Rente bei Schwerbehinderung: Neue Voraussetzungen müssen erfüllt sein

Lesedauer 3 Minuten

Viele Betroffene gehen davon aus, dass ein anerkannter Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 allein reicht, um früher in Rente gehen zu können. Doch das ist ein weitverbreiteter Irrtum.

Die Altersrente für schwerbehinderte Menschen unterliegt strengen Voraussetzungen, die deutlich über den GdB hinausgehen. Wer nicht rechtzeitig plant oder bestimmte Zeiten nicht erfüllt, läuft Gefahr, leer auszugehen oder hohe Rentenabschläge in Kauf nehmen zu müssen.

Drei Voraussetzungen müssen erfüllt sein

Um Anspruch auf die Altersrente für schwerbehinderte Menschen zu haben, müssen drei Hauptkriterien gleichzeitig erfüllt sein:

Voraussetzung Mindestanforderung
Grad der Behinderung (GdB) Mindestens 50, zum Rentenbeginn gültig anerkannt
Versicherungszeit (Wartezeit) Mindestens 35 Jahre rentenrechtliche Zeiten
Alter Je nach Geburtsjahr früher Rentenbeginn ab 62 mit Abschlägen oder abschlagsfrei ab 63 bis 65

Diese drei Bedingungen greifen nur gemeinsam. Wer beispielsweise zwar den GdB von 50 hat, aber keine 35 Jahre an rentenrechtlichen Zeiten vorweisen kann, geht leer aus – auch wenn eine Erwerbsminderung vorliegt.

Was zählt zur 35-jährigen Wartezeit?

Die Wartezeit ist für viele der größte Stolperstein. Es handelt sich nicht nur um Beitragszeiten aus Berufstätigkeit, sondern um eine Kombination aus verschiedenen rentenrechtlich relevanten Zeiten.

Anrechenbare Zeiten Erläuterung
Beitragszeiten Pflichtbeiträge aus Beruf, Selbständigkeit, Minijobs (wenn rentenversicherungspflichtig)
Anrechnungszeiten Zeiten der Ausbildung, Arbeitslosigkeit (ALG I), Krankheit
Berücksichtigungszeiten Kindererziehungszeiten, Pflege von Angehörigen
Ersatzzeiten Zeiten politischer Verfolgung, Kriegsdienst, Flucht etc.

Wichtig: Die Zeiten dürfen sich nicht doppeln. Ein Monat zählt nur einmal, selbst wenn mehrere Tatbestände gleichzeitig zutreffen.

Besonderheiten bei Schwerbehinderung

Die Rente für schwerbehinderte Menschen bietet Vorteile, aber auch klare Regeln. Ein GdB allein reicht nicht aus.

Besonderheit Auswirkung
GdB muss vor Rentenbeginn vorliegen Eine nachträgliche Feststellung reicht nicht aus
Abschlagsfreier Rentenbeginn Je nach Geburtsjahr früher möglich, z. B. ab 63 (für Jahrgänge bis 1963)
Rentenabschläge bei früherem Beginn 0,3 % pro Monat vor der Altersgrenze (max. 10,8 %)
Kein Anspruch ohne Wartezeit Auch mit GdB 100 kein Anspruch, wenn keine 35 Jahre zusammenkommen

Vergleich zur Regelaltersrente

Um die Unterschiede deutlich zu machen, lohnt sich ein Vergleich mit der normalen Altersrente.

Kriterium Altersrente für Schwerbehinderte
Altersgrenze für abschlagsfreie Rente 63 bis 65 Jahre (je nach Geburtsjahr)
Altersgrenze Regelaltersrente Stufenweise auf 67 Jahre angehoben
Wartezeit 35 Jahre
Wartezeit Regelaltersrente Nur 5 Jahre
GdB erforderlich? Ja, mindestens 50
GdB bei Regelrente Nein

Wie werden Ausbildungs- oder Pflegezeiten angerechnet?

Viele fragen sich, ob etwa Schulzeiten, Studium oder Pflege eines Angehörigen mit zählen. Die Antwort: Ja, aber nicht unbegrenzt und nicht automatisch.

Zeitart Anrechnung auf Wartezeit
Schulzeit nach dem 17. Lebensjahr Ja, maximal bis zu 8 Jahre (mit Studium)
Studium Ja, im Rahmen der Anrechnungszeitbegrenzung
Kindererziehung Ja, bis zu 3 Jahre pro Kind als Berücksichtigungszeit
Pflege von Angehörigen Ja, wenn mindestens 10 Stunden/Woche und keine Erwerbstätigkeit
Arbeitslosigkeit (ALG I) Ja, als Anrechnungszeit
Arbeitslosigkeit (Bürgergeld) Eingeschränkt, zählt nur unter bestimmten Voraussetzungen

Möglichkeiten für eine abschlagsfreie Frührente bei Schwerbehinderung

Die Altersgrenze für den abschlagsfreien Rentenbeginn ist abhängig vom Geburtsjahrgang und wird schrittweise angehoben. Diese Staffelung gilt nur für Personen mit anerkannter Schwerbehinderung und erfüllter Wartezeit von 35 Jahren.

Geburtsjahr Abschlagsfreier Rentenbeginn
bis 1951 mit 63 Jahren
1952 mit 63 Jahren und 1 Monat
1953 mit 63 Jahren und 2 Monaten
1954 mit 63 Jahren und 4 Monaten
1955 mit 63 Jahren und 6 Monaten
1956 mit 63 Jahren und 8 Monaten
1957 mit 63 Jahren und 10 Monaten
1958 mit 64 Jahren
1959 mit 64 Jahren und 2 Monaten
1960 mit 64 Jahren und 4 Monaten
1961 mit 64 Jahren und 6 Monaten
1962 mit 64 Jahren und 8 Monaten
ab 1964 mit 65 Jahren

Je früher der Rentenbeginn, desto höher die Abschläge – maximal jedoch 10,8 % bei einem Vorziehen um 36 Monate.

Vertrauensschutz endet 2026 – was bedeutet das?

Bislang galt für viele schwerbehinderte Menschen ein sogenannter Vertrauensschutz: Wer vor dem 17. November 1950 geboren wurde, konnte weiterhin die Rente für schwerbehinderte Menschen unter den alten Bedingungen beanspruchen – zum Beispiel mit einem früheren Rentenbeginn ohne Abschläge.

Doch dieser Vertrauensschutz läuft zum 31. Dezember 2026 endgültig aus. Ab dem 1. Januar 2027 gelten für alle Neurentner die gestaffelten Altersgrenzen, wie sie im Zuge der Rentenreform eingeführt wurden. Das bedeutet konkret: Auch wer bislang auf eine abschlagsfreie Rente mit 63 gehofft hat, muss sich künftig auf höhere Altersgrenzen einstellen.

Wer vom Vertrauensschutz profitieren will, muss bis Ende 2026 seinen Rentenantrag gestellt und alle Voraussetzungen erfüllt haben. Danach gelten die neuen, strengeren Regelungen ausnahmslos für alle – unabhängig vom Geburtsjahr oder bisherigen Erwartungen.

Nur wer vorausschauend plant, sichert sich die Vorteile

Die Altersrente für schwerbehinderte Menschen ist eine wichtige sozialrechtliche Leistung, aber sie kommt nicht automatisch. Entscheidend sind frühzeitige Planung, ein genauer Blick auf das Rentenkonto und eine realistische Einschätzung der eigenen Versicherungszeiten.

Besonders der rechtzeitige Antrag auf Anerkennung der Schwerbehinderung ist essenziell. Wer die Hürden kennt, kann sich Vorteile sichern – wer sie unterschätzt, wird ausgebremst.

Wer unsicher ist, sollte eine Kontenklärung bei der Deutschen Rentenversicherung beantragen und gegebenenfalls unabhängige Beratung in Anspruch nehmen.