Bürgergeld: Gepfändetes Arbeitseinkommen darf das Jobcenter nicht anrechnen

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Pfändbare Beiträge, die beim Arbeitseinkommen nicht ausgezahlt werden, sind kein anrechenbares Einkommen im Sinne des § 11 SGB 2. So die Aussage des Landessozialgerichts Bayern mit Urteil vom 27.11.2024 – L 11 AS 232/22 – , denn die während eines Restschuldbefreiungsverfahrens gemäß § 287 Abs. 2 InsO an den Treuhänder abgetretenen pfändbaren Beträge sind nicht als Einkommen gemäß § 11 SGB II zu berücksichtigen, denn insoweit liegen keine bereiten Mittel vor.

Einer Anrechnung stehen die Grundsätze der “bereiten Mittel” entgegen

Einnahmen können nur dann als Einkommen berücksichtigt werden, wenn sie als ein zur Bedarfsdeckung “bereites Mittel” zur Verfügung stehen (BSG, Urteil vom 23.08.2011 – B 14 AS 165/10 R -).

Nur ein tatsächlich zum Lebensunterhalt einsetzbarer wertmäßiger Zuwachs macht Hilfe unnötig. Auf die Selbstleistungsfähigkeit bzw. den Nachrang der Grundsicherung kann nur verwiesen werden, wer seine existenziellen Bedürfnisse in der konkreten Lebenssituation wirklich selbst befriedigen kann.

Es kommt – und das gilt für Einkommen und Vermögen gleichermaßen – daher nicht nur darauf an, ob Vermögen bereits vorhanden ist oder sich eine Vermögensmehrung in Form von Einnahmen feststellen lässt, sondern dieses Gesamtvermögen muss auch zur Bestreitung des Lebensunterhalts eingesetzt werden können.

Dies ist hinsichtlich der vom Arbeitgeber des Klägers während des Restschuldbefreiungsverfahrens direkt an den Insolvenzverwalter abgeführten pfändbaren Beträge aber gerade nicht der Fall.

Um Restschuldbefreiung zu erlangen, muss der Schuldner im Zeitraum der Wohlverhaltensphase von sechs Jahren seine pfändbaren Forderungen an den Treuhänder abtreten (§§ 287 Abs. 2, 295 Satz 1 Nr. 4 Insolvenzordnung – InsO – in der vorliegend maßgeblichen Fassung vom 15.07.2013).

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Kommt er dem nach, liegen keine bereiten Mittel vor (vgl. BSG, Urteil vom 12.06.2013 – B 14 AS – 73/12 R -; vgl. entsprechend zur Pfändung: BSG, Urteil vom 19.08.2015 – B 14 AS 43/14 R -, Urteil vom 10.05.2011 – B 4 KG 1/10 R – ).

Gericht folgt nicht dem Jobcenter, wonach der Kläger gegen die Pfändung vorgehen könnte

Nicht gefolgt ist das Gericht der Auffassung des Jobcenters, wonach der Leistungsempfänger die Obliegenheit gehabt hätte, gegen die rechtswidrige Pfändung seines Arbeitseinkommens vorzugehen, geht dies – unabhängig davon, dass der Abzweigung an den Insolvenzverwalter keine Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, sondern eine Abtretung gemäß § 287 Abs. 2 InsO zugrunde lag – fehl.

Weder war es dem Kläger möglich, die bereits im Rahmen des Antrags auf Restschuldbefreiung erfolgte Abtretung rückgängig zu machen, noch die Höhe der pfändbaren Beträge zu verringern.

Eine andere Rechtsauffassung ergibt sich weder aus der vom Jobcenter angeführten Entscheidung des BSG vom 24.05.2017 (Az.: B 14 AS 32/16 R) – dieser lag mit einem Arbeitgeberdarlehen ein anderer Sachverhalt zugrunde – noch aus dem vom Jobcenter vorgelegten Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 15.01.2020 (Az. VII ZB 5/19), denn dieser betrifft allein die Ermittlung des Pfändungsfreibetrags nach § 850d Abs. 1 Satz 2 ZPO im Rahmen einer Unterhaltspfändung.

Anmerkung vom Verfasser

Steht der als Einkommen erlangte Wertzuwachs im Zeitpunkt des Zuflusses aus Rechtsgründen noch nicht als “bereites Mittel” zur Verfügung, ist die Berücksichtigung als Einkommen zu diesem Zeitpunkt auch dann ausgeschlossen, wenn der Leistungsberechtigte auf die Realisierung des Wertes hinwirken kann.

Eine Überweisung der Hälfte der Erbschaft an den Insolvenzverwalter zum Erhalt der Restschuldbefreiung – stellt keine bereiten Mittel dar ( BSG Az. B 14 AS 73/12 R ).