Wer bereits eine Erwerbsminderungsrente (EM-Rente) bezieht, mรถchte spรคter meist nahtlos in eine vorgezogene Altersrente wechseln. Das gelingt jedoch nur, wenn alle Voraussetzungen zum entsprechenden Zeitpunkt erfรผllt sind.
Entscheidend sind hier oft das Lebensalter und eine bestimmte Wartezeit. Fรผr schwerbehinderte Menschen (GdB mindestens 50) gilt zudem der Nachweis dieser Behinderung zum Beginn der Altersrente.
Inhaltsverzeichnis
Das ist wichtig fรผr die Altersrente
Altersrenten erfordern grundsรคtzlich eine Kombination aus dem richtigen Alter und ausreichenden Beitragszeiten. Wer vor Erreichen der Regelaltersgrenze in Rente gehen mรถchte, muss entweder 35 oder 45 Versicherungsjahre nachweisen. Besonders bei der Altersrente fรผr schwerbehinderte Menschen wird oft von 35 Jahren Wartezeit gesprochen.
Manche EM-Rentner gehen automatisch davon aus, dass ihre frรผhere Erwerbsminderungszeit lรผckenlos auf diese 35 Jahre angerechnet wird. Doch das Gesetz sieht hier spezielle Regeln vor, die sich nicht immer nahtlos in eine Rentenbiografie einfรผgen.
Voraussetzungen fรผr die Altersrente bei Schwerbehinderung
Um in eine vorgezogene Altersrente fรผr schwerbehinderte Personen zu wechseln, benรถtigen Betroffene neben einem bestimmten Lebensalter von meist 63 Jahren (je nach Geburtsjahr variiert dieser Grenzwert) auch die Wartezeit von 35 Jahren.
Die Schwierigkeit entsteht, wenn die befristete Erwerbsminderungsrente kurz vor diesem Wechsel endet und bestimmte Versicherungsmonate nicht mehr angerechnet werden kรถnnen. Besonders relevant wird dies, wenn im Lebenslauf Lรผcken auftreten, in denen keine Beitrรคge gezahlt wurden.
Versรคumte Nachweise kรถnnen zu fehlender Wartezeit fรผhren
An diesem Punkt sollte berรผcksichtigt werden, dass Zeiten ohne versicherungspflichtige Beschรคftigung, wie lรคngere Phasen von Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug oder Unterbrechungen zwischen Auslandsaufenthalten, nicht einfach rรผckwirkend erfasst werden kรถnnen. Versรคumte Nachweise fรผhren dann dazu, dass die nรถtige Summe von 35 Versicherungsjahren nicht erreicht wird.
Zurechnungszeit und ihre Besonderheiten
Eine der grรถรten Stolperfallen ist der Glaube, dass die Zurechnungszeit wรคhrend der gesamten Laufzeit bis zur Regelaltersgrenze gewertet wird. Zurechnungszeiten haben den Zweck, Personen zu unterstรผtzen, die frรผhzeitig aus dem Erwerbsleben ausscheiden mussten.
Viele Versicherte gehen davon aus, sie kรถnnten die gesamte Zurechnungsphase bis zur regulรคren Altersgrenze anrechnen lassen, obwohl die EM-Rente bereits ausgelaufen ist. Diese Annahme ist falsch, denn das Sozialgesetzbuch legt klar fest, dass nur die Monate zรคhlen, in denen ein Rentenbezug vorliegt.
Befindet sich jemand in einer befristeten EM-Rente, die etwa Ende 2025 endet, wird ab diesem Stichtag keine weitere Zurechnungszeit gutgeschrieben.
Fehlende Versicherungszeiten trotz Rentenbezug
Nicht wenige denken, dass der Bezug einer Erwerbsminderungsrente automatisch zur Erfรผllung der 35-jรคhrigen Wartezeit fรผhrt. Tatsรคchlich besteht aber immer das Risiko, wichtige Beitragsmonate zu verpassen.
Lรผcken im Lebenslauf kรถnnen schwer wiegen, etwa wenn vor dem Rentenbeginn Zeiten unbezahlter Pflege, Auslandsaufenthalte ohne Sozialversicherung oder Phasen ohne freiwillige Beitragsleistung angefallen sind.
Auch wenn man insgesamt viele Jahre gearbeitet hat, kรถnnen sich bestimmte Monate summieren und dazu fรผhren, dass man am Ende nur 33 oder 34 Jahre erreicht โ zu wenig fรผr eine Altersrente vor der Regelaltersgrenze.
Wer die EM-Rente zwar viele Jahre erhรคlt, jedoch kurz vor Erreichen des vorgezogenen Altersrentenbeginns den Rentenanspruch verliert, kann schnell feststellen, dass er ohne weitere Beitragszeiten die magischen 35 Jahre verpasst.
Dieses Szenario wird oft รผbersehen, da es hรคufig zum Trugschluss kommt, alle Zeiten in der Erwerbsminderungsrente seien automatisch Wartezeiten.
Wie zรคhlt man die Wartezeit richtig?
Rechtlich betrachtet wird jeder Kalendermonat bewertet. Das macht die Wartezeiterfassung mitunter zu einer sehr detaillierten Ermittlung. Wer genau wissen mรถchte, ob er bereits auf 35 oder 45 Versicherungsjahre kommt, sollte sein Versicherungskonto von der Deutschen Rentenversicherung prรผfen lassen. Die Wartezeitauskunft zeigt konkret, wie viele Monate bereits vorliegen und ob noch etwas fehlt.
Wird eine Zurechnungszeit mit Rentenbezug anerkannt, erhรคlt man in diesem Zeitraum zusรคtzliche Monate, die an die Wartezeit angerechnet werden kรถnnen.
Beispiel: Wenn es am Ende doch nicht reicht
Stellen wir uns vor, ein Versicherter wird Mitte Dezember 2022 erwerbsgemindert und beginnt zum 01.01.2023 den Bezug seiner Rente wegen Erwerbsminderung, befristet bis 31.12.2025.
Geplant ist eine vorgezogene Altersrente fรผr schwerbehinderte Menschen ab 01.01.2028, wofรผr mindestens 35 Jahre Wartezeit notwendig sind. Das Versicherungskonto zeigt jedoch, dass aktuell drei Jahre fehlen.
Wรคhrend der Laufzeit der Erwerbsminderungsrente bis Ende 2025 werden die Zurechnungszeiten hinzugerechnet, weil sie parallel mit dem Bezug der EM-Rente verlaufen. Endet die EM-Rente am 01.01.2026, findet keine weitere Anrechnung statt. Wer nun gehofft hatte, die theoretisch bis zur Regelaltersgrenze reichende Zurechnungszeit vollstรคndig nutzen zu kรถnnen, sieht sich getรคuscht.
Hรคufige Irrtรผmer rund um die Zurechnungszeit
Ein weitverbreiteter Irrglaube besteht darin, dass sรคmtliche Zurechnungsmonate von vorneherein bis zur gesetzlichen Regelaltersgrenze zรคhlen. Doch diese Monate werden nur so lange erfasst, wie die EM-Rente tatsรคchlich flieรt.
Auch wird mitunter angenommen, dass frรผhere Phasen mit Unterbrechungen spรคter einmal problemlos nachgekauft werden kรถnnen. In der Praxis ist das oft nur fรผr bestimmte Zeitrรคume mรถglich, und es muss geklรคrt werden, ob noch eine Nachzahlung von freiwilligen Beitrรคgen zulรคssig ist.
Bei der Planung eines vorgezogenen Altersrentenbeginns kann auch das eigene Geburtsdatum eine Rolle spielen, weil es festlegt, ab wann die verschiedenen Rentenarten beantragt werden kรถnnen. Wer vorzeitig in Rente gehen will, muss nicht nur das richtige Geburtsjahr abwarten, sondern auch sicherstellen, dass die erforderliche Wartezeit tatsรคchlich erreicht wird.
Wartezeitauskunft anfordern
Fรผr alle Betroffenen ist es entscheidend, den eigenen Versicherungsverlauf mรถglichst lรผckenlos darzustellen. Die Kontenklรคrung bei der Deutschen Rentenversicherung kann dabei helfen, fehlende Zeiten aufzuspรผren oder Nachweise fรผr Beschรคftigungen, Krankheit, Arbeitslosigkeit oder andere relevante Zeitrรคume einzureichen. Anschlieรend lรคsst sich anhand einer Wartezeitauskunft ermitteln, ob und wann die 35 oder 45 Jahre tatsรคchlich voll sind.
Ohne eine solche Auskunft lรคuft man Gefahr, auf falsche Angaben zu vertrauen oder sich auf Annahmen zu stรผtzen, die sich spรคter als unzutreffend herausstellen.
Wer rechtzeitig feststellt, dass mehrere Monate fehlen, kann noch eine beitragspflichtige Tรคtigkeit aufnehmen oder freiwillige Beitrรคge zahlen. Dieses Vorgehen verhindert, dass man am Ende ohne Altersrentenanspruch dasteht, obwohl man zuvor eine EM-Rente bezogen hat.
Erbsenzรคhlerei bei Kalendermonaten: Wieso jeder Monat zรคhlt
Die Deutsche Rentenversicherung prรผft jeden einzelnen Kalendermonat, der relevant sein kรถnnte. In diesem Prozess wird unterschieden zwischen Pflichtbeitragszeiten, freiwilligen Beitrรคgen, Ersatzzeiten, Anrechnungszeiten und Zurechnungszeiten.
Letztere sind primรคr fรผr Erwerbsminderungsrentner von Bedeutung, denn sie erhรถhen rechnerisch die Beitragsjahre und damit auch die Rentenleistung. Sobald der Rentenbezug aber endet, kann der Anspruch auf Wartezeit aus diesen Zurechnungszeiten erlรถschen.
Es kann sein, dass einem Versicherten am Ende wenige Kalendermonate fehlen, die er zu einem frรผheren Zeitpunkt durch lรผckenlose Beitrรคge oder rechtzeitige Kontenklรคrung hรคtte schlieรen kรถnnen.
Die Folge ist unter Umstรคnden eine deutliche Verzรถgerung beim Renteneintritt oder die Notwendigkeit, auf die regulรคre Altersrente warten zu mรผssen, was gerade fรผr schwerbehinderte Personen finanziell und gesundheitlich belastend sein kann.
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Carolin-Jana Klose ist seit 2023 Autorin bei Gegen-Hartz.de. Carolin hat Pรคdagogik und Sportmedizin studiert und ist hauptberuflich in der Gesundheitsprรคvention und im Reha-Sport fรผr Menschen mit Schwerbehinderungen tรคtig. Ihre Expertise liegt im Sozialrecht und Gesundheitsprรคvention. Sie ist aktiv in der Erwerbslosenberatung und Behindertenberatung.