Hartz IV und Tafel: Hartzbittere Tafel-Schokolade

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Hartzbittere „Tafel“ – Schokolade

08.04.2012

Die „hartzbittere Tafel-Schokolade“ der Trierer KAB-Sozialfüchse ist zum Sinnbild für eine soziale Fehlentwicklung in unserer Gesellschaft geworden. Das leckere Lebensmittel hat einen bitteren Beigeschmack.

Nach dem klassischen Dreischritt Sehen-Urteilen-Handeln haben die Trierer Sozialfüchse die Lebensmittel-Tafeln, die mittlerweile nicht mehr aus der Versorgung eines immer größer werdenden Teils der Bevölkerung wegzudenken sind, einschließlich der dahinter stehenden Armutsentwicklung untersucht.

Die caritativen Tafeln für arme Menschen in den Städten und Gemeinden sind groteskerweise nicht nur zu einer kommunalen Sozialeinrichtung, sondern – obwohl ehrenamtlich und oft aus christlich motivierten Gründen betrieben – zum Bestandteil eines ausgedünnten staatlichen Sozialsystems institutionalisiert worden. Kürzungen bei Hartz-IV-Beziehern werden immer öfter mit der Bemerkung kompensiert: „Sie können ja die Nahrungsmittel für sich und Ihre Familie bei der hiesigen Tafel abholen." Tonnen wertlos gewordener Nahrungsmittel von Lebensmittelketten, die durch industrielle und profitmotivierte Überproduktion entstanden sind, werden abgeschrieben in den Bilanzen der Unternehmen und an die Tafeln gespendet. Sie finden ihre „Neubewertung" als Ergänzung unzureichender staatlicher Leistungen für Hartz-IV – Bezieher und ihre Familien.

Für einen „Alternativen Sozialreport" hatte die KAB Trier die ökonomischen, sozialen und politischen Zusammenhänge von Lebensmittel-Tafeln über einen Zeitraum von drei Jahren untersucht und die absurden Züge einer „Almosen-Ökonomie" in einer reichen Gesellschaft herausgearbeitet. Dies wurde öffentlich mit Vertretern der Tafelbewegung und Politikern diskutiert. „Das christliche und absolut menschliche Empfinden, armen Menschen zu helfen, wird instrumentalisiert und zu einem geldwerten Vorteil der Lebensmittel-Händler gemacht", erklärt Albert Ottenbreit von der KAB Trier. Eine kapitalistische Ökonomie, die immer mehr Menschen von menschenwürdiger Arbeit und ausreichendem Einkommen ausschließt, findet in der sich ausbreitenden Tafelbewegung eine Stütze, um ihr System, das Armut und Ausgrenzung produziert, weiter aufrechtzuerhalten. Armutsbekämpfung, so die KAB Trier, darf Hunger und Armut nicht verfestigen, sondern muss deren Ursachen bekämpfen und strukturelle politische Lösungen einfordern. „Man müsste bei existenzsichernden Sozialleistungen und einem gesetzlichen Mindestlohn anfangen und weitergehen bis zu einem grundlegenden Wandel der Erwerbsarbeitsgesellschaft in Richtung einer Tätigkeitsgesellschaft, in der entfremdete Lohnarbeit abgeschafft ist", findet der Diözesanvorsitzende Günther Salz.

Mit einer „hartzbitteren" Tafel-Schokolade aus fair gehandelter Schokolade machen die Trierer Sozialfüchse auf die strukturelle Ausnutzung der Armut durch Lebensmitteldiscounter und Politik aufmerksam. Mit einem „Tafel-Denk-Zettel" präsentieren die Sozialfüchse die Ergebnisse des „Alternativen Sozialreports". Als Füchse sind die Teilnehmer des Projektes den Dingen auf den Grund gegangen, haben hinter die Kulissen geschaut, Missstände und Widersprüche aufgedeckt. Sie wollen Arme nicht mit Almosen abspeisen. Sie wollen Gerechtigkeit statt purer Barmherzigkeit! (Quelle: KAB- „Impuls“ 2/2012 – Magazin der Bewegung für Soziale Gerechtigkeit (darin auch ein Interview mit R. Hickel). Mehr Kritisches zum Thema auch: www.tafelforum.de (pm)

Bild: Günter Havlena / pixelio.de