Das Merkzeichen G, das fรผr eine erhebliche Gehbehinderung steht, wird nach den gesetzlichen Vorgaben รผblicherweise an schwerbehinderte Menschen vergeben, die aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschrรคnkungen erhebliche Schwierigkeiten haben, sich im รถffentlichen Straรenverkehr zu bewegen.
Ein Betroffener gilt als in ihrer Bewegungsfรคhigkeit eingeschrรคnkt, wenn es ihr nicht mรถglich ist, eine รผbliche Wegstrecke im รถrtlichen Umfeld ohne erhebliche Schwierigkeiten oder Gefahr zurรผckzulegen. Diese Wegstrecke wird im Allgemeinen als zwei Kilometer definiert, die innerhalb von etwa 30 Minuten zurรผckgelegt werden kรถnnen.
Es reicht jedoch nicht aus, dass diese Strecke lediglich nicht im vorgegebenen Zeitrahmen bewรคltigt werden kann. Vielmehr muss eine erhebliche Beeintrรคchtigung aufgrund von spezifischen Funktionsstรถrungen vorliegen.
Funktionsstรถrungen und ihre Auswirkungen auf die Gehbehinderung
Um das Merkzeichen G zu erhalten, mรผssen Funktionsstรถrungen bestimmter Schwere vorhanden sein. In der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) sind detaillierte Kriterien beschrieben, welche Einschrรคnkungen als ausreichend erachtet werden, um eine erhebliche Gehbehinderung zu belegen.
Hierbei handelt es sich um Einschrรคnkungen des Gehvermรถgens, die auf verschiedene Faktoren zurรผckzufรผhren sind, darunter anatomische Merkmale, chronische Erkrankungen oder neurologische Beeintrรคchtigungen.
Diese Funktionsstรถrungen mรผssen jedoch spezifisch auf eine gesundheitliche Beeintrรคchtigung zurรผckzufรผhren sein. Faktoren wie der Trainingszustand oder die Tagesform einer Person werden bei der Entscheidung รผber die Zuerkennung des Merkzeichens G nicht berรผcksichtigt, da sie die Bewegungsfรคhigkeit nicht grundsรคtzlich beeinflussen.
Beurteilung der Gehbehinderung: Das Beispiel der Klรคgerin
Ein Fall, der die Zuerkennung des Merkzeichens G thematisiert, wurde am Landessozialgericht Berlin-Brandenburg verhandelt. Hierbei ging es um eine Klรคgerin, die unter mehreren Erkrankungen litt. Der Grad der Behinderung (GdB) wurde ursprรผnglich auf 80 festgesetzt, spรคter jedoch im Rahmen eines Nachprรผfungsverfahrens auf 60 herabgesetzt. Die Klรคgerin beantragte daraufhin die Zuerkennung des Merkzeichens G.
In diesem Verfahren wurden mehrere medizinische Gutachten eingeholt, die die gesundheitliche Situation der Klรคgerin umfassend analysierten. Wรคhrend einige Gutachter den GdB der Klรคgerin unverรคndert hoch einschรคtzten, wertete das Sozialgericht Cottbus die Beschwerden der Klรคgerin im Zusammenhang mit dem Lupus erythematodes jedoch als weniger schwerwiegend und setzte den Einzel-GdB herab.
Die entscheidende Rolle der medizinischen Gutachten
Im weiteren Verlauf des Verfahrens wurde ein weiteres Gutachten durch einen Facharzt eingeholt, der zu dem Schluss kam, dass die gesundheitlichen Voraussetzungen fรผr das Merkzeichen G bei der Klรคgerin vorlagen.
Hierbei wurde vor allem die Kombination der verschiedenen gesundheitlichen Einschrรคnkungen hervorgehoben, die in ihrer Gesamtheit eine erhebliche Gehbehinderung bewirken.
Besonders wichtig war, dass die Klรคgerin aufgrund der Beschwerden im rechten Ellenbogen keine Gehhilfen, wie einen Rollator oder Unterarmstรผtzen, verwenden kann. Dies fรผhrt zu einer erheblichen Einschrรคnkung ihrer Gehfรคhigkeit.
Auch die damit einhergehenden Reizzustรคnde an den Gelenken sowie eine schnelle Ermรผdung der Muskulatur aufgrund des Lupus erythematodes fรผhrten zu der Einschรคtzung, dass die gesundheitlichen Voraussetzungen fรผr die Zuerkennung des Merkzeichens G seit zwei Jahren bestehen.
Kombination von Behinderungen: Wie sie das Merkzeichen G beeinflussen
In der Bewertung der Zuerkennung des Merkzeichens G geht es nicht nur um die Einzeldiagnosen der Erkrankungen, sondern auch um deren kumulative Wirkung auf das Gehvermรถgen. Bei der Klรคgerin sind die Funktionsstรถrungen des Hรผftgelenks und die Beinverkรผrzung in Kombination mit den Beschwerden im Ellenbogen von entscheidender Bedeutung.
Die Arthrose im Ellenbogengelenk fรผhrt zu einer erheblichen Einschrรคnkung der Nutzung von Gehhilfen, wodurch die Mobilitรคt zusรคtzlich erschwert wird.
Der Facharzt betonte, dass die Kombination dieser Funktionsstรถrungen dazu fรผhrt, dass die Klรคgerin eine fรผr den รถrtlichen Verkehr รผbliche Wegstrecke nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten zurรผcklegen kann. Dieser Zustand rechtfertigt die Zuerkennung des Merkzeichens G.
Das Gericht stรผtzte sich auf diese fachliche Einschรคtzung und entschied zugunsten der Klรคgerin. In diesem Zusammenhang wurde das Merkzeichen G auch trotz eines Einzel-GdB von 30 anerkannt, da die kumulative Wirkung der Einschrรคnkungen zu einer erheblichen Gehbehinderung fรผhrte.
Bedeutung des Falles fรผr รคhnliche Verfahren
Der Fall der Klรคgerin zeigt auf, wie komplex die Entscheidung รผber die Zuerkennung des Merkzeichens G sein kann und welche Rolle die individuelle Kombination von Funktionsstรถrungen spielt. In รคhnlichen Fรคllen sollten Betroffene sicherstellen, dass alle gesundheitlichen Einschrรคnkungen umfassend dokumentiert und begutachtet werden.
Auch sollte darauf geachtet werden, dass die Auswirkungen der Einschrรคnkungen in ihrer Gesamtheit betrachtet werden, da diese oft die entscheidende Grundlage fรผr die Zuerkennung des Merkzeichens G sind.
Die Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg verdeutlicht zudem, dass die Nutzung von Gehhilfen allein nicht zwangslรคufig gegen eine erhebliche Gehbehinderung spricht. Wenn die Nutzung solcher Hilfsmittel selbst aufgrund weiterer gesundheitlicher Einschrรคnkungen nicht mรถglich ist, kann dies die Voraussetzungen fรผr das Merkzeichen G erfรผllen.
Was Betroffene beachten sollten
Personen, die das Merkzeichen G beantragen mรถchten, sollten sich bewusst sein, dass die Anerkennung nicht allein auf der Basis einer Diagnose erfolgt. Vielmehr sind die Gesamtauswirkungen aller gesundheitlichen Einschrรคnkungen entscheidend.
Es empfiehlt sich, alle relevanten รคrztlichen Atteste und Gutachten sorgfรคltig zusammenzustellen und bei Bedarf eine erneute Begutachtung durch einen spezialisierten Facharzt zu beantragen.