7/23 R) wurde die Frage behandelt, ob während einer stufenweisen Wiedereingliederung die Krankenkasse zur Übernahme der Fahrtkosten verpflichtet ist.

Der Kläger, der von einer längeren Arbeitsunfähigkeit betroffen war, beantragte die Erstattung der Fahrtkosten zu seinem Arbeitsplatz im Rahmen der Wiedereingliederung.

Hintergrund der Wiedereingliederung und Antrag auf Fahrtkostenübernahme

Der Kläger war vom 6. August bis zum 16. Dezember 2018 aufgrund einer Erkrankung arbeitsunfähig und erhielt in dieser Zeit Krankengeld. Am 22. November 2018 wurde für ihn ein ärztlicher Plan zur stufenweisen Wiedereingliederung erstellt, der eine Rückkehr in den Arbeitsprozess zwischen dem 3. und 14. Dezember 2018 vorsah.

Dem Plan stimmten sowohl der Arbeitgeber als auch die Krankenkasse zu. Der Kläger nahm die Wiedereingliederung wahr und erschien in diesem Zeitraum an zehn Arbeitstagen an seinem Arbeitsplatz.

Am 12. Dezember 2018 beantragte der Kläger bei seiner Krankenkasse die Erstattung der Fahrtkosten, die ihm während dieser Wiedereingliederungsphase entstanden waren.

Die Krankenkasse lehnte den Antrag mit Bescheid vom 14. Dezember 2018 ab. Der Kläger legte Widerspruch ein, der ebenfalls zurückgewiesen wurde.

Gerichtsverfahren und Revision – LSG hebt Urteil des Sozialgerichts auf

In der ersten Instanz hob das Sozialgericht Dresden die ablehnenden Bescheide auf und verpflichtete die Krankenkasse zur Zahlung der Fahrtkosten in Höhe von 85 Euro. Das Sächsische Landessozialgericht (LSG) hingegen hob dieses Urteil auf und wies die Klage ab.

Die daraufhin eingelegte Revision des Klägers beim Bundessozialgericht blieb erfolglos. Das BSG entschied, dass dem Kläger kein Anspruch auf Erstattung der Fahrtkosten während der stufenweisen Wiedereingliederung zusteht.

Rechtsgrundlage und Begründung des Urteils

Die stufenweise Wiedereingliederung hilft Arbeitnehmern, nach einer längeren Krankheit schrittweise wieder in den Arbeitsalltag zurückzukehren. Der Kläger wollte diese Maßnahme als medizinische Rehabilitationsleistung anerkennen lassen, um dadurch die Fahrtkosten erstattet zu bekommen.

Das Gericht entschied, dass die stufenweise Wiedereingliederung gemäß § 60 Abs. 5 SGB V nicht als Reha-Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gilt. Fahrtkosten werden nur dann erstattet, wenn sie im direkten Zusammenhang mit einer Rehabilitationsmaßnahme stehen.

Da der Kläger während der Wiedereingliederung keine weiteren medizinischen Reha-Leistungen erhielt, wurde die Maßnahme als isoliert betrachtet, wodurch die Voraussetzungen für eine Übernahme der Fahrtkosten nicht erfüllt waren.

Die Rolle der Krankenversicherung bei der Wiedereingliederung

Das Gericht stellte fest, dass die stufenweise Wiedereingliederung primär ein arbeitsrechtliches Instrument darstellt, das im Interesse des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit genutzt wird. Es handelt sich dabei um eine Maßnahme, die zwar durch einen ärztlichen Plan begleitet wird, jedoch keine eigentliche medizinische Behandlung im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung darstellt.

Die GKV ist grundsätzlich nicht zuständig für Maßnahmen, die ausschließlich der Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit dienen, ohne dass eine unmittelbare medizinische Rehabilitationsleistung vorliegt. Reha-Leistungen der GKV sind darauf ausgerichtet, gesundheitliche Beeinträchtigungen zu beseitigen oder zu mindern, um die Teilnahme am täglichen Leben zu ermöglichen.

Keine Zuständigkeit der Rentenversicherung

Das BSG stellte außerdem fest, dass auch die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) keine Verpflichtung zur Übernahme der Fahrtkosten hat. Zwar ist die GRV grundsätzlich für Reha-Maßnahmen zuständig, die der Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit dienen, doch im Fall des Klägers wurde keine solche Maßnahme in Verbindung mit der stufenweisen Wiedereingliederung erbracht.

Prüfung der Zuständigkeit der Krankenkasse

Ein weiterer Punkt der Entscheidung betraf die Frage, ob die Krankenkasse als „erstangegangener Leistungsträger“ gemäß § 14 Abs. 2 SGB IX zur Erstattung der Fahrtkosten verpflichtet sei. Diese Regelung sieht vor, dass der zunächst angesprochene Leistungsträger verpflichtet ist, bei Nichtweiterleitung des Antrags auch Leistungen zu übernehmen, für die er eigentlich nicht zuständig ist. Das BSG verneinte dies jedoch, da der Kläger keine Leistung zur medizinischen Reha in Anspruch genommen hatte, die eine solche Pflicht zur Fahrtkostenübernahme begründen könnte.

Auswirkungen der Entscheidung für Versicherte

Die Entscheidung des Bundessozialgerichts hat wichtige Auswirkungen für Versicherte, die nach einer längeren Erkrankung in den Arbeitsprozess zurückkehren möchten.

Versicherte sollten sich bewusst sein, dass die stufenweise Wiedereingliederung in erster Linie der Wiederherstellung der beruflichen Leistungsfähigkeit dient und daher nicht unter den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung für Reha-Maßnahmen fällt. Dies bedeutet, dass die Fahrtkosten im Regelfall vom Versicherten selbst getragen werden müssen.