Hilferuf aus dem Sozialamt: Viele Rechtsbrüche gegenüber Sozialhilfe-Beziehern

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Den Sozialhilfe- und Erwerbslosenverein Tacheles e.V. erreichen immer häufiger Anfragen wegen Fehlverhalten des Wuppertaler Sozialamtes. Mal geht es um gezielt verschleppte Anträge, dann um unbearbeitete und wiederholt um Willkür und Rechtswidrigkeit.

Etwas stimmt nicht

Harald Thomé von Tacheles zufolge ist die Häufung der Fälle ein Hinweis darauf, dass etwas zum Himmel stinkt. Er schreibt: “Wenn sich in der Sozialberatung des Tacheles solche Fälle häufen, ist es nach unserer Erfahrung ein sicherer Indikator dafür, dass in der Praxis der Behörde etwas gehörig schiefläuft.”

Zudem sind die Fehler des Sozialamtes oft dieselben. So reagiert das Sozialamt nicht auf Anträge oder verschelppt diese durch das Fordern nach immer weiteren Unterlagen.

Rückzahlungen ohne Rechtsgrundlage

Häufig fordert das Sozialamt ohne Begründung Kontoauszüge für absurd lange Zeiträume – über Jahre hinweg. Dann wieder fordert es Zahlungen zurück ohne dafür eine Rechtsgrundlage zu haben.

Sozialamtsbescheiden fehle eine für die Betroffenen nachvollziehbare Begründung, was die Akzeptanz der Entscheidungen untergrabe.

Sozialamt gefährdet Menschen

Dabei geht es nicht um bloße Ärgernisse. Antragsteller seien vor allem krank, leistungsgemindert oder alt. Leistungen erst verzögert zu gewähren greift die nackte Existenz von real Bedürftigen an, denn diesen fehlen in der Wartezeit die Mittel, sich Essen, Kleidung und andere lebensnotwendige Dinge zu kaufen.

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Personalmangel oder fehlendes Rechtsverständnis

Thomé vermutet zwei Gründe für dieses Fehlverhalten des Sozialamts. Zum einen vermutet er eine durch Personalmangel ausgelöste Überlastung der Mitarbeiter.

Zum anderen schließt er, dass die Mitarbeiter den Gesetzestext falsch anwenden, und jegliche Leistungen erst nach genauer Prüfung der Bedürftigkeit gewähren.

Vorläufige Zahlungen bei hinreichender Wahrscheinlichkeit

Dabei schreibe das Gesetz vor, Leistungen vorläufig oder als Vorschuss zu gewähren, wenn dem Grunde nach ein Anspruch bestünde und dessen Voraussetzungen hinreichend wahrscheinlich seien.

Ein verbreitetes Problem

Mit den von Thomé erkannten Problemen steht Wuppertal nicht allein, sondern sie betreffen auch Sozialämter in anderen Städten. So ergab eine Umfrage von rbb/24, dass diese Behörden in fast allen Berliner Bezirken unter akutem Personalmangel leiden.

In Hamburg-Mitte gab es 2023 300 Überlastungsanzeigen von Mitarbeitern im Fachamt für Sozialhilfe und Grundsicherung, und im Regionalverband Saarbrücken arbeitet das Sozialamt nur noch mit Terminen statt zuvor vier Tage die Woche.

Der Grund ist auch in Saarbrücken Personalmangel: Im Bereich existenzsichernde Leistungen sind 14 von 44 Planstellen unbesetzt.

Antragsstau bei Hilfe zur Pflege

Im Sozialamt Langenhagen stauen sich die Anträge zur Hilfe bei Pflege. In der Regel dauert es ein halbes Jahr, bis ein solcher Antrag bearbeitet ist, und dass für Pflegebedürftige, die auf die Bewilligung lebensnotwendig angewiesen sind.