Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung – Anspruch und Höhe

Veröffentlicht am
Lesedauer 5 Minuten

Für Betroffene im Rentenalter oder bei voller Erwerbsminderung ist nicht mehr das Jobcenter, sondern das Sozialamt zuständig. Statt dem SGB II greift dann das SGB XII. Im Folgenden informieren wir Sie darüber, unter welchen Voraussetzungen Anspruch auf Grundsicherung besteht.

Denn das Bürgergeld ist nicht die einzige Sozialleistung, die Menschen ohne existenzsichernde Arbeit bekommen können. Anspruch auf Bürgergeld haben nämlich nur die, die zumindest theoretisch arbeiten könnten.

Wer kann Grundsicherung bekommen?

Damit Sie Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gemäß SGB XII beantragen können, müssen Sie hilfebedürftig sein – also Ihren Lebensunterhalt nicht mit eigenem Einkommen und Vermögen sicherstellen können – und Ihr gewöhnlicher Aufenthaltsort muss in Deutschland liegen. Darüber hinaus muss einer der folgenden Punkte zutreffen:

  1. Sie müssen die Altersgrenze für das Rentenalter erreicht haben.
  2. Sie müssen das 18. Lebensjahr vollendet haben und aus medizinischen Gründen dauerhaft voll erwerbsgemindert (i.S.V. § 43 Abs. 2 SGB VI) sein.

Einfache Faustregel für Anspruch auf Grundsicherung: Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung sollten Personen im Rentenalter oder voll Erwerbsgeminderte einen Anspruch auf Grundsicherung prüfen lassen, wenn das gesamte Einkommen unter 973 Euro beträgt. Dieser Wert dient jedoch nur als grobe Orientierung und kann von Region zu Region schwanken.

Sonderfall: Kriegsopfer erhalten gemäß dem „Entschädigungsgedanken“ eine „gehobene Fürsorgeleistung“ nach dem Bundesversorgungsgesetz, die zumindest teilweise anrechnungsfrei bleibt.

Wann ist die Altersgrenze für die Rente erreicht?

Um einen Anspruch auf Grundsicherung im Alter zu erhalten, müssen Sie die Altersgrenze für die Rente erreicht haben. Diese wird schrittweise von 65 Jahren auf 67 Jahre angehoben. Alle Personen mit einem Geburtsdatum ab dem Jahr 1964 haben erst ab ihrem 67. Geburtstag die Altersgrenze für die Rente erreicht.

Für Personen, deren Geburtsdatum vor dem Jahr 1964 liegt, gilt folgende Regelung: Ab dem Geburtsjahrgang 1947 wird die Altersgrenze für das Rentenalter für jedes Jahr nach 1947 um einen Monat angehoben.

Wer also beispielsweise im Jahr 1956 geboren wurde, erreicht das Rentenalter bei 65 Jahren plus 10 Monate. Im Jahr 2024 wird diese Regelung aktualisiert. Ab dem Geburtsjahrgang 1959 steigt die Altersgrenze für die Rente dann zwei Monate pro Jahr.

Welche Kosten werden bei der Grundsicherung berücksichtigt?

Die Leistungen für Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung orientieren sich an den Regelbedarfsstufen beim Bürgergeld. Alleinstehende erhalten ab dem 1. Januar 2023 also beispielsweise bis zu 502 Euro im Monat.

Leistungsberechtigte, die in einer Partnerschaft im gleichen Haushalt leben, erhalten bis zu 451 Euro im Monat. Darüber hinaus werden angemessene Kosten für die Unterkunft inklusive Heizkosten und Nebenkosten berücksichtigt. Ausführliche Informationen hierzu finden Sie in dem Artikel „Bürgergeld-Regelsatz 2023 – Regelbedarf, Mehrbedarfe und Mietkosten“.

Grundsicherung als Aufstockung zur Rente

Wichtig zu erwähnen ist, dass die Grundsicherung eine eigenständige Leistung ist, die unabhängig von der regulären Altersrente gezahlt wird. Wenn Sie bereits Rente erhalten und davon nicht leben können, besteht eventuell zusätzlich zur Rente auch ein Anspruch auf Grundsicherung.

Grundsicherung: Welchen Einfluss haben Einkünfte und Vermögen?

Bei der Bewilligung des Antrags spielt auch das Einkommen und das Vermögen der Antragstellenden eine wichtige Rolle. Dabei ist nicht nur das eigene Einkommen und Vermögen relevant, sondern auch das des Ehepartners, beziehungsweise des Partners in einer ehe- oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft. Folgende Posten werden beispielsweise als Einkünfte oder Vermögen angerechnet:

  • Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen und vergleichbare Einkommen,
  • Bargeld oder Gelder auf Konten oberhalb des Schonvermögens (das Schonvermögen liegt bei Alleinstehenden bei 10.000 Euro und bei Paaren bei 20.000 Euro),
  • Wertpapiere,
  • Rente und Pensionen,
  • Unterhaltszahlungen,
  • Autos,
  • Häuser und Wohnungen, die selbst nicht genutzt werden,
  • Elterngeld über 300 Euro,
  • Miet- und Pachteinnahmen,
  • Kindergeld,
  • Krankengeld,
  • erhaltene Zinsen über 26 Euro pro Jahr.

Das vorhandene Vermögen muss zunächst aufgebraucht werden, bevor ein Anrecht auf Grundsicherung besteht. Es gibt jedoch auch einige Posten, die nicht zum Einkommen und Vermögen hinzugerechnet werden, wie zum Beispiel:

  • Schonvermögen,
  • Erbstücke mit persönlichem Wert,
  • angemessener Hausrat,
  • eigenes Haus oder eigene Wohnung, insofern diese selbst genutzt wird,
  • geförderte Altersvorsorge wie Riesterrente, insofern diese noch nicht zur Auszahlung gekommen ist,
  • 30 Prozent des Einkommens aus selbstständiger/nichtselbstständiger Tätigkeit, jedoch höchstens 50 Prozent der Regelbedarfsstufe 1 (entspricht derzeit 251 Euro),
  • Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz,
  • Elterngeld bis maximal 300 Euro,
  • Geld aus steuerfreien Tätigkeiten (z.B. Ehrenamt) bis zu 250 Euro,
  • Pflegegeld.
  • Bei Personen, die mindestens 33 Jahre in die Grundrente eigezahlt haben, werden derzeit maximal 224,50 Euro der Grundrente angerechnet.

Keine Leistungen ohne Antrag

Für Grundsicherungsleistungen besteht gemäß § 44 SGB XII Antragserfordernis. Das bedeutet im Klartext: Wenn Sie Geld vom Amt bekommen möchten, müssen Sie die vorgegebenen Formulare ausfüllen, die nötigen Anlagen beifügen und Ihre Unterlagen einreichen. Sonst sehen Sie keinen Euro, auch wenn Sie beispielsweise völlig mittellos und 70 Jahre alt sind.

Der Antrag muss bei dem zuständigen Sozialamt eingereicht werden oder bei der Deutschen Rentenversicherung, die diesen dann weiterleitet. Das Datum der Antragsstellung ist dabei wichtig.

Der erste Tag des Monats, in dem der Antrag eingereicht wurde, zählt als Beginn der Grundsicherung. Bei einem bewilligten Antrag werden Leistungen über 12 Monate gezahlt. Im Anschluss muss ein neuer Antrag gestellt werden. Leistungen zur Grundsicherung im Alter oder bei voller Erwerbsminderung können nicht rückwirkend beantragt werden.

Achtung: Sie müssen während dem Bezug dieser Leistung in Deutschland wohnen. Wer sich länger als vier Wochen ununterbrochen im Ausland aufhält, verliert den Anspruch auf die Grundsicherung und die die Zahlungen werden eingestellt.

In Sonderfällen werden Leistungen auch ohne Antrag gezahlt

Trotz Antragserfordernis gibt es Ausnahmen, in denen “ab Bekanntwerden” der Hilfebedürftigkeit Leistungen gezahlt werden. Dann werden die Gelder als Hilfe zum Lebensunterhalt, beim Amt gerne HzL oder HLU genannt, bezeichnet und sind im dritten Kapitel des SGB XII: „Hilfe zum Lebensunterhalt“ geregelt.

Hilfe zum Lebensunterhalt können Personen bekommen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und weder zu Leistungen nach dem SGB II noch nach dem vierten Kapitel SGB XII berechtigt sind.

Das heißt, wer sich weder für Bürgergeld vom Jobcenter noch für Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung qualifiziert, wird unter Umständen durch die Hilfen zum Lebensunterhalt aufgefangen.

Fällt man in dieses Kapitel des SGB XII, muss das Sozialamt das Existenzminimum über Sozialhilfeleistungen nach dem dritten Kapitel SGB XII sicherstellen. Hier wird ohne Antragserfordernis ab „Bekanntwerden“ der Hilfebedürftigkeit (s. oben) geleistet. Der berechtigte Personenkreis ist nicht näher beschrieben.

Wer bekommt Hilfen zum Lebensunterhalt?

In der Praxis bekommen Hilfen zum Lebensunterhalt beispielsweise:

  • Vollwaisen vor Vollendung des 15. Lebensjahres
  • (auf Zeit) erwerbsunfähige Eltern ohne erwerbsfähige Kinder im Haushalt
  • (voraussichtlich) dauerhaft im Inland sich aufhaltende Ausländer/innen (z. B. in den ersten drei Monaten ihres Aufenthaltes, in denen sie keine SGB II-Leistungen beanspruchen können).

Alle AusländerInnen mit tatsächlichem Aufenthalt in der Bundesrepublik haben Anrecht auf Grundsicherungsleistungen (drittes und viertes Kapitel SGB XII), sofern sie nicht nur zum Zweck der Arbeitssuche oder zur Erlangung von Sozialhilfeleistungen eingereist sind und für sie nicht das Asylbewerberleistungsgesetz in Frage kommt. AusländerInnen mit verfestigtem Aufenthaltsstatus sind sozialrechtlich Deutschen gleichgestellt.

Auszubildende oder Studierende schließt das SGB XII allerdings explizit aus. Dazu gibt es in § 22 SGB XII Regeln: Wer eine BaföG/BAB-fähigen Ausbildung macht, bekommt keine Hilfen zum Lebensunterhalt.

Unterhaltsforderungen gegenüber Angehörigen

Beim Jobcenter läuft es so: Angehörige von Erwerbslosen, die außerhalb der Bedarfsgemeinschaft leben, bittet das Jobcenter nur in Ausnahmefällen zur Kasse, um für den Lebensunterhalt ihrer Verwandten aufzukommen (§ 33 Abs. 2 SGB II). Diese Ausnahmen betreffen beispielsweise Unterhaltspflichtige.

Das gleiche gilt bei Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung . In diesem Zusammenhang werden Angehörige in aller Regel nicht zu Unterhaltsleistungen herangezogen. Angehörige müssen nur zahlen, wenn das Amt Hinweise hat, dass die Angehörigen mehr als 100.000 € im Jahr verdienen.

Wenn jemand, der Grundsicherung bezieht, in einer Haushaltsgemeinschaft mit „anderen“ Personen lebt (andere Personen heißt hier: nicht Partner oder Eltern), müssen die anderen Personen nicht für seinen Lebensunterhalt mit aufkommen (§ 43 Abs. 1 Satz 1 SGB XII).

Verwandte ersten Grades müssen Unterhalt zahlen

Bekommt jemand Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem dritten Kapitel SGB XII, müssen Verwandte ersten Grades (also Eltern an Kinder und umgekehrt) allerdings Unterhalt zahlen.

Sie haben dann einen Freibetrag und müssen mit dem zusätzlich verfügbaren Geld die hilfebedürftige Person unterstützen. Die gesetzliche Unterhaltsvermutung des § 9 Abs. 5 SGB II für Verwandte und Verschwägerte in der Haushaltsgemeinschaft (mit einem gewissen Freibetrag) wird auf alle Personen in der Haushaltsgemeinschaft ausgeweitet (§ 36 SGB XII).

Quellen

Zweites Sozialgesetzbuch (SGB II)

Sechstes Sozialgesetzbuch (SGB VI)

Zwölftes Sozialgesetzbuch (SGB XII)