1300 Euro Rente: Zählen Sie auch zu den Armuts-Rentnern?

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Armutsgefährdet gilt nach EU-SILC, wer weniger als 60 Prozent des mittleren äquivalenzgewichteten Nettoeinkommens zur Verfügung hat. Für eine alleinlebende Person lag diese Schwelle 2024 bereits bei 1 381 Euro netto im Monat und ist angesichts der starken Lohnzuwächse 2024/25 weiter gestiegen.

Aktuelle Modellrechnungen des Statistischen Bundesamts weisen für Anfang 2025 einen Richtwert von rund 1 440 Euro aus, auch wenn die amtliche Veröffentlichung noch aussteht.

Rentenwirklichkeit: Durchschnittswerte und ihre Fallstricke

Die durchschnittliche Altersrente aus der gesetzlichen Versicherung betrug 2023 laut Regierungsbericht 1 099 Euro monatlich, wobei Männer im Schnitt 1 346 Euro und Frauen lediglich 903 Euro erhielten.

Interne Rentenversicherungsdaten für 2024 zeigen zwar einen kräftigen Anstieg auf rund 1 660 Euro, allerdings beziehen sich diese Zahlen auf Versicherte mit mindestens 35 Beitragsjahren und blenden Teilzeit- und Erwerbsunterbrechungen aus.

Damit klaffen statistische Darstellung und Alltagserfahrung auseinander – ein wesentlicher Grund dafür, dass viele Menschen die amtlichen Durchschnittswerte als realitätsfern empfinden.

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Altersarmut in Zahlen: Befund des Armutsberichts 2025

Der Paritätische Wohlfahrtsverband konstatiert in seinem Armutsbericht 2025 einen erneuten Anstieg der relativen Armut: 15,5 Prozent der Gesamtbevölkerung und 19,4 Prozent der Menschen ab 65 Jahren leben unterhalb der Armutsgrenze.

Besonders alarmierend: Das reale Medianeinkommen der Armen ist seit 2020 trotz staatlicher Hilfen inflationsbereinigt um weitere 60 Euro gesunken.

Was Grundrente, Rentenpaket II und Generationenkapital leisten

Seit 2021 wird die Grundrente ausgezahlt, doch eine DIW-Bilanz zeigt, dass deutlich weniger Menschen profitieren als erwartet. Der Einkommens-Check führt dazu, dass über die Hälfte der Niedrigverdienenden leer ausgeht.

Parallel dazu hat die Ampel-Koalition 2024 das Rentenpaket II auf den Weg gebracht. Es verlängert die Haltelinie von 48 Prozent beim Rentenniveau bis 2039 und führt mit dem Generationenkapital erstmals eine kapitalgedeckte Säule ein. Ob dieses Paket wirklich umgesetzt wird, ist durch den Regierungswechsel allerdings unklar.

Kritiker monieren allerdings, dass die künftige Rendite des Staatsfonds ungewiss sei und die Maßnahme kurzfristig keine Armut lindert.

Rentenanpassung 2025: Mehr Geld, begrenzte Wirkung

Zum 1. Juli 2025 stiegen alle gesetzlichen Renten um 3,74 Prozent, der aktuelle Rentenwert erhöht sich von 39,32 auf 40,79 Euro.

Bei einer Standardrente von 1 000 Euro sind das gut 37 Euro zusätzlich – ein Plus, das die Inflation gerade so ausgleicht, wie die Juni-Teuerungsrate von 2,0 Prozent zeigt.

Reale Kaufkraft: Inflation zieht weniger an, Preise bleiben hoch

Die Inflationsrate ist von 5,9 Prozent im Krisenjahr 2023 auf durchschnittlich 2,2 Prozent im Jahr 2024 und zuletzt 2,0 Prozent im Juni 2025 gefallen.

Dennoch liegen die Preise für Nahrungsmittel immer noch deutlich über dem Vorkrisenniveau und steigen aktuell doppelt so schnell wie der Gesamtindex.

Die Reallöhne wuchsen 2024 um 3,2 Prozent, während die meisten Bestandsrentner nur auf die jährliche Anhebung angewiesen sind.

Geschlechter- und Regionenunterschiede: Wo das Risiko am größten ist
Frauen bleiben überproportional gefährdet.

Eine DIW-Studie von 2025 zeigt, dass Mütter mit mehreren Kindern im Ruhestand bis zu ein Drittel geringere Rentenansprüche haben als Männer gleichen Jahrgangs.

Auch regionale Disparitäten bestehen fort: Rentner in Westdeutschland erreichen im Schnitt knapp 1 900 Euro, während Frauen in Ostdeutschland vielfach unter 1 500 Euro bleiben.

Warnsignal bleibt, Strategien müssen nachjustiert werden

Die Behauptung, wonach Millionen Rentnerinnen und Rentner unterhalb der Armutsgrenze leben, ist in der Tendenz weiterhin korrekt – selbst wenn die Zahl nicht ganz so hoch ausfällt wie ursprünglich prognostiziert.

Das relative Armutsrisiko älterer Menschen ist weiterhin größer als das der Gesamtbevölkerung und wird vom aktuellen Reformtempo nur gebremst, nicht umgekehrt.

Kurzfristig hilft die Rentenanpassung 2025 vor allem gegen die Inflation. Langfristig bleibt entscheidend, ob Generationenkapital, eine verbesserte Grundrente und höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen die Einkommenslücke schließen können.

Ohne stärkere Mindestsicherung und eine wirksamere Bekämpfung von Niedriglöhnen wird Altersarmut auch 2030 ein politisches Dauerthema bleiben.