Kindergeld: Wer bekommt den Kinderzuschlag von rund 300 Euro?

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„300 Euro Kinderzuschlag“ – so oder so ähnlich taucht die Leistung in vielen Ratgebern, Schlagzeilen und Foren auf. Gemeint ist damit der Kinderzuschlag, eine monatliche Unterstützung für Familien mit geringem Einkommen, die seit 2025 pro Kind bis zu 297 Euro beträgt – also „fast 300 Euro“.

Doch wer hat tatsächlich Anspruch auf dieses Geld? Und unter welchen Bedingungen wird der Zuschlag bewilligt – oder abgelehnt?

Der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt erklärt: “Anspruch haben vor allem Familien, die arbeiten und sich den eigenen Lebensunterhalt weitgehend selbst sichern, deren Einkommen aber nicht reicht, um ohne zusätzliche Hilfe die ganze Familie zu versorgen.”

Was hinter dem Kinderzuschlag steckt

Der Kinderzuschlag (KiZ) ist eine Leistung nach dem Bundeskindergeldgesetz. Er wird von der Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit gezahlt und ergänzt das Kindergeld. Ziel ist, Haushalte mit niedrigem Einkommen vor dem Abrutschen in den Bürgergeldbezug zu schützen.

Wichtig ist: Der Kinderzuschlag richtet sich nicht an Familien ohne eigenes Einkommen, sondern an Eltern, die zwar verdienen, aber mit ihrem Einkommen, dem Kindergeld und den Wohnkosten finanziell an der Grenze liegen.

Anders als beim Kindergeld ist der Kinderzuschlag ausdrücklich abhängig von Einkommen, Vermögen, Wohnkosten und der gesamten Familiensituation. Er wird nur auf Antrag bewilligt und jeweils für einen befristeten Zeitraum gewährt.

Wie hoch ist der Kinderzuschlag 2025 wirklich?

Seit dem 1. Januar 2025 liegt der Höchstbetrag des Kinderzuschlags bei 297 Euro pro Kind und Monat. Zuvor betrug er im Jahr 2024 noch 292 Euro.

Viele Medien und Ratgeber sprechen der Einfachheit halber von „300 Euro Kinderzuschlag“. Gemeint ist damit der gerundete Höchstbetrag, der tatsächlich knapp darunter liegt. Die Leistung wird für jedes anspruchsberechtigte Kind einzeln berechnet.

Die Höhe hängt allerdings stark von der individuellen Situation ab: Liegt das Einkommen höher, sinkt der Kinderzuschlag schrittweise. In der Praxis bedeutet das: Manche Familien erhalten den vollen Betrag von 297 Euro pro Kind, andere nur einen Teilbetrag, bis der Anspruch schließlich ganz wegfällt.

Grundvoraussetzung: Kind im Haushalt und Kindergeld

Den Kinderzuschlag gibt es nur für Kinder, die bestimmte Kriterien erfüllen. Die Familienkasse prüft dabei mehrere Punkte:

Das Kind muss im Haushalt der antragstellenden Eltern oder eines Elternteils leben, darf noch keine 25 Jahre alt sein und nicht verheiratet sein oder in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben. Außerdem muss für dieses Kind Kindergeld oder eine vergleichbare Leistung gezahlt werden.

Ohne laufenden Kindergeldanspruch gibt es keinen Kinderzuschlag. Auch volljährige Kinder in Ausbildung oder Studium können berücksichtigt werden, solange sie die Kindergeldvoraussetzungen erfüllen.

Mindesteinkommen: „Zu wenig“ ist ebenso problematisch wie „gar nichts“

Eine Besonderheit des Kinderzuschlags ist die Mindesteinkommensgrenze. Der Staat unterstützt ausdrücklich Familien, die zumindest einen Teil ihres Lebensunterhalts aus eigener Erwerbsarbeit bestreiten können.
Damit ein Anspruch besteht, muss das Bruttoeinkommen der Eltern bestimmte Untergrenzen erreichen.

Für Paare liegt sie bei mindestens 900 Euro brutto im Monat, für Alleinerziehende bei mindestens 600 Euro brutto monatlich – jeweils ohne Kindergeld, Kinderzuschlag und Wohngeld.

Wer darunter liegt, gilt als nicht ausreichend abgesichert und wird in der Regel auf Bürgergeld verwiesen. Wer darüber liegt, kann – je nach Gesamtbedarf und Wohnkosten – Kinderzuschlag erhalten, solange das Einkommen nicht so hoch ist, dass der Zuschlag rechnerisch auf null fällt.

Obere Einkommensgrenze: Kinderzuschlag statt Bürgergeld

Der zweite entscheidende Prüfpunkt ist die obere Einkommensgrenze. Hier geht es darum, ob die Familie mit ihrem Einkommen, dem Kindergeld, dem Kinderzuschlag und eventuell zustehendem Wohngeld ihren Bedarf decken kann – also nicht auf Bürgergeld angewiesen ist.

Die Familienkasse berechnet dazu, wie hoch der Bedarf der Familie nach SGB-II-Maßstäben wäre, also ähnlich wie beim Bürgergeld: Regelbedarfe der Erwachsenen und Kinder plus angemessene Kosten der Unterkunft. Anschließend prüft sie, ob Einkommen und Leistungen diesen Bedarf erreichen.

Seit einer Reform dürfen Familien den Kinderzuschlag sogar dann noch erhalten, wenn trotz Erwerbseinkommen, KiZ und Wohngeld maximal 100 Euro zum theoretischen Bürgergeld-Bedarf fehlen. Das soll verhindern, dass Familien wegen kleiner Schwankungen sofort in den Bürgergeldbezug rutschen.

Typische Fälle: Wer wirklich von den knapp 300 Euro Kinderzuschlag bekommt

Anspruch haben in der Praxis vor allem Familien, die arbeiten, aber mit ihrem Einkommen an Grenzen stoßen.

Das betrifft etwa Alleinerziehende mit Teilzeitjobs, deren Lohn zwar über der Mindesteinkommensgrenze liegt, aber nicht ausreicht, um höhere Mieten und Lebenshaltungskosten zu tragen. Ebenso profitieren Paare, bei denen beispielsweise nur eine Person Vollzeit arbeitet und die zweite in Teilzeit oder Minijob beschäftigt ist, insbesondere wenn mehrere Kinder im Haushalt leben.

Auch Familien, die in Regionen mit hohen Mieten wohnen, kommen häufig in den Anwendungsbereich des Kinderzuschlags. Der Zuschlag fängt dort gewissermaßen die Lücke zwischen Arbeitslohn und tatsächlichen Lebenshaltungskosten auf – solange die mathematischen Voraussetzungen erfüllt sind.

Was als Einkommen zählt – und was den Anspruch schmälert

Ob und in welcher Höhe der Kinderzuschlag gezahlt wird, hängt nicht nur vom Arbeitslohn ab. Die Familienkasse berücksichtigt eine ganze Reihe von Einkünften:

Dazu gehören Löhne und Gehälter, Gewinne aus selbstständiger Tätigkeit, bestimmte Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld I oder Elterngeld (soweit es den Freibetrag übersteigt), Unterhaltszahlungen, Unterhaltsvorschuss sowie manche Renten. Einkommen des Kindes – zum Beispiel Ausbildungsvergütung – wird ebenfalls anteilig angerechnet.

Gleichzeitig gibt es Freibeträge und einen sogenannten Abschmelzmechanismus: Übersteigt das Einkommen bestimmte Grenzen, reduziert sich der Kinderzuschlag schrittweise. Laut gesetzlicher Regelung wird anrechenbares Einkommen der Eltern nur zu 45 Prozent auf den Gesamtkinderzuschlag angerechnet. Dadurch fällt der Zuschlag nicht mehr abrupt weg, sondern sinkt gleitend, wenn das Einkommen steigt.

Auch Vermögen spielt eine Rolle. Liegen Ersparnisse über bestimmten Freibeträgen, kann dies den Anspruch ausschließen oder mindern. Die genaue Bewertung orientiert sich an Vorgaben, die auch im Wohngeldrecht eine Rolle spielen.

Sechs Monate Sicherheit: Bewilligungszeitraum und Neuantrag

Der Kinderzuschlag wird nicht dauerhaft bewilligt, sondern für einen befristeten Zeitraum. In der Regel beträgt dieser sechs Monate. Danach muss ein neuer Antrag gestellt werden, sofern der Anspruch weiter bestehen soll.

Der Bewilligungszeitraum beginnt normalerweise mit dem Monat der Antragstellung. Rückwirkend gibt es den Kinderzuschlag in der Regel nicht – wer spät beantragt, verschenkt also Geld.

Hat sich die Lage der Familie kaum verändert, kann statt eines kompletten Folgeantrags häufig ein Kurzantrag gestellt werden. Einkommensänderungen, ein Auszug oder Einzug von Familienmitgliedern, ein neuer Job oder Arbeitslosigkeit müssen der Familienkasse allerdings unverzüglich gemeldet werden.

Antragstellung: Wie Eltern an den Zuschlag kommen

Zuständig ist die Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit. Der Antrag kann online über das KiZ-Portal gestellt oder in Papierform eingereicht werden. Begleitend werden in der Regel Nachweise zu Einkommen, Mietkosten, Unterhalt und Familienstand verlangt.

Die Familienkasse prüft auf dieser Grundlage, ob das Mindesteinkommen erreicht ist, ob der Bedarf gedeckt wird und wie hoch der Zuschlag ausfällt. Die Berechnung ist komplex, weshalb offizielle Kinderzuschlag-Rechner empfohlen werden, um vorab zu prüfen, ob sich ein Antrag lohnt.

Wichtig ist eine zeitnahe Antragstellung. Da es keine rückwirkende Bewilligung für zurückliegende Monate gibt, können Familien bares Geld verlieren, wenn sie den Antrag aufschieben.

Kinderzuschlag, Wohngeld und Bildungspaket: Mehr als „nur“ 297 Euro

Wer Kinderzuschlag erhält, hat häufig Anspruch auf weitere Unterstützung.
Zum einen kann der Kinderzuschlag mit Wohngeld kombiniert werden. Gerade in Regionen mit hohen Wohnkosten ist das häufig entscheidend, damit der Bedarf der Familie gedeckt wird.

Zum anderen sind Empfängerinnen und Empfänger des Kinderzuschlags in der Regel berechtigt, Leistungen für Bildung und Teilhabe zu beantragen – etwa für Klassenfahrten, Schulmaterial, Mittagessen in Schule und Kita oder Vereinsbeiträge. Zusätzlich kann eine Befreiung von Kita-Gebühren möglich sein.

In der Summe kann die finanzielle Entlastung daher deutlich über den eigentlichen Kinderzuschlag hinausgehen, selbst wenn dieser „nur“ als Teilbetrag bewilligt wird.

Abgrenzung zu anderen Leistungen: Sofortzuschlag und Bürgergeld

Immer wieder kommt es zu Verwechslungen zwischen unterschiedlichen Leistungen für Kinder.

Der Kinderzuschlag von bis zu 297 Euro pro Monat und Kind richtet sich an Familien mit eigenem Einkommen, die knapp über dem Bürgergeldniveau liegen. Bürgergeld selbst ist eine Grundsicherungsleistung und nicht mit dem Kinderzuschlag kombinierbar. Wer Bürgergeld oder Sozialhilfe bezieht, erhält keinen Kinderzuschlag; die Unterstützung für Kinder erfolgt dann über die Regelsätze und Mehrbedarfe im Bürgergeldsystem.

Daneben gibt es weitere, kleinere Leistungen, etwa den Kindersofortzuschlag für bedürftige Kinder in bestimmten Sozialleistungssystemen, der seit 2025 bei 25 Euro monatlich liegt.

Diese Beträge werden manchmal in Berichten mit dem Kinderzuschlag vermischt, haben aber eine andere rechtliche Grundlage und Zielgruppe.
Blick nach vorn: Kinderzuschlag und die geplante Kindergrundsicherung
Politisch ist der Kinderzuschlag Teil einer größeren Debatte um eine Kindergrundsicherung. Diese sollte ursprünglich zum 1. Januar 2025 eingeführt werden und verschiedene Familienleistungen – darunter Kindergeld, Kinderzuschlag und Teile des Bildungs- und Teilhabepakets – bündeln.

Faktisch ist die Reform jedoch ins Stocken geraten. Nach dem Ende der Ampelkoalition und anhaltenden Konflikten über Finanzierung und Ausgestaltung ist eine Einführung frühestens 2026 in der Diskussion, und selbst dieser Zeitpunkt ist nach aktuellen Berichten unsicher.

Bis auf Weiteres gilt daher: Der Kinderzuschlag bleibt ein eigenständiger Zuschuss, das Familien mit geringem Einkommen unterstützen soll – und zwar mit bis zu 297 Euro pro Kind und Monat.

Praxisbeispiel mit Berechnung

Eine Familie lebt als Elternpaar mit einem achtjährigen Kind zusammen. Die Warmmiete beträgt 800 Euro. Der Vater hat ein Bruttoeinkommen von 3.300 Euro; als „zu berücksichtigendes Einkommen“ werden 2.100 Euro angesetzt, die Mutter hat kein Einkommen. Der Kinderzuschlag kann höchstens 297 Euro pro Kind betragen.

Für die Kürzung wird zuerst geschaut, ob das berücksichtigte Elterneinkommen über dem eigenen Bedarf der Eltern liegt. Im Beispiel liegt der Bedarf der Eltern bei 1.676 Euro (Regelbedarfe plus Anteil an den Wohnkosten). Damit ergibt sich ein Überschuss von 424 Euro (2.100 Euro minus 1.676 Euro). Von diesem Überschuss werden wegen Erwerbseinkommen 45 Prozent auf den Kinderzuschlag angerechnet, also 190,80 Euro. Vom Höchstbetrag 297 Euro bleiben damit 106,20 Euro; ausgezahlt werden im Beispiel gerundet 106 Euro Kinderzuschlag im Monat.

Wenn zusätzlich das Kind eigenes Einkommen hat, mindert das den Kinderzuschlag dieses Kindes ebenfalls – allerdings nicht vollständig, sondern ebenfalls nur zu 45 Prozent. Im Merkblatt-Beispiel erhält das Kind 300 Euro Unterhalt; 45 Prozent davon sind 135 Euro. Dann kann der Kinderzuschlag für dieses Kind höchstens 162 Euro betragen (297 Euro minus 135 Euro).

Fazit: Wer den Kinderzuschlag von rund 300 Euro bekommt

Anspruch auf den „Kinderzuschlag von 300 Euro“ – genauer: bis zu 297 Euro – haben Eltern oder Erziehungsberechtigte, die mit ihrem Kind oder ihren Kindern in einem Haushalt leben, für diese Kinder Kindergeld beziehen, mit ihrem Bruttoeinkommen mindestens 600 Euro (Alleinerziehende) oder 900 Euro (Paare) erreichen, kein Bürgergeld oder Sozialhilfe bekommen und trotz Erwerbseinkommen ohne Kinderzuschlag und Wohngeld ihren Bedarf nicht decken können, mit Kinderzuschlag und Wohngeld aber knapp über dem Existenzminimum liegen.

Für viele Haushalte bedeutet das eine spürbare monatliche Entlastung, die oftmals darüber entscheidet, ob die Familie auf Bürgergeld angewiesen ist – oder sich mit Unterstützung des Staates aus eigener Kraft über Wasser halten kann.