Die Witwenrente ist fรผr viele Hinterbliebene elementar wichtig zur eigenen Absicherung. Der Gesetzgeber knรผpft die Hinterbliebenenrente jedoch an die Bedingung, dass eigenes Einkommen nur bis zu einem bestimmten Freibetrag anrechnungsfrei bleibt. Alles, was darรผber liegt, verringert die Hinterbliebenenrente zu 40 Prozent des รผbersteigenden Betrags.
Diese Grundregel gilt seit Jahrzehnten und ist in ยง 97a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) verankert.
Jedes Jahr wird die Schwelle, ab der gekรผrzt wird, zum 1. Juli neu festgesetzt โ eine Anpassung, die der Lohn- und Rentenentwicklung folgt und damit Kaufkraftverluste ausgleichen soll.
Inhaltsverzeichnis
Der neue Freibetrag ab 1. Juli 2025
Fรผr den Zeitraum vom 1. Juli 2025 bis 30. Juni 2026 betrรคgt der anrechnungsfreie Freibetrag exakt 1 076,86 Euro monatlich in West- wie Ostdeutschland. Pro waisenrentenberechtigtem Kind erhรถht sich die Grenze um weitere 228,42 Euro.
Erst wenn das bereinigte Nettoeinkommen โ zu dem neben Renten auch Arbeitsverdienste, Betriebsrenten oder Einkรผnfte aus Vermietung zรคhlen kรถnnen โ diesen Betrag รผberschreitet, greift die Kรผrzungslogik.
Vom Brutto zum Netto: So entsteht die maรgebliche Vergleichsgrรถรe
Bei Altersrenten ermittelt die Deutsche Rentenversicherung das anzurechnende Nettoeinkommen, indem sie pauschale Abzรผge fรผr Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrรคge sowie eine pauschale Steuerlast berรผcksichtigt.
Fรผr Renten, die nach 2010 begonnen haben, betrรคgt dieser Abschlag 14 Prozent; bei einem Rentenbeginn vor 2011 sind es 13 Prozent. Mit dieser Typisierung will der Gesetzgeber eine realistische, aber einfache Nรคherung an das tatsรคchliche Netto schaffen.
Auf dieser Basis lรคsst sich der viel diskutierte โBrutto-Korridorโ bestimmen: Wer ab Juli 2025 eine eigene gesetzliche Rente bezieht, darf rund 1 252 Euro brutto im Monat erhalten, ohne dass die Hinterbliebenenrente gekรผrzt wird.
Zieht man von dieser Summe 14 Prozent ab, bleiben rechnerisch 1 076,72 Euro netto โ ein Wert, der die neue Freibetragsgrenze um wenige Cent unterschreitet.
Liegt der Rentenbeginn vor 2011, greift wegen des geringeren Abschlags von 13 Prozent bereits bei etwa 1 237 Euro Bruttorente die Kรผrzungsregel.
Mehr als Rentenzahlungen: Welche Einkรผnfte auรerdem relevant sind
Neben der eigenen Alterssicherung werden auch Arbeitsentgelte, Einkรผnfte aus selbstรคndiger Tรคtigkeit, Krankengeld, Betriebs- und Riester-Renten sowie bestimmte Kapitaleinkommen geprรผft.
Die Beitrรคge zur Kranken- und Pflegeversicherung werden bei Lohn- und Gehaltseinkรผnften pauschal mit 40 Prozent abgezogen, um ebenfalls ein vergleichbares Netto zu ermitteln.
Leistungen, die bereits entstandene Kosten ersetzen โ etwa Pflegegeld oder Aufwandsentschรคdigungen fรผr Ehrenรคmter โ bleiben unberรผcksichtigt. Dies soll sicherstellen, dass nur verfรผgbare Einkommen die Hinterbliebenenrente mindern.
Kinderzuschlรคge heben die Schwelle
Elternteile, deren Kinder Anspruch auf Waisenrente haben, profitieren zusรคtzlich: Fรผr jedes Kind steigt der Freibetrag um 228,42 Euro. Damit dรผrfen etwa Alleinerziehende mit zwei berechtigten Kindern sogar ein Nettoeinkommen von bis zu 1 533,70 Euro behalten, ehe eine Anrechnung erfolgt.
Praktische Auswirkungen
Das Zusammenspiel von eigener Rente und Hinterbliebenenleistung fรผhrt hรคufig zu Nachfragen bei der Rentenversicherung.
Wer knapp รผber der neuen Bruttogrenze liegt, erlebt nur eine moderate Kรผrzung: Von jedem Euro oberhalb des Freibetrags flieรen lediglich 40 Cent in die Anrechnung. Beispiel: Eine Witwe mit 1 300 Euro fiktiver Nettorente รผbersteigt den Freibetrag um 223,14 Euro. Ihr Hinterbliebenenanspruch reduziert sich damit um 89,26 Euro im Monat, die restliche Witwenrente bleibt unberรผhrt.
Weil die individuelle Steuer- und Beitragssituation abweichen kann, empfiehlt sich vorab eine schriftliche Bescheinigung der Deutschen Rentenversicherung.
Freibetrรคge: Warum die Grenze jedes Jahr steigt
Die jรคhrliche Neubestimmung folgt den gleichen Parametern wie die allgemeine Rentenanpassung: maรgeblich ist die Lohnentwicklung des Vorjahres, der Nachhaltigkeitsfaktor und โ ab 2025 โ die Stabilitรคtsreserve in der gesetzlichen Rente.
Damit soll verhindert werden, dass die Anrechnung schon bei geringen Lohn- oder Rentensteigerungen greift. 2024 lag der Freibetrag noch bei 1 038,05 Euro, seit Juli 2025 also 38,81 Euro hรถher.
Praxisbeispiel (Stand 1. Juli 2025)
Frau Mรผller bezieht eine monatliche Witwenrente von 750 Euro. Ihre eigene Altersrente betrรคgt 1 300 Euro brutto und hat 2022 begonnen.
Nettoermittlung der eigenen Rente
1 300 Euro ร 0,86 (= 14 % Pauschalabzug) = 1 118 Euro fiktives Netto.
Vergleich mit dem Freibetrag
1. Freibetrag ab 1. Juli 2025: 1 076,86 Euro.
2. รbersteigung: 1 118 โฌ โ 1 076,86 โฌ = 41,14 Euro.
Kรผrzung der Witwenrente
40 % des รผbersteigenden Betrags werden abgezogen:
41,14 โฌ ร 0,40 = 16,46 Euro.
Auszahlungsbetrรคge
Neue Witwenrente: 750 โฌ โ 16,46 โฌ = 733,54 Euro.
Eigene Rente: unverรคndert 1 300 Euro brutto (1 118 Euro netto).
Ergebnis: Frau Mรผller erhรคlt kรผnftig insgesamt 1 851,54 Euro netto an monatlichen Rentenleistungen (1 118 โฌ + 733,54 โฌ).
Ergebnis
Die Anhebung des Freibetrags auf 1 076,86 Euro netto bringt ab Juli 2025 spรผrbare Entlastungen fรผr Hunderttausende Hinterbliebene. Dennoch bleibt das System komplex: Nur wer die Logik der pauschalen Nettoermittlung, die Besonderheiten frรผher Rentenbeginne und die zusรคtzlichen Kinderzuschlรคge kennt, kann den eigenen Gestaltungsspielraum ausschรถpfen.
Fachliche Beratung sorgt dafรผr, dass aus der kombinierten Versorgung aus eigener Rente und Hinterbliebenenleistung verlรคssliche Planungssicherheit entsteht.