Jobcenter kassiert Rüge: Bürgergeld-Bezieher verliert Job, weil Mietkaution verweigert wurde

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Wenn ein Bürgergeld-Leistungsberechtigter einen Job nicht antritt, weil er die Mietkaution vor Ort nicht zahlen kann, dann handelt er nicht sozialwidrig und das Jobcenter darf von ihm keine Erstattung fordern. So urteilte das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen.( Az: L 11 AS 336/21)

Arbeitslos und Hilfsarbeit

Der Leistungsberechtigte aus Osnabrück war mit Unterbrechungen seit 2003 arbeitslos. Er hatte als Buchhalter gearbeitet. Ab 2003 wechselten sich Arbeitslosigkeit und ungelernte Tätigkeiten ab. Er arbeitete unter anderem im Supermarkt, im Lager und in der Gebäudereinigung.

Erfolglose Bewerbungen

Immer wieder bewarb er sich über viele Jahre hinweg in seinem Ausbildungsberuf als Buchhalter, leider erfolglos. Ab 2017 zahlte ihm das Jobcenter schließlich keine Fahrtkosten mehr für Vorstellungsgespräche.

Seine Chancen, doch noch in seinem gelernten Beruf unterzukommen, sanken damit noch tiefer.

Überraschender Arbeitsvertrag scheitert wegen Weigerung des Jobcenters

2019 erhielt der Leistungsberechtigte überraschend einen Arbeitsvertrag, und zwar bei einer Behörde in Düsseldorf. Für eine Wohnung am Arbeitsort hätte er eine Mietkaution bezahlen müssen. Das Geld dafür hatte er nicht.

Das Jobcenter weigerte sich, die Mietkaution zu übernehmen und ließ den Betroffenen in dem Moment auf den Boden prallen, als er endlich wieder in seinem Beruf hätte Fuß fassen können.

Das Jobcenter tritt nach

Nachdem das Jobcenter dem Leistungsberechtigten die bereits zugesagte Stelle vermasselt hatte, forderte es dann 2020 von dem Gebeutelten auch noch eine Erstattung wegen “sozialwidrigen Verhaltens”.

6.800 Euro wegen “sozialwidrigen Verhaltens”

Das Jobcenter begründete seine Forderung folgendermaßen: Er sei nicht zum Einstellungstermin erschienen und habe damit vorsätzlich das Zustandekommens eines Arbeitsverhältnisses verhindert.

Darum müsse er Grundsicherungsleistungen von 6.800 Euro erstatten.

“Nicht selbst verschuldet”

Der Drangsalierte ließ das nicht auf sich sitzen, sondern klagte erfolgreich mit der Begründung, dass er den fehlenden Arbeitsantritt nicht selbst verschuldet hätte.

Das Landessozialgericht stimmt dem Leistungsberechtigten zu

Das Gericht folgte dieser Erklärung. Es sei zwar richtig, dass Bürgergeld-Beziehende, die
ihre Hilfebedürftigkeit selbst herbeiführen, sie verschärfen oder nicht verringern, alle erhaltenen Leistungen für bis zu drei Jahre zurückzahlen.

Gerade er hätte sich aber nicht in zu missbilligender Weise selbst in die Lage gebracht.

Umzug war nötig

Zwischen dem bisherigen Wohnort Osnabrück und der Arbeitsstelle in Düsseldorf sei, so das Gericht, ein Umzug notwendig gewesen.

Es sei mitnichten sozialwidrig, wenn der Leistungsberechtigte den Job nicht antrete, weil er keine Wohnung vor Ort mieten könne.

Jobcenter hat keinen Anspruch auf Rückzahlung

Ihm hätte das Geld für die Mietkaution gefehlt und das Jobcenter hätte die Übernahme der Kaution abgelehnt. Insofern habe das Jobcenter keinen Anspruch auf Rückzahlung der Leistungen.

Fazit

Das Vorgehen des Jobcenters ist in hohem Ausmaß unethisch. Der Betroffene hatte nicht nur keine Verantwortung dafür, dass er die ersehnte Stelle nicht annehmen konnte.

Verantwortlich war vielmehr das Jobcenter, das die Mietkaution nicht übernahm.

Der Verantwortliche, also das Jobcenter, forderte dann sogar noch eine “Erstattung” von demjenigen, der den Schaden zu erleiden hatte.

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