Erwerbsminderungsrente: 1,8 Millionen Rentner werden weiter benachteiligt

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Das Bundesverfassungsgericht hat eine gemeinsame Verfassungsbeschwerde des Sozialverbands VdK und des Sozialverbands Deutschland (SoVD) gegen die Ungleichbehandlung von Erwerbsminderungsrentnerinnen und -rentnern zurückgewiesen. Die Entscheidung des Gerichts hat weitreichende Folgen, da rund 1,8 Millionen Erwerbsminderungsrentner von der Stichtagsregelung betroffen sind und damit weiterhin benachteiligt bleiben.

Stichtagregelung führte zu Ungleichbehandlung bei der Erwerbsminderungsrente

Die Stichtagsregelung, die von 2001 bis 2018 galt, führte dazu, dass Betroffene, die in diesem Zeitraum erwerbsgemindert wurden und eine Rente bezogen, weniger Geld erhielten als Neurentner, die nach 2019 in Rente gingen.

Der Grund für diese Ungleichbehandlung liegt in den unterschiedlichen Zurechnungszeiten, die bei der Berechnung der Rente berücksichtigt werden. Ab dem 1. Januar 2019 werden Erwerbsminderungsrentner so behandelt, als hätten sie bis zur Regelaltersgrenze gearbeitet. Dadurch erhalten sie eine höhere Rente. Wer jedoch vor 2019 in Rente geht, profitiert nicht von dieser Regelung. Dagegen hatten die Verbände geklagt.

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Verbände klagten bis zum Verfassungsgericht

Die Sozialverbände VdK und SoVD haben das Bundesverfassungsgericht angerufen, um diese Ungleichbehandlung zu stoppen. Sie argumentierten, dass die Stichtagsregelung eine diskriminierende Praxis darstelle, “die gegen verfassungsrechtliche Grundsätze verstoße”. Sie forderten “eine Gleichbehandlung aller Erwerbsminderungsrentner unabhängig vom Zeitpunkt ihres Rentenbeginns”.

Das Bundesverfassungsgericht entschied jedoch anders. Die obersten Richter urteilten, dass der Gesetzgeber in bestimmten Fällen Stichtage einführen dürfe, um Lebenssachverhalte zu regeln. Dies könne zwar “zu Härten führen, diese seien “aber unvermeidbar”.

Damit hat das Gericht die Stichtagsregelung für rechtmäßig erklärt, was für die betroffenen Erwerbsminderungsrentnerinnen und -rentner eine bittere Enttäuschung darstellt.

Zuschlägen für Bestandsrentner dennoch erreicht

Um den Druck auf den Gesetzgeber zu erhöhen, hatten VdK und SoVD öffentlich auf die Ungleichbehandlung hingewiesen und eine Überprüfung der Stichtagsregelung gefordert. Als Reaktion auf diesen Druck beschloss der Gesetzgeber schließlich die Einführung von Zuschlägen für so genannte Bestandsrentnerinnen und -rentner. Diese Zuschläge sollen je nach Rentenbeginn zwischen 4,5 und 7,5 Prozent betragen.

Die Sozialverbände gaben sich mit dieser Regelung jedoch nicht zufrieden und halten sie weiterhin “für unzureichend, um eine tatsächliche Gleichbehandlung herzustellen”. Sie kritisieren auch, dass “die Zuschläge erst ab Juli 2024 in Kraft treten sollen, was aus ihrer Sicht viel zu spät ist”.

VdK-Präsidentin Verena Bentele zeigte sich enttäuscht über die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Die Entscheidung sei “bitter für alle Menschen, die wegen Krankheit oder Behinderung nicht mehr arbeiten können und eine Erwerbsminderungsrente beziehen”.

Zwar habe der politische und juristische Druck der Verbände dazu geführt, dass “die Zuschläge für Bestandsrenten beschlossen wurden, sie hätten sich aber eine umfassendere und gerechtere Lösung gewünscht”.

Auch Michaela Engelmeier, Präsidentin des SoVD, zeigte sich enttäuscht, dass die Ungleichbehandlung bestehen bleibe. Dennoch wertete sie die Nachbesserungen für Bestandsrentner als Teilerfolg. Engelmeier betonte jedoch die Bedeutung des Musterstreitverfahrens, das “die Sozialverbände seit 2020 durch die Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht geführt haben”. Dieses Verfahren habe zumindest “einige Verbesserungen für die Betroffenen gebracht, wenn auch nicht in dem von den Verbänden erhofften Umfang”. (AZ: 1 BvR 847/23)

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