Darf das Jobcenter ohne Zustimmung eines Bürgergeld-Beziehers öffentlich Daten im Internet veröffentlichen? Ein Leser wandte sich an unsere Redaktion.
Jobcenter schickte Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt
Weil keine Eingliederungsvereinbarung zwischen dem Jobcenter und einem Leistungsberechtigten zustande kam, hat die Behörde eine Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt erlassen.
Dies ist jedoch bereits ein Irrtum der Behörde, da ab dem 01.07.2023 die Eingliederungsvereinbarung durch den Kooperationsplan ersetzt wird. Bestehende Eingliederungsvereinbarungen gelten längstens bis zum 31.12.2023 nach den bisherigen gesetzlichen Regelungen weiter, bis ein Kooperationsplan erstellt wurde.
Thomas W., Bürgergeld-Bezieher, berichtet aber: “Ich habe heute eine Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt vom Amt erhalten, weil ich mich mit dem Jobcenter nicht einigen konnte. Darin steht, dass meine Daten für Bewerbungen auch im Internet veröffentlicht werden. Ich möchte aber nicht, dass dies geschieht. Einfach so, über meinen Kopf hinweg ohne mich zu fragen”.
Neuer Kooperationsplan statt Eingliederungsvereinbarung
Zu Beginn des Bürgergeld-Leistungsbezugs wird ein Kooperationsplan unterschrieben.
Darin wird in der Regel vereinbart, dass sich beide Seiten, also das zuständige Jobcenter und der oder die Leistungsbeziehende, nach Kräften um eine Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt bemühen. Dabei geben viele Bezieher von Bürgergeld unbedacht ihr Einverständnis, dass ihre Daten auch an alle möglichen Unternehmen zur Arbeitssuche weitergegeben werden dürfen.
Behörde handelt rechtswidrig
Kommt ein Kooperationsplan nicht zustande oder kann er nicht fortgeschrieben werden, erfolgt die Aufforderung zur Mitwirkung mit Rechtsfolgenbelehrung. Das Jobcenter soll regelmäßig überprüfen, ob die Leistungsberechtigten dem Mitwirkungsplan nachkommen.
Aufforderungen hierzu erfolgen grundsätzlich mit Rechtsfolgenbelehrung, insbesondere bei Maßnahmen. Das wollte offenbar die Behörde tun, ist aber hinter der Neuregelung, die seit 1.7.2023 gilt, hinterher.
Gegen-Hartz IV
Keine Veröffentlichung von sensiblen Daten – auch nicht zu Stellensuche
Kommen wir aber zu der eigentlichen Frage zurück. Darf das Jobcenter bzw. die Arbeitsagentur einfach Daten über Leistungsbeziehende im Internet, also beispielsweise auf Jobbörsen, veröffentlichen, ohne dass Arbeitssuchende ihr Einverständnis geben?
Die Antwort ist Nein. Das Gesetz hierzu ist ist sehr eindeutig:
“Die Agentur für Arbeit darf in die Selbstinformationseinrichtungen Daten über Ausbildungsuchende, Arbeitsuchende und Arbeitgeber nur aufnehmen, soweit sie für die Vermittlung erforderlich sind und von Dritten keiner bestimmten oder bestimmbaren Person zugeordnet werden können. Daten, die von Dritten einer bestimmten oder bestimmbaren Person zugeordnet werden können, dürfen nur mit Einwilligung der betroffenen Person aufgenommen werden. Der betroffenen Person ist auf Verlangen ein Ausdruck der aufgenommenen Daten zuzusenden. (…)” (SGB III, §40 Abs. 3)
Bundesagentur für Arbeit bestätigt Recht auf Anonymisieren
Auch die Bundesagentur für Arbeit hat in einem ähnlichen Fall sehr eindeutig geantwortet: “Grundsätzlich ist die anonyme Veröffentlichung möglich. (…) Wenn Fragen bestehen, welche Daten und Angaben veröffentlich sind, empfehlen wir dies im nächsten Beratungsgespräch zu thematisieren.” Hinweis: Auskunftsrecht nach §83 SGB X
Als Betroffener hat man demnach nach §83 SGB X das Recht, Auskunft darüber zu erhalten, welche Daten über Sie bei der Agentur für Arbeit gespeichert sind.
Widerspruch einlegen
Demnach sollte Thomas W. per Widerspruch darauf drängen, dass die Eingliederungsvereinbarung nunmehr in einem Kooperationsplan verändert wurde. Was das bedeutet und was sich verändert hat, haben wir in diesem Artikel beschrieben. Zudem sollte Thomas W. in dem Widerspruch ebenfalls auf SGB III, §40 Abs. 3 verweisen und einer Veröffentlichung seiner Daten widersprechen.