Hartz IV: Unangemessene Heizkosten nicht ohne Vorwarnung

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Sind die Kosten der Unterkunft oder die Heizkosten “ungemessen”, kรถnnen die Jobcenter dazu รผbergehen, diese zu abzulehnen. Das aber setzt ein Kostensenkungsverfahren voraus.

Ohne vorherige Warnung รผber zu hohe Heizkosten darf das Jobcenter Hartz-IV-Beziehern nicht bei spรคteren Heizkostennachforderungen des Vermieters im Stich lassen.

Wie das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel urteilte, ist fรผr die Ablehnung der รœbernahme unangemessener Unterkunfts- oder Heizkosten ein vorheriges Kostensenkungsverfahren grundsรคtzlich โ€žnicht entbehrlichโ€ (Az.: B 14 AS 57/19 R).

Jobcenter lieรŸ alleinstehende Mutter mit drei Kindern im Stich

Im konkreten Fall hatte eine alleinerziehende Mutter geklagt. Die Klรคgerin bewohnt mit ihren drei kleinen Kindern eine Wohnung und ist auf Hartz IV Leistungen angewiesen. Sie zog im Juli in einer kleinere Wohnung. Im April verlangte der Vorvermieter eine Nachzahlung fรผr die Heizkosten in Hรถhe 690,35 โ‚ฌ.

Das Jobcenter weigerte sich die komplette Nachzahlung zu รผbernehmen. Die Behรถrde รผbernahm nur 148,58 โ‚ฌ. Die Betroffene sollte den Rest aus den Regelleistungen tragen.

Gerichte widersprachen sich

In der ersten Instanz verurteilte das Sozialgericht das Jobcenter die volle Hรถhe der Heizkostennachzahlung zu รผbernehmen. In der zweiten Instanz aber widersprach das Landessozialgericht dieser Rechtsauffassung und strich den Anspruch der Familie ganz. In der Begrรผndung hieรŸ es, die Heizkosten seien unangemessen zu hoch.

BSG: Ohne Kostensenkungsverfahren รœbernahme der vollen Heizkosten

Das BSG gab den Klรคgern jedoch recht. Das Jobcenter mรผsse die Heizkostennachforderung als zu รผbernehmender Bedarf der Klรคger anerkennen. Denn bevor die Behรถrde die รœbernahme unangemessen hoher Heizkosten ablehnen kรถnne, mรผsse Arbeitslosengeld-II-Beziehern zuvor die Chance gegeben werden, Heizkosten zu sparen.

Das Jobcenter sei bei unangemessenen Unterkunfts- und Heizkosten grundsรคtzlich zur Durchfรผhrung eines Kostensenkungsverfahrens verpflichtet. Damit kรถnnten die Hilfeempfรคnger ausreichend vor der Mรถglichkeit einer verweigerten Kostenรผbernahme gewarnt und รผber die Erstattungsgrenzen aufgeklรคrt werden. Dies sei hier unterblieben.

Aufklรคrung seitens des Jobcenters erforderlich

Die mit einer Kostensenkungsaufforderung verbundene Warn- und Aufklรคrungsfunktion ist auch in Bezug auf Heizkosten, welche die Grenzwerte des โ€žBundesweiten Heizspiegelsโ€œ รผberschreiten und ein unwirtschaftliches Heizverhalten indizieren, nicht entbehrlich, so das Gericht.

Die รœbernahme der Heizkostennachforderung beziehe sich normalerweise immer auf die aktuell bewohnte Wohnung. Es gebe aber auch bei einem Umzug Ausnahmen wie etwa ein durchgehender Anspruch auf Arbeitslosengeld II oder auf Leistungen wie das Kinderwohngeld.