Mit zunehmender Lebenserwartung steigen für viele Rentner auch die Ausgaben für Zahnbehandlungen, Brillen, Hörgeräte, Medikamente oder gar eine dauerhafte Pflege.
Wenn Krankenkasse oder Pflegeversicherung nicht alles übernehmen, verzehren solche Rechnungen schnell einen erheblichen Teil des verfügbaren Einkommens. Das Steuerrecht hält allerdings eine Entlastung bereit: den Abzug sogenannter außergewöhnlicher Belastungen nach § 33 Einkommensteuergesetz. Und dabei können Bezieher einer Rente richtig sparen.
Außergewöhnliche Belastungen
Als außergewöhnliche Belastung gilt jede Ausgabe, die zwangsläufig entsteht, medizinisch notwendig ist, das gewöhnliche Maß übersteigt und nicht bereits von dritter Seite erstattet wurde.
Dazu zählen etwa Eigenanteile für stationäre und ambulante Behandlungen, Zuzahlungen in der Apotheke, Kosten für Sehhilfen, Hörgeräte oder Prothesen, Aufwendungen für Reha-Maßnahmen, Fahrtkosten zu Ärzten und Therapien sowie Pflege- und Heimkosten.
Selbst größere Umbauten in Haus oder Wohnung – etwa der barrierefreie Badumbau oder der Einbau eines Treppenlifts – sind anerkennungsfähig, wenn ein ärztliches Attest die Notwendigkeit bestätigt.
Die Hürde der zumutbaren Eigenbelastung
Bevor das Finanzamt diese Kosten steuermindernd berücksichtigt, wird ein individueller Eigenanteil abgezogen.
Dessen Höhe richtet sich nach Einkommen, Familienstand und Kinderzahl und beträgt – bei Steuerpflichtigen ohne Kinder – fünf Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte bis 15 340 Euro, sechs Prozent zwischen 15 340 Euro und 51 130 Euro und sieben Prozent oberhalb dieser Schwelle.
Wer verheiratet ist, kann dank des Splittingtarifs jeweils einen Prozentpunkt weniger ansetzen. Diese Prozentsätze sind gesetzlich festgeschrieben und gelten auch 2025.
Rechenbeispiel: Frau Schulz und ihr Zahnersatz
Die Wirkung zeigt ein Blick in die Praxis: Frau Schulz, verwitwet, erzielt 20 000 Euro Rente und Pensionseinkünfte. Ihre zumutbare Eigenbelastung beläuft sich auf sechs Prozent, also 1 200 Euro.
2024 musste sie 3 000 Euro für Zahnersatz, 500 Euro für Medikamente und 800 Euro für neue Hörgeräte aufbringen, nachdem alle Erstattungen bereits abgezogen waren.
Die Gesamtkosten von 4 300 Euro übersteigen die Eigenbelastung um 3 100 Euro. Liegt ihr persönlicher Steuersatz bei etwa 20 Prozent, sinkt ihre Steuerlast um rund 620 Euro.
Tabelle: So viel Steuern mit der Rente sparen bei Gesundheitsausgaben
Nachfolgend noch ein Beispiel, das veranschaulicht, welche Steuerersparnis Rentnerinnen und Rentner erzielen können, wenn sie ihre Gesundheits- und Pflegeaufwendungen als außergewöhnliche Belastungen geltend machen. Dabei wird angenommen, dass
- eine verwitwete Rentnerin 20 000 € Gesamteinkünfte hat,
- ihr daher eine zumutbare Eigenbelastung von 1 200 € (6 %) verbleibt,
- ihr persönlicher Steuersatz bei rund 20 % liegt.
Ausgaben (EUR) | Mögliche Steuererstattung (EUR) |
1 000 | 0 |
2 000 | 160 |
3 000 | 360 |
4 000 | 560 |
6 000 | 960 |
10 000 | 1 760 |
So liest man die Tabelle:
Nur der Teil der Kosten, der die zumutbare Eigenbelastung von 1 200 € übersteigt, wirkt steuermindernd.
Auf diesen übersteigenden Betrag wird der individuelle Steuersatz angewendet. Bei Ausgaben von 3 000 € ergibt sich also: (3 000 € − 1 200 €) × 20 % = 360 € Steuerersparnis. Bei 1 000 € bleibt die Steuererstattung hingegen bei null, weil die Eigenbelastung noch nicht überschritten ist.
Gestaltungsspielräume: Kosten im Kalenderjahr bündeln
Da das Finanzamt ausschließlich das Zahlungsdatum betrachtet, lohnt es sich, planbare Ausgaben möglichst in einem Kalenderjahr zu konzentrieren. Wer bereits weiß, dass eine größere Operation, eine neue Brille oder eine umfangreiche Zahnbehandlung anstehen, kann Termin und Rechnung oft so steuern, dass die Schwelle der zumutbaren Belastung sicher überschritten wird.
Fachleute sprechen vom „Bündeln“ außergewöhnlicher Belastungen, um eine höhere Steuerersparnis zu erzielen.
Pflege- und Heimunterbringung als besonderer Kostenblock
Pflegebedürftige oder ihre unterhaltspflichtigen Angehörigen dürfen Eigenanteile für ambulante Pflegedienste, häusliche 24-Stunden-Betreuung oder stationäre Heimaufenthalte absetzen.
Vom Heim-Gesamtentgelt werden zuvor pauschal die sogenannte Haushaltsersparnis – derzeit rund 10 000 Euro jährlich – sowie der Anteil für Verpflegung und Unterkunft abgezogen. Die verbleibenden Beträge überschreiten bei den meisten Betroffenen die Eigenbelastung deutlich und führen deshalb häufig zu vierstelligen Steuererstattungen.
Behinderung: Pauschbetrag oder Einzelnachweis
Menschen mit Behinderung können wählen, ob sie den Behinderten-Pauschbetrag nutzen oder ihre tatsächlichen Mehraufwendungen einzeln deklarieren. Doppelt abzuziehen ist unzulässig. Liegen die realen Kosten deutlich über dem Pauschbetrag, empfiehlt sich der Einzelnachweis, sonst ist der Pauschbetrag oft der unkompliziertere Weg.
Dokumentation: Quittungen, Atteste und Fahrtenlisten
Sorgfältige Belegführung ist unverzichtbar. Arztrechnungen, Apothekenquittungen, Kur- und Reha-Bescheide, Pflegeabrechnungen und Fahrtenlisten sollten chronologisch geordnet werden.
Für viele Maßnahmen – etwa eine Kur, einen behindertengerechten Umbau oder die Beschäftigung einer Haushaltshilfe während einer Erkrankung – verlangt das Finanzamt eine ärztliche Bescheinigung über die medizinische Notwendigkeit. Wer sie gleich anfordert und zu den Unterlagen nimmt, erspart sich Nachfragen der Behörde und beschleunigt die Bearbeitung.
Fazit: Steuerbonus nicht verschenken
Außergewöhnliche Belastungen bieten älteren Menschen die Chance, einen Teil ihrer hohen Gesundheits- und Pflegekosten steuerlich abzufedern. Zwar bleibt ein Eigenanteil, doch alles, was darüber hinausgeht, mindert die Steuer – mitunter um mehrere Hundert oder sogar Tausend Euro.
Wer Belege sammelt, medizinische Notwendigkeit dokumentiert und größere Ausgaben strategisch in einem Jahr zusammenführt, nutzt den gesetzlichen Spielraum optimal. Gerade in Zeiten, in denen Krankheiten oder Pflegebedürftigkeit die finanzielle Belastung erhöhen, ist dieser steuerliche Hebel ein wichtiges Instrument, um die Haushaltskasse spürbar zu entlasten.