Bürgergeld: Nebenkostenabrechnung – Was zahlt das Jobcenter?

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Durch die gestiegenen Strom- und Heizkosten wird es in fast allen Bürgergeldhaushalten zu Nachzahlungen durch den Vermieter bzw. den Energieversorgern kommen. Übernimmt das Jobcenter diese Kosten?

Nachzahlungsforderung durch den Vermieter

Bei der jährlichen Nebenkostenabrechnung des Vermieters wird es zu Nachzahlungsforderungen kommen. Selbst wer sehr sparsam war, sollte sich aufgrund der Preissteigerungen auf eine Nachzahlung einstellen.

Neben den monatlichen Regelleistungen muss das Jobcenter auch die Kosten der Unterkunft übernehmen. Dazu gehören neben Strom die Miete sowie die Heizkosten. Mieter müssen monatlich eine Pauschale zahlen. Meist sind die Heizkosten in den Nebenkosten enthalten.

Sind die Heizkosten höher als im Mietvertrag vereinbart, schickt der Vermieter eine Nachzahlungsforderung per Post.

Eigentlich müsste das Jobcenter die Nachzahlung übernehmen. Die Jobcenter weigern sich aber oft, weil sie vermuten, dass die Mehrkosten vorsätzlich oder fahrlässig verursacht wurden.

In der Regel wird das Jobcenter eine Kostensenkungsaufforderung schicken. Die Behörde wird dann alle möglichen Gründe herausfinden und die Betroffenen befragen.

Die Behörde muss also herausfinden, wie es zu den erhöhten Heizkosten gekommen ist. Da aber die Nebenkosten gestiegen sind, sollten die Betroffenen auch genau dies angeben, wenn dies der Grund für die erhöhte Nachzahlung ist.

Achtung wenn die Richtwerte deutlich überschritten sind

Nach einzelnen Urteilen der Sozialgerichte kann das Jobcenter die Nebenkosten auch ohne Kostensenkungsverfahren kürzen. Dies ist dann der Fall, wenn die abstrakten Richtwerte um mehr als 50 Prozent überschritten werden.

In jedem Fall sollte ein Antrag auf Übernahme der Heizkostennachzahlung beim zuständigen Jobcenter gestellt werden. Dieser Antrag sollte unter Angabe der BG-Nummer sowie einer Kopie der Nebenkostenabrechnung an die Behörde geschickt werden.

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Jobcenter versenden oft keine Kostensenkungsverfahren

Was die Jobcenter jedoch häufig versäumen, ist die vorherige Einleitung eines Kostensenkungsverfahrens. In diesem Verfahren muss die Behörde auffordern, weniger zu heizen oder eine andere Wohnung zu suchen.

Ein solches Verfahren ist auch im Gesetz verankert:
„Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.”

Urteil stärkt Rechte von Bürgergeld-Beziehern

Wie das Bundessozialgericht in Kassel entschieden hat (Az.: B 14 AS 57/19 R), ist ein vorheriges Kostensenkungsverfahren bei der Ablehnung der Übernahme unangemessener Unterkunfts- und Heizkosten grundsätzlich „nicht entbehrlich”.

Nach Auffassung des Gerichts ist das Jobcenter “bei unangemessenen Unterkunfts- und Heizkosten grundsätzlich zur Durchführung eines Kostensenkungsverfahrens verpflichtet”. Auf diese Weise könnten die Betroffenen ausreichend vor der Möglichkeit einer Ablehnung der Kostenübernahme gewarnt und über die Erstattungsgrenzen aufgeklärt werden.

Ohne Kostensenkungsverfahren müssen Jobcenter Nebenkostenabrechnungen zahlen. In diesem Fall muss das Jobcenter die Heizkostennachforderung “als zu übernehmenden Bedarf anerkennen”.

Denn bevor die Behörde die Übernahme unangemessen hoher Heizkosten ablehnen könne, müsse den Beziehern von Bürgergeld zunächst die Möglichkeit gegeben werden, Heizkosten einzusparen.

Widerspruch kann sich lohnen

Wenn also ein solches Verfahren erfolglos geblieben ist und die Nebenkostenabrechnung dennoch zurückgewiesen wurde, sollte unbedingt unter Hinweis auf den Gesetzestext und das zitierte Urteil Widerspruch eingelegt werden. Die Chancen auf eine spätere Übernahme sind dann sehr groß.

Mustantrag zur Übernahme der Nebenkostenabrechnung beim Bürgergeld

(Ort, Datum)
Name und Adresse, BG Nr.
Antrag auf Übernahme der Heiz- (und Neben-)kostennachforderung nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II – und Anpassung des monatlichen Abschlags gemäß der Vorgabe des Energieversorgers

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich / wir beantragen die Übernahme der Heiz- (und Neben-)kostennachforderung für das Jahr …. In der Anlage finden Sie die Abrechnung der SVO.

Weiter beantrage/n ich/wir einen Änderungsbescheid, der eine Anpassung des monatlichen Abschlags rückwirkend ab Januar 2008 entsprechend der Vorgaben des Energieversorgers vornimmt.

Mit freundlichen Grüßen
Anlage: Jahresabrechnung der SVO (Nebenkostenabrechnung)

Gilt die Karenzzeit bei den Heizkosten?

Für Leistungsbezieher gilt eine “Schonfrist” bei den Unterkunftskosten. In dieser Zeit darf das Jobcenter keine Kostensenkungsaufforderung aussprechen, wenn die Miete höher ist, als es die Angemessenheitskriterien vorsehen. Diese Regelung gilt jedoch nicht für die Heizkosten. Die Karenzzeit gilt also nicht für die Nebenkosten. Diese müssen weiterhin – auch während der Karenzzeit – den Angemessenheitskriterien des Jobcenters entsprechen.

Zahlt das Jobcenter auch Stromkostennachzahlungen?

Der durchschnittliche Strompreis (2023) liegt laut Verivox-Verbraucherpreisindex bei 48,20 Cent pro Kilowattstunde. Für eine Person sind das im Durchschnitt rund 1.104 Euro im Jahr bzw. rund 92 Euro.

Der Stromabschlag ist in der Regelsatzposition “Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung” enthalten. Im Jahr 2023 sind dafür nur noch 42 Euro im Monat bzw. 511 Euro im Jahr vorgesehen. Anhand dieser Vergleichszahlen wird deutlich, dass im Bereich Strom eine deutliche Unterdeckung besteht.

In der Regel müssen bei Stromnachzahlungen dennoch die Mehrkosten aus dem Regelsatz beglichen werden. In Ausnahmefällen springt das Jobcenter ein. Dazu mehr hier: Muss das Jobcenter die Stromnachzahlung zahlen?

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