Rente: Null Euro trotz Grundrente ab 2026 im neuen Rentenbescheid

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Auf dem Papier steht der Grundrentenzuschlag, im Portemonnaie kommt nichts an: Für viele Rentnerinnen und Rentner sieht der neue Bescheid so aus, als sei die Grundrente bewilligt worden – nur um anschließend faktisch auf Null zu fallen. Das ist kein Rechenfehler im Einzelfall, sondern ein Systemeffekt.

Denn der Grundrentenzuschlag besteht aus zwei getrennten Schritten: Erst wird er rentenrechtlich ermittelt, danach wird er über die Einkommensanrechnung wieder gekürzt – im Extremfall vollständig.

Genau diese Trennung sorgt für die Fassungslosigkeit. Wer „Zuschlag“ im Bescheid liest, erwartet eine Auszahlung. Tatsächlich ist der Grundrentenzuschlag keine eigenständige Leistung, sondern ein Bestandteil der laufenden Rente. Er kann daher rechnerisch „entstehen“ und trotzdem in der Auszahlung bei 0 Euro landen, wenn die Einkommensanrechnung den Zuschlag vollständig aufzehrt.

Warum 2026 so viele neue Bescheide bringt

Die Deutsche Rentenversicherung überprüft die Einkommensverhältnisse beim Grundrentenzuschlag regelmäßig zum Jahreswechsel. Zum 1. Januar 2026 wird deshalb für viele Betroffene neu gerechnet. Der entscheidende Punkt: Maßgeblich ist nicht das aktuelle Einkommen, sondern das Einkommen aus dem vorletzten Kalenderjahr.

Für die Berechnung ab Januar 2026 geht es also regelmäßig um die Daten aus 2023; wenn diese noch nicht vorliegen, wird auf 2022 zurückgegriffen. Die Prüfung läuft automatisiert über Meldungen der Finanzverwaltung. Wer betroffen ist, bekommt einen neuen Bescheid – auch dann, wenn sich am Ende nichts erhöht, sondern der Zuschlag sinkt oder vollständig wegfällt.

Das ist gewollt, weil der Grundrentenzuschlag nicht pauschal, sondern abhängig von einem „Grundrentenbedarf“ wirken soll. In der Praxis führt die Rückschau-Logik aber zu harten Brüchen: Ein einmaliges höheres Einkommen im Jahr 2023 kann den Zuschlag 2026 komplett ausradieren, selbst wenn die Lage heute schlechter ist.

Was bei der Anrechnung zählt – und warum sich das „ungerecht“ anfühlt

Für die Einkommensanrechnung ist nicht entscheidend, wie viel Geld monatlich tatsächlich verfügbar ist, sondern was steuerlich als Einkommen erfasst wurde. Die Finanzbehörden melden stets Jahreswerte, die Rentenversicherung teilt diese für die monatliche Anrechnung durch zwölf. Das ist technisch konsequent, wirkt aber lebensfremd, weil es Einmaleffekte glättet und damit über Monate hinweg nachwirkt.

Hinzu kommt: Für Ehepaare und eingetragene Lebenspartnerschaften wird das Einkommen zusammen betrachtet. Wer verheiratet ist, wird damit nicht nur an der eigenen Steuerlage gemessen, sondern am gemeinsamen Haushaltseinkommen. Genau an dieser Stelle kippt der Zuschlag für viele auf Null – nicht weil die eigene Erwerbsbiografie „zu gut“ wäre, sondern weil der Partner oder die Partnerin zu viel zu versteuerndes Einkommen hatte.

Die Schwelle, ab der der Zuschlag auf Null gedrückt werden kann

Die Einkommensgrenzen steigen 2026, weil sie an die Rentenanpassung gekoppelt sind. Das hilft einigen – aber es ändert nichts daran, dass oberhalb bestimmter Schwellen die Kürzung sehr schnell vollständig wird.

Die Mechanik arbeitet in Zonen: bis zur ersten Grenze bleibt der Zuschlag ungekürzt, darüber wird ein Teil angerechnet, und oberhalb der oberen Grenze wird der darüberliegende Anteil vollständig angerechnet.

In der Konsequenz reicht ein vergleichsweise kleiner „Überhang“ über der oberen Grenze, um einen ohnehin nicht riesigen Zuschlag komplett zu neutralisieren.

Einkommensanrechnung beim Grundrentenzuschlag ab 01.01.2026 Wirkung
Alleinstehend: bis 1.492 € (monatliches, angerechnetes Einkommen) keine Anrechnung
Alleinstehend: 1.492 € bis 1.909 € Anrechnung in der 60%-Zone
Alleinstehend: über 1.909 € der darüberliegende Anteil wird vollständig angerechnet
Verheiratet/Lebenspartnerschaft: bis 2.327 € (gemeinsames Einkommen) keine Anrechnung
Verheiratet/Lebenspartnerschaft: 2.327 € bis 2.744 € Anrechnung in der 60%-Zone
Verheiratet/Lebenspartnerschaft: über 2.744 € der darüberliegende Anteil wird vollständig angerechnet

Die entscheidende Botschaft für Betroffene lautet daher: Ein Bescheid mit „bewilligtem“ Zuschlag ist keine Garantie für eine Auszahlung. Der Zuschlag kann rechnerisch vorhanden sein und anschließend vollständig durch die Anrechnung verschwinden.

BSG-Urteil vom 27.11.2025: Ehegatteneinkommen darf berücksichtigt werden

Viele hofften, dass die Anrechnung des Ehegatteneinkommens juristisch kippt. Diese Hoffnung hat das Bundessozialgericht Ende 2025 beendet. Das Gericht hält die Einbeziehung des zu versteuernden Einkommens von Ehegatten beziehungsweise eingetragenen Lebenspartnern beim Grundrentenzuschlag für verfassungsgemäß.

Grundlegender Gedanke: Eheleute hätten eine gesetzliche Unterhaltspflicht; deshalb dürfe der Gesetzgeber typisierend davon ausgehen, dass ein verheirateter Versicherter wirtschaftlich anders abgesichert sei als jemand ohne diese rechtliche Bindung.

Kritisch daran ist weniger die juristische Logik als die soziale Wirkung: Wer verheiratet ist, kann trotz eigener niedriger Rentenbiografie leer ausgehen, während in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft das Partnereinkommen nicht in derselben Weise durchschlägt. Das ist eine klare Wertungsentscheidung des Gesetzgebers – und sie bleibt nach dem Urteil bestehen.

Drei typische Null-Euro-Konstellationen, die 2026 wieder auftauchen

Erstens trifft es Paare, in denen eine Person einen Grundrentenzuschlag erhält, das gemeinsame Einkommen aber über die oberen Grenzen rutscht. In solchen Fällen „frisst“ die Anrechnung den Zuschlag auf, obwohl die individuelle Versicherungsbiografie den Zuschlag eigentlich auslösen würde.

Zweitens treffen die Rückschau-Daten Menschen, die 2023 steuerlich auffällige Einnahmen hatten, etwa durch Kapitalerträge oder Sondereffekte. Wer heute deutlich weniger hat, kann 2026 trotzdem mit einer Kürzung konfrontiert sein, weil die Rentenversicherung nicht das aktuelle, sondern das vorletzte Jahr zugrunde legt.

Drittens spielen fehlende oder unvollständige Steuerdaten eine Rolle. Wenn dem Finanzamt keine Angaben vorliegen, wird auf andere Datenquellen zurückgegriffen; das kann dazu führen, dass Betroffene erst verspätet oder mit einer für sie überraschenden Berechnungsgrundlage in die jährliche Prüfung laufen.

Was Betroffene jetzt konkret prüfen sollten

Wer einen neuen Bescheid bekommt, sollte nicht beim Zahlbetrag stehen bleiben, sondern die Berechnung nachvollziehen: Welches Jahr wurde für die Einkommensprüfung herangezogen – 2023 oder ersatzweise 2022? Wurde bei Ehepaaren korrekt das gemeinsame Einkommen angesetzt?

Und in welcher Zone liegt das maßgebliche Einkommen: unterhalb der Freigrenze, in der 60%-Zone oder oberhalb der oberen Grenze, wo der Zuschlag besonders schnell auf Null gedrückt werden kann?

Wichtig ist auch der Blick auf die Art der Einkünfte. Die Rentenversicherung unterscheidet, welche Einkommen angerechnet werden und welche nicht. Minijobs mit pauschaler Besteuerung oder bestimmte steuerfreie Einnahmen sind in dieser Logik anders behandelt als steuerlich erfasste Einkünfte.

Wer hier Unstimmigkeiten vermutet, braucht für eine Korrektur belastbare Grundlagen – am Ende hängt die Rechnung an den steuerlichen Meldedaten und deren Zuordnung.

Fazit: Der Grundrentenzuschlag ist kein „Bonus“, sondern eine strenge Bedarfslogik mit Nebenwirkungen

Die Grundrente war als Anerkennung langer Arbeit gedacht. In der praktischen Konstruktion ist sie jedoch eine steuerfinanzierte Ausgleichsleistung, die bewusst an eine Einkommensprüfung gekoppelt wurde. Diese Kopplung ist rechtlich abgesichert, aber sozialpolitisch konfliktträchtig: Sie produziert Null-Euro-Bescheide, die sich für Betroffene wie ein Versprechen anfühlen, das im letzten Schritt wieder entzogen wird.

Für 2026 heißt das: Der Zuschlag kann steigen, gleich bleiben, sinken oder ganz verschwinden – nicht wegen der eigenen Rentenbiografie allein, sondern wegen der steuerlichen Einkommensdaten des Haushalts aus 2023. Wer diese Logik kennt, ist dem Bescheid nicht ausgeliefert. Wer sie nicht kennt, erlebt häufig genau das, was die Debatte gerade antreibt: „bewilligt – und trotzdem 0 Euro“.

FAQ: Grundrente 2026 – bewilligt, aber 0 Euro

Warum steht der Grundrentenzuschlag im Bescheid, wird aber mit 0 Euro ausgezahlt?
Weil der Zuschlag erst berechnet und danach über die Einkommensanrechnung wieder gekürzt wird. Liegt das maßgebliche Einkommen hoch genug, kann der Zuschlag vollständig „aufgefressen“ werden.

Welches Einkommen zählt für die Prüfung 2026?
Für Januar 2026 wird in der Regel das Einkommen aus 2023 herangezogen, ersatzweise 2022, wenn 2023 noch nicht vorliegt.

Zählt das aktuelle Einkommen 2025/2026?
Für die Neuberechnung zum 1. Januar 2026 normalerweise nicht, weil auf das vorletzte Steuerjahr abgestellt wird. Änderungen wirken daher oft zeitversetzt.

Warum wird bei Ehepaaren das Einkommen des Partners mitgerechnet?
Bei Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft wird das Einkommen gemeinsam betrachtet. Das kann den Zuschlag auch dann auf 0 drücken, wenn die betroffene Person allein betrachtet anspruchsberechtigt wäre.

Ist das rechtlich überhaupt zulässig?
Ja. Das Bundessozialgericht hat Ende 2025 entschieden, dass die Anrechnung des Ehegatteneinkommens beim Grundrentenzuschlag verfassungsgemäß ist.

Gilt die Partner-Anrechnung auch bei unverheirateten Paaren?
Nicht in derselben Systematik wie bei Ehe/Lebenspartnerschaft. Das ist ein zentraler Unterschied, der in der Praxis zu stark unterschiedlichen Ergebnissen führt.

Welche Grenzen gelten ab 01.01.2026 – ab wann wird gekürzt?
Es gibt Freigrenzen und danach Zonen mit 60-%- und 100-%-Anrechnung. Entscheidend ist: Angerechnet wird jeweils nur der Teil oberhalb der Grenze, dennoch kann der Zuschlag schnell komplett verschwinden.

Kann eine einmalige Einnahme in 2023 den Zuschlag 2026 zerstören?
Ja. Wenn dadurch das maßgebliche Einkommen im Datenjahr 2023 deutlich höher war, kann das 2026 zu einer (Teil-)Kürzung bis zu 0 Euro führen, auch wenn die Lage heute anders ist.

Was ist, wenn ich gar keine Steuererklärung abgegeben habe?
Dann können die maßgeblichen Daten fehlen oder ungünstig ausfallen. Wer einen Null-Euro-Bescheid bekommt, sollte prüfen, welche Daten angesetzt wurden und ob eine steuerliche Klärung nötig ist.

Kann ich gegen einen Null-Euro-Zuschlag Widerspruch einlegen?
Wenn die Datengrundlage oder Anwendung fehlerhaft ist, ja. Wenn die Werte korrekt sind, ist ein Widerspruch meist nur dann sinnvoll, wenn nachweisbar falsche Daten zugrunde lagen.

Worauf sollte ich im Bescheid konkret achten?
Auf das verwendete Datenjahr (2023/2022), den angesetzten Einkommenswert, die Berücksichtigung eines Ehe-/Partnerstatus und ob der Zuschlag erst ausgewiesen und dann durch Anrechnung reduziert wurde.

Ist „Grundrente“ dasselbe wie Grundsicherung im Alter?
Nein. Der Grundrentenzuschlag gehört zum Rentenrecht. Grundsicherung im Alter ist eine Sozialhilfeleistung beim Sozialamt mit eigener Bedürftigkeitsprüfung.

Quellenübersicht 

  • Deutsche Rentenversicherung: „Jährliche Neuberechnung des Grundrentenzuschlags“ (25.11.2025).
  • Deutsche Rentenversicherung: FAQ „Fragen und Antworten zum Grundrentenzuschlag“ (Einkommensprüfung, Grenzen ab Januar 2026, Datenjahr 2023/2022, Jahreswert/12).
  • Deutsche Rentenversicherung Bayern Süd: „Zahlen und Tabellen 1.1.–30.6.2026“ (Freibeträge/Anrechnungszonen 2026).
  • Bundessozialgericht: Pressemitteilung Nr. 27/2025 vom 27.11.2025 (B 5 R 9/24 R) zur Ehegatteneinkommensanrechnung.
  • Deutsche Rentenversicherung: „Rentenanpassung 2025“ (aktueller Rentenwert 40,79 € ab 1.7.2025).